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Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)

Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)

Titel: Ivy - Steinerne Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Beth Durst
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verlassen hätte … Bebend holte sie Luft. Sie musste sich jetzt zusammenreißen. Wieder und wieder strich sie ihrer Mutter übers Haar, während sie unverwandt ihren Großvater anstarrte.
    Er wirkte ganz dünn und zerbrechlich. So hatte sie ihn noch niemals zuvor gesehen. »Was ist los mit ihm?«, fragte sie nach einer ganzen Weile. »Wann wird er wieder aufwachen?«
    Mr Mayfair zögerte. »Rose, bleibst du bitte bei ihm und sagst Bescheid, wenn sich irgendetwas verändert? Ich muss ein paar Worte mit Lily reden.«
    Mom ließ Lily los und legte ihren Kopf auf den Rand des Krankenbettes, verschränkte ihre Finger mit denen von Grandpa. Sie sagte kein Wort.
    »Ich bin gleich wieder da«, versicherte Lily.
    Dann folgte sie Mr Mayfair hinaus. Er führte sie in ein Arbeitszimmer, das von oben bis unten mit Antiquitäten vollgestopft war. Kostbare orientalische Teppiche bedeckten den Fußboden aus teurem Hartholz, ein riesiger Kamin mit geschnitzter Umrandung nahm eine ganze Wand ein. Entlang der anderen Wände reihte sich Bücherregal an Bücherregal, darin dicke, alte Lederbände mit Goldprägung. Mr Mayfair deutete auf einen Ledersessel, der neben einer Tiffanylampe mit Libellendesign stand. Er selbst verschränkte die Hände hinter dem Rücken, trat neben ein Fenster und sah auf die Straße hinunter.
    Doch Lily blieb stehen. »Ich muss die Wahrheit wissen. Wird er wieder gesund werden?«
    »Die Wahrheit ist, dass ich es nicht weiß. Er könnte in fünf Minuten aufwachen oder in fünf Jahren.« Mr Mayfair presste seine Hände so fest zusammen, dass die Knöchel weiß hervortraten. Sie waren jetzt fast so hell wie sein teures Hemd. »Wir müssen uns auf die Möglichkeit einstellen, dass er niemals wieder aufwacht.«
    Lily war, als stürzten die Wände des Zimmers auf sie hernieder. Kraftlos sank sie in den Sessel. »Niemals«, wiederholte sie. »Aber … so viel Zeit ist doch gar nicht vergangen. Sie können doch noch gar nicht alles versucht haben. Man sollte ihn in ein Krankenhaus bringen. Es gibt doch Ärzte! Spezialisten!«
    »Wir verfügen hier vor Ort über die modernste Ausstattung«, erwiderte Mr Mayfair. »Wenn wir jedoch innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden keine entscheidende Verbesserung feststellen, dann ja. Dann werden wir ihn in ein Krankenhaus bringen, dass auf Kampfwunden spezialisiert ist.«
    Lily konnte nicht klar denken. Ihr Gehirn fühlte sich an wie eine dumpfe, leblose Masse. Sie holte ein paarmal tief Luft. Sie musste sich um jeden Preis zusammenreißen. Mom und Grandpa brauchten sie heil und im Ganzen.
    »Es gibt da allerdings ein Problem.« Mr Mayfair wandte sich vom Fenster ab. Seine Augen bohrten sich in ihre. Sie waren von demselben strahlenden Blau wie Jakes. »Deine Mutter kann nicht in ein Krankenhaus gehen. Du kennst ihre psychischen Probleme. Sie könnte im Handumdrehen von einer Besucherin zur Patientin werden, und das wäre eine Katastrophe. Wenn ein Arzt sie untersuchen würde … «
    »Mom ist vorher schon bei Ärzten gewesen«, wandte Lily ein. Sie hatte sie bei zahlreichen Besuchen begleitet.
    »Unseren Ärzten«, erklärte Mr Mayfair. »Rittern von Princeton.«
    Das war Lily nie aufgefallen. Sie versuchte, sich die Approbationsurkunden ins Gedächtnis zu rufen. Geachtet hatte sie nicht darauf. Also war es gut möglich. Grandpa hatte immer die Ärzte ausgesucht und die Termine gemacht. Eine Sekunde lang dachte sie daran, wie viele Leute eingeweiht gewesen waren und was sie alles vor ihr und Mom geheim gehalten hatten. Aber sie schob ihren Ärger beiseite. Dafür war später noch Zeit. »Dann ist sie also innen anders?«
    »Sehr anders«, bestätigte Mr Mayfair ernst.
    Lily versuchte, diese Information zu verarbeiten, schob es dann aber ebenfalls für später beiseite. »Kann sie hierbleiben?«, fragte sie. Sie hasste die Vorstellung, ihre Mutter an einem Ort zurückzulassen, der ihr nicht vertraut war. Aber Mom durfte auf keinen Fall allein bleiben.
    »Es gibt noch eine andere Möglichkeit«, sagte Mr Mayfair. »Du könntest sie nach Hause schicken.«
    »Nach Hause?«, wiederholte Lily. Sie war sich ziemlich sicher, dass er damit nicht Philadelphia meinte, ihr gemütliches, lichtdurchflutetes Nest im Dachgeschoss mit seinen Blumen und Kissen und Töpferwaren. Er meinte das andere Princeton.
    »Es ist das, was dein Großvater wollte«, fuhr Mr Mayfair fort. »Es ist der eigentliche Grund, warum du an diesem Wochenende hier bist. Dein Großvater war überzeugt, dass die

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