Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen
auf.
Wir atmen ein paarmal tief durch und leeren eine Flasche Wein. Auf die letzten Tage zu zweit!
Nach ein paar Gläsern haben wir keine Lust mehr zu reden. Wir verziehen uns ins Schlafzimmer und spielen Urlaub auf Jamaica.
OIDE LIEB ROSD NED, OBA DIE LIABE OIDE SCHO
(hochdeutsch: Alte Liebe rostet nicht … und Schatz, du siehst toll aus)
In unserem Kühlschrank stehen neuerdings kleine Einmachgläser mit einer rötlichen, gallertartigen Masse. Ich tippe auf Gelee, weil sie neben Reginas selbst gemachten Marmeladen stehen, aber Roni will mir die Sorte nicht verraten. Klar, als Studentin der Brau-und Lebensmitteltechnologie hat sie bestimmt eine vergessene bayerische Spezialität zusammengekocht. Aber Geheimnisse in meiner Küche? So weit kommt es noch! Schließlich hole ich eines der Gläser demonstrativ aus dem Kühlschrank und knalle es auf den Tisch.
«Zehn Euro, dass ich schmecken kann, was drin ist.»
Roni grinst, hält mir die Hand hin. Ohne zu zögern, bestreiche ich eine Scheibe dick mit Geheimaufstrich. Die Konsistenz ist sämig, wie Schmelzkäse. Ich trinke einen Schluck Kaffee, um meine Geschmacksnerven reinzuwaschen. Dann beiße ich hinein.
Schmeckt unerwartet ölig-ätherisch, nicht schlecht, eher nach Kräutern als nach Beeren. Da ist etwas drin, das kenne ich – «Salbei?»
Roni grinst und nickt. «Salbeiöl.»
Bin halt Profi. Ich schmecke weiter. «Bienenhonig!»
«Fast. Bienenwachs.»
«Bienenwachs? Wieso denn das?»
«Um den Balsam dicker zu machen. So lässt er sich besser auftragen.»
Ich kämpfe gegen einen plötzlich einsetzenden Würgereflex. Nachdem ich das Gekaute und den Brotrest dem Mülleimer überantwortet und Roni zehn Euro gegeben habe, erklärt sie mir, Bären-Balsam sei der große Bruder des Tiger Balms. Roni bereitet ihn nach einem alten Hausrezept aus dem Internet selbst zu – gut gegen Kopfschmerzen, Ischias und besserwisserische Lebenspartner.
In puncto Kosmetik lerne ich eh täglich dazu. Im Kühlschrank steht neuerdings Nagellack, der im Gegensatz zum Obst dort ein Anrecht auf einen Stammplatz zu haben scheint. Neben den Badezimmerspiegel hat Roni Fotos ungeschminkter Filmstars geklebt: Julia Roberts, Cameron Diaz, Scarlett Johannson hängen dort rum und sehen schlecht aus. Roni meint, so fühle sie sich morgens einfach besser. Die Ablage unter dem Spiegel ist ausschließlich mit ihren Tiegeln und Tuben bestückt.
Damit es nicht so aussieht, als würde ich gar keinen Wert auf Äußerlichkeiten legen, decke ich mich nun mit Herrenkosmetik ein und reklamiere meine Hälfte der Ablage.
Als die Vermieterin klingelt, habe ich gerade eine Gurkenmaske auf dem Gesicht. Walli will uns daran erinnern, dass wir morgen zum Essen eingeladen sind.
«Des af deim Gsicht is oba ned da Salad, den die Roni mitbringa wui?»
«Nein, nein, ich mache das hier auch nur zu Recherche-Zwecken. Bin ja Journalist. Muss immer recherchieren», plappere ich und drücke ihr ein Glas von Ronis Bärengelee als Abschiedsgeschenk in die Hand.
Am nächsten Tag sitzen wir zum ersten Mal seit Vertragsunterschrift bei Walli und Arnie zum Abendessen. Walli holt einen Rehrücken aus dem Ofen. Wir stoßen mit Sekt auf «guade Nochbaschoft» an. Walli nippt, Arni verkündet: «Schwammas obe» und leert das Glas in einem Zug. Walli schaut ihn tadelnd an. Dann wendet sie sich mit demselben vorwurfsvollen Blick an uns. «Ia glaubts ned, wos mia scho fia Leit im Häusl ghobt hom», jammert sie. «Die oan hoam soga Logisleit ghabt.»
Ich verstehe nicht.
«Na Logisleit – Un-ta-mie-ta.»
Roni wirft mir einen bedeutungsvollen Blick zu. Ich leere mein Glas ebenfalls in einem Zug.
«Oba da hob i die Bolizei gholt und die ganze Bande ozoagt. Weng Hausfriedensstörung.»
«Hausfriedensbruch.»
«I wead scho wissen, wia des hoasst. I hoab Jura studiat.»
Arnie verdreht die Augen. «Schmarrn», sagt er.
Nach diesem Einstieg mag das Wild nicht mehr so recht schmecken. Themenwechsel.
«Wie habt ihr beide euch eigentlich kennengelernt?», frage ich.
«Naa, des vazäihst ned», befiehlt Walli. Aber davon lässt Arnie sich nicht aufhalten.
«I hob s’ gschossn.»
«Du hast sie angeschossen?», fragt Roni. «Das ist ja süß. Und dann hast du sie gesund gepflegt und dich in sie verliebt.»
«Naa, i hob s’ beim Schiaßn gwunna.»
Arnie erklärt uns den Brauch des Hochzeitsschießens: In vielen kleinen bayerischen Orten lobt der Bräutigam, der wie alle Männer Mitglied im Schützenverein ist, zur
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