Italienische Verführung
rede und rede ich, und Sie schlafen fast schon im Stehen! Das ist alles, Signor Silvani. Ich muss dafür sorgen, dass Ihre Ladyschaft sich ausruht.“
Mit schlechtem Gewissen ließ Diana zu, dass Miss Wood sie zu der Bettcouch in ihrem Schlafzimmer brachte, ihr selbst die Schuhe auszog und sie mit einer leichten Decke zudeckte. Seitdem ihre Schwester geheiratet und sie sie mit ihrem neuen Gatten in Paris zurückgelassen hatten, war Miss Wood immer besonders nett zu Diana gewesen. Jetzt hasste Diana sich dafür, dass sie diese Freundlichkeit mit Unehrlichkeit belohnte. Wenn es doch nur eine Möglichkeit gäbe, ihrer Gouvernante die Wahrheit über Will Carney und seinen abscheulichen Brief zu sagen und über ihre verwirrten Gefühle Edward und Anthony gegenüber – ach, wenn sie ihr doch einfach alles sagen könnte.
Aber das konnte sie natürlich nicht.
„Sie sorgen immer für uns, Miss Wood“, meinte sie sanft, während ihre Gouvernante die Decke um sie herum feststeckte. „Jetzt werden Sie sich doch auch ein wenig ausruhen, nicht wahr?“
Miss Wood lächelte. Ihr wurden schon die Augen schwer. „Ich glaube nicht, dass Sie mich davon abhalten könnten, Mylady. Schlafen Sie jetzt, und wenn wir beide wieder wach sind, werden wir entscheiden, was wir als Nächstes tun.“
Gehorsam schloss Diana die Augen, bis sie hörte, wie Miss Wood die Verbindungstür zwischen ihren Zimmern schloss. Dann öffnete sie die Augen wieder und starrte auf die bemalte Decke hoch über ihrem Bett, von der aus Engel und Cherubim durch bemalte Gipswolken fröhlich auf sie hinunterlugten. Sie lauschte dem letzten Knarren der Bodenbretter, als Miss Wood ihr schmales Bett erreicht hatte, dem Scharren, als sie die Schuhe auszog und sie zu Boden fallen ließ. Sie hörte die Bettfedern ächzen, als sie sich hinlegte, und den glücklichen kleinen Seufzer, den sie immer ausstieß, wenn sie den Kopf aufs Kissen sinken ließ. Und endlich vernahm sie, worauf sie gewartet hatte: das leise, pfeifende Schnarchen. Miss Wood schlief.
Vorsichtig, um so wenig Lärm wie möglich zu machen, rutschte Diana von ihrer Liege. Sie nahm Hut, Sonnenschirm und Handschuhe, steckte einige Münzen in die Tasche und ging, die Schuhe in der Hand, auf Zehenspitzen aus dem Zimmer, um sich draußen im Flur fertig anzukleiden.
„Mylady!“ Beim Klang von Dianas vorsichtigen Schritten tauchte Silvani aus seiner Wohnung am Fuß der Treppe auf. „Was kann ich für Sie tun? Es gibt doch wohl keinen Ärger, oder?“
„Ganz und gar nicht, signore“, sagte sie. „Bitte, ich möchte gerne unsere Kutsche benutzen.“
„Die Kutsche, Mylady?“ Auffällig blickte er an ihr vorbei und tat, als würde er nach Miss Wood Ausschau halten. „Wird die signorina Sie begleiten?“
„Nein, das wird sie nicht.“ Sie hob das Kinn, um so hoheitsvoll wie möglich auszusehen, dann zog sie den Schleier ihres Hutes über das Gesicht. „Sagen Sie dem Fahrer, ich bin bereit.“
„Ja, Mylady.“ Immer noch zögerte er. „Darf ich dem Mann das Ziel Ihrer Ladyschaft nennen?“
„Ich werde es ihm selbst sagen.“ Sie blieb vor der Tür stehen und wartete, dass er sie ihr öffnete. Ein Kopfschütteln war alles, was er als Kommentar wagte, bevor er ihr die Tür aufhielt und dann Diana zu der Mietdroschke begleitete, die ihr und Miss Wood täglich zur Verfügung stand.
„ L’uomo che state andando venire a contatto di e un bas tardo fortunato“, sagte er lächelnd, als er ihr in die Kutsche half. „Einen schönen Tag, Mylady.“
„Einen schönen Tag.“ Sie erwiderte sein Lächeln nicht, sondern sah geradeaus und ignorierte seine respektlose Bemerkung. Er hatte geglaubt, sie verstünde seine Worte nicht. Doch sie hatte sehr wohl verstanden: Was für ein glücklicher Bastard ist der Mann, mit dem du ein Rendezvous hast.
Wie schade, dass er sich irrte!
Sie wartete, bis sich die Kutsche vom Haus entfernt hatte und somit außer Hörweite Silvanis war, ehe sie dem Kutscher das Ziel nannte. „Die Fontana Trevi“, sagte sie. „Sie kennen den Weg?“
Der Mann nickte – das war immer seine einzige Antwort auf ihre Fragen – und überließ Diana ihren trüben Gedanken, während sie durch die Stadt fuhren.
„Verdammt, Onkel, sie fährt aus!“, rief Edward vom Fenster aus. „Sie fährt allein aus!“
Sein Onkel blickte nicht von der Tonscherbe auf, die er gerade untersuchte. „Wer fährt aus?“
„Lady Diana natürlich.“ Überzeugt, dass sie ihn jetzt, wo ihre Kutsche
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