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Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)

Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)

Titel: Ivy - Steinerne Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Beth Durst
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die Männer den leblosen Körper hoch und trugen ihn in den Schankraum. Dort legten sie ihn auf einen großen schwarzen Müllsack.
    Lily blickte wie gebannt auf den Brustkorb des Einhorns, wartete darauf, dass er sich wieder hob. Doch nichts geschah.
    Die Männer verschlossen den Müllsack und hievten ihn auf den Stapel. Lilys Knie gaben nach. All diese Säcke …
    Mr Mayfair streifte sich die Latexhandschuhe ab, kam zu ihr herüber und sagte mit seiner kultivierten Stimme: »Du siehst blass aus. Möchtest du dich vielleicht einen Augenblick hinsetzen?«
    Jake dabei zuzusehen, wie er den Troll getötet hatte, der sie angreifen wollte, war eine Sache. Aber das hier … Sie konnte nicht aufhören, an das Einhorn bei der Sitzung des Rates zu denken, wie es im Sonnenlicht geleuchtet hatte. Mit aller Kraft zwang sie sich, das Bild ihres Großvaters heraufzubeschwören, der wehrlos auf der Wiese lag, über sich das Einhorn, bereit, ihn aufzuspießen. »Ich war auf der Suche nach meiner Mutter. Und meinem Grandpa.« Ihre Stimme klang ganz dünn.
    »Das hier ist kein besonders schöner Anblick, ich weiß«, sagte Mr Mayfair. »Aber du musst immer daran denken, dass es Monster sind, egal, was in Kinderbüchern behauptet wird. Man kann ihnen nicht gestatten, weiterhin Jagd auf Menschen zu machen. Zumindest hat auf diese Weise ihr Tod noch einen Sinn.«
    Wieder wanderten Lilys Augen hinüber zu dem Stapel Mülltüten.
    »Magie ist die einzige Waffe, die wir gegen sie haben«, fuhr er fort. »Sie verstärkt unsere natürlichen Fähigkeiten und versetzt uns so in die Lage, im Kampf gegen übernatürliche Wesen bestehen zu können. Der Tod dieser Monster, ihre Magie, hilft uns, dafür zu sorgen, dass die Menschen sicherer leben können.«
    Die Fläschchen, dachte Lily. Darin war kein Schnäpschen zum Anstoßen gewesen. Die Ritter hatten Magie getrunken. Sie wettete, Tye wusste von alldem nichts. Was er wohl dazu sagen würde?
    »Wir müssen es tun«, sagte Mr Mayfair. »Wir befinden uns im Krieg, und derzeit sieht es nicht so aus, als würden wir gewinnen.« Zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, klang er beunruhigt.
    »Oh?«, sagte sie nur. Sie wusste, diese Erwiderung war unzureichend, aber in ihrem Kopf drehte sich alles. Sie hatte um all das nicht gebeten. Niemals. Sie wollte nichts wissen von Feedern und Krieg und …
    »Bis heute waren Feeder immer Einzelgänger. Wir konnten sie jagen und fangen, einen nach dem anderen. Doch jetzt haben sie sich zum ersten Mal seit Generationen vereinigt und einem gemeinsamen Führer angeschlossen. Die Gejagten sind zu Jägern geworden. Aber das ist mein Problem, nicht deins.« Seine Augen waren voller Mitgefühl. »Ich weiß, das alles muss für dich ein entsetzlicher Schock sein.«
    Sie nickte und dachte: Das ist die größte Untertreibung aller Zeiten.
    »Ich fürchte, ich habe Neuigkeiten für dich, die dir nicht gefallen werden«, kündigte Mr Mayfair an.
    Lilys Herz setzte aus. »Mom?«, brachte sie nur heraus und sah sich im Schankraum um. Dieser Anblick musste ihre Mutter in unvorstellbarer Weise traumatisiert haben.
    Er schüttelte den Kopf. »Deiner Mutter geht es gut. Sie ist oben.«
    Lily stöhnte erleichtert auf.
    »Es ist dein Großvater«, fuhr Mr Mayfair fort. »Er wurde ziemlich schwer verletzt.«
    »Wo ist er? Wird er wieder gesund? Was ist mit ihm?« In ihrem Kopf bildete sich eine Schleife, die pausenlos wiederholte: Oh nein, oh nein, oh nein.
    »Komm mit«, sagte Mr Mayfair.
    Er führte sie die Stufen hinauf in die Haupthalle und dann weiter, die große Treppe nach oben, vorbei an zahllosen Ölgemälden und Bleiglasfenstern. Ihr Herz hämmerte wie wild. Bitte, lass es ihm gut gehen. Bitte, lass es ihm gut gehen.
    Am Ende des Flurs öffnete Mr Mayfair eine einfache weiße Tür. Lily stürmte hinein. Im rechten Arm eine Infusionsnadel, auf dem Gesicht eine Sauerstoffmaske, lag Grandpa in einem Krankenbett. Sein linker Arm war bandagiert, die Augen geschlossen.
    Neben ihm saß Mom. Sie wandte sich um, als Lily den Raum betrat. Ihre Augen waren furchtbar rot und verquollen. Beinah sah es aus, als hätte sie jemand ins Gesicht geschlagen. »Oh, Lily.« Sie streckte beide Hände aus.
    Lily rannte zu ihr.
    Rose schlang die Arme um sie und presste den Kopf gegen den Bauch ihrer Tochter. Lily streichelte über das orangefarbene Haar.
    Von hinten sagte Mr Mayfair: »Er ist letzte Nacht ins Koma gefallen.«
    Das ist alles meine Schuld, dachte Lily. Wenn sie ihre Deckung nicht

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