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Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen

Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen

Titel: Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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Cousin Benni grinsend. Anscheinend ist er gerade in den Verein eingetreten.
    «Gibt es in Bayern wirklich Fleischpflanzen?», will seine Schwester Jenny wissen.
    Roni nickt. «Die sind doppelt so groß wie du.»
    «Dann will ich euch mal besuchen kommen», murmelt die Kleine, knickt ein halbes Mettbrötchen in der Mitte und schiebt es sich zwischen die Pausbacken.
    «Und – wie war die Fahrt?», fragt Oma.
    «Wahrscheinlich ziemlich lang, wenn Butzi am Steuer saß», antwortet Cousin Mike für mich.
    Gelächter.
    Hier unten bin ich noch immer der verträumte Junge, dem der Fahrlehrer in der ersten Stunde nicht erlaubt hat, die Pedale zu benutzen, weil Cousin Mike gleich mehrfach erwähnen musste, der Butzi sei «mit den Gedanken immer woanders».
    «Ach, hört doch auf!» Meine Oma nimmt mich in Schutz. «Der Butzi fährt halt ein bisschen vorsichtig.»
    «Weißt du noch, als Herr Scholler ihn mal mit dem Fahrrad überholt hat?», fragt Cousine Manuela.
    «Oder als Bauer Heinrich ihn mit dem Trecker aus dem Karpfenteich ziehen musste, weil er beim Fahren mit Sandra Schademann …?»
    «Oja, der alte Golf», erinnert sich Onkel Fritz und fragt vieldeutig grinsend in die Runde: «Wie hieß der noch gleich?»
    Einstimmig kommt es zurück: «Tiefenwalder Jungfrauenfalle!»
    Ich spüre, dass ich rot werde. Von nun an jagt eine Pannen-Story die nächste. Roni erfährt, dass ich als Teenager mal betrunken bei meiner Oma eingebrochen bin und mich im Wohnzimmer auf das Sofa gelegt habe, um mich vor dem großen Anpfiff zu Hause noch ein bisschen auszuruhen. Morgens kam meine Oma ohne Brille ins Wohnzimmer, sah einen Mann auf ihrem Sofa liegen, den sie nicht kannte, und zog ihm, also mir, sicherheitshalber mit der Stracke, die zum Frühstück auf dem Tisch lag, eins über.
    «Ein Glück hatte ich mir die schon halb aufgegessen, sonst hättest du heute noch einen Brummschädel», lacht sie. «Ja, unser Butzi war schon immer ein bisschen tollpatschig.»
    Wie auf ein geheimes Zeichen nickt meine versammelte Verwandtschaft absolut synchron. Auch Roni. Na toll! Die hat sich ja prima eingelebt.
    Großtante Bettina erzählt von einem frühkindlichen Auftritt beim Kaffeetrinken, bei dem ich, als Zauberer verkleidet, mit lautem «Tataaa!» aus der Ecke sprang, dabei den Beistelltisch übersah und die Kaffeekanne hoch in die Luft kickte. Jede ihrer fünf Freundinnen bekam einen ordentlichen Schwall ab, was mir im Nachhinein als besonderes Kunststück ausgelegt wurde.
    Mir ist das alles ziemlich peinlich. Bis jetzt findet Roni die Geschichten anscheinend ganz drollig, aber wenn das so weitergeht, denkt sie spätestens in einer Stunde, ich wäre früher ein Volldepp gewesen. Ein wenig Angst habe ich, dass meine Familie anfängt von irgendwelchen Exfreundinnen zu schwärmen, aber das scheinen sie sich zu verkneifen, weil sie Roni mögen. Mir fallen langsam schon die Augen zu, schließlich habe ich diese alten Geschichten schon zehntausendmal gehört und bin müde von der langen Fahrt. Roni dagegen scheint sich köstlich zu amüsieren.
    Gerade erinnert Mike daran, wie ich seinen Modellbauflugzeugen mit Silvesterraketen einen Düsenantrieb verschaffte, um den Fliegerfilm «Top Gun» nachzuspielen, und dabei im benachbarten Hühnerstall erheblichen Kollateralschaden anrichtete.
    «Der hat schon so manchen Butzi gebaut», resümiert Tante Martha.
    Wieder nicken alle, nur Roni schaut fragend in die Runde.
    «Einen Butzi bauen», erklärt Oma, «sagt man bei uns, wenn einer sehr tollpatschig ist.»
    «Da habt ihr ja bestimmt einen Haufen lustige Bilder, die ihr auf der Hochzeit zeigen könnt», plaudert Roni drauflos. Ich verschlucke mich und muss husten. Roni presst sich die Hände vor den Mund. Zu spät. Die Katze ist aus dem Sack.
    «Auf welcher Hochzeit?», fragt Großtante Bettina.
    Alle Köpfe drehen sich zu mir und Roni. Die lächelt verlegen. Ich schaue in die Runde. «Wir werden heiraten.»
    Großer Jubel bricht aus. Die Älteren schlagen mit den Kuchengabeln gegen die Kaffeetassen, die Jüngeren krabbeln unter dem Tisch durch und umarmen unsere Beine. Der Rest ist aufgestanden und klatscht.
    «Jawoll!», ruft Onkel Fritz. «Ich hatte schon Angst, die Familie stirbt aus.» Anscheinend ist diese Angst in Tiefenwalde sehr verbreitet, weshalb bei uns ständig für Nachwuchs gesorgt wird.
    Die zweite Umarmungsrunde beginnt. Besonders Roni wird ganz fest gedrückt, allerdings – das sehe ich genau – auch mit ein paar mitleidigen Blicken

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