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Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen

Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen

Titel: Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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schlaflosen Schreiber, ich höre auf zu denken, folge dem Beat, der sich immer weiter steigert. Wo bleibt die Melodie? Ich sehe die Jungs auf der Tanzfläche, höre die Stimme des Sängers:
Keep the beast in my nature under ceaseless attack.
I can’t get no sleep.
I can’t get no sleep.
    Ein Augenblick Stille, eine Nanosekunde Klarheit, wie zwischen Blitz und Donner. Dann bricht die Melodie in den Raum: rein, kompromisslos, erlösend. Sie versöhnt mich mit Vergangenheit und Gegenwart. Eine neue Melodie, ein Bruch im Lied, im Leben. Ein neuer Anfang, einfach so. Das ist die Brücke.
    Ich ziehe mein T-Shirt aus.
    Als ich die Augen wieder öffne, hat sich ein kleiner Kreis um mich gebildet. Die Jungs sind irgendwo anders, ich sehe nur Jochen. Er schaut mich erstaunt an.
    «Haben wir die gleichen Pilze gegessen?»
    «Hast du mein T-Shirt gesehen?»
    «Das hast du da hinten in die Ecke geworfen.»
    Nach diesem emotionalen Durchbruch bin ich ziemlich geschlaucht. Jochen reicht mir ein Taschentuch, mit dem ich mir den Schweiß von der Stirn wische. Er will das T-Shirt holen, ich gehe zur Theke. Auf dem Weg dorthin komme ich an Jan vorbei, der jetzt mit dem Rücken gegen die Wand steht. Seine Vorderseite wird von der Rückseite des Teenagers, man muss das wohl so sagen, sexuell belästigt. Aber er hält sich tapfer.
    Ich trinke eine kleine Flasche Wasser und suche die Toilette. Davor steht ein Zigarettenautomat. Genau! Ich fange wieder an zu rauchen, gute Idee! Ob ich irgendwo noch Kleingeld habe? Zwei Arme packen mich von hinten. Ich höre Urs’ Stimme. «So, Waschtl, Zeit fia des letzte Spui.»
    Mit vereinten Kräften schleppen meine Freunde mich auf die Damentoilette. Im Vorraum zückt Urs ein paar Handschellen. «An scheenen Gruß vom Hias soi i sogn.» Dann kettet er mich an das Waschbecken. Carsten stellt mir noch ein Bier auf den Boden.
    «Den Schlüssel haben wir einem Mädchen gegeben. Jetzt musst du wohl doch ein paar Frauen anquatschen.»
    Die Jungs winken zum Abschied und lassen mich allein auf den Fliesen zurück. Ich glaube es nicht. Erst mal einen Schluck Bier. Die Tür geht wieder auf. Zwei Teenager.
    «Hey, das hier ist die Damentoilette.»
    «Ich weiß, tut mir leid.»
    «Bist du ein Perverser oder so?»
    «Ich heirate bald.»
    «Wen denn? Das Waschbecken?»
    So geht das die nächsten zehn Minuten weiter.
    «Ey, du hast da schwarze Schmiere auf der Stirn. Was steht denn da? Jugoslawe?»
    «Nein, Junggeselle. Jugoslawien wurde aufgelöst.»
    «Könntest du dich auch mal auflösen?»
    Der blonde Teenager will von mir wissen, warum Jan so verklemmt sei.
    «Wahrscheinlich, weil er seit Jahren eine feste Beziehung hat.»
    «Dann bist du sicher Single, oder?»
    «Nein, ich bin verlobt.»
    Daraufhin lacht sie, als hätte ich einen Scherz gemacht.
    Ein paar Frauen ignorieren mich, andere versuchen kichernd, mir die Wimpern zu tuschen, zwischendurch kommt die Toilettenfrau und beschimpft mich, weil sie denkt, ich wolle ihr Konkurrenz machen. Den Schlüssel hat keine von ihnen.
    Nach einer halben Stunde geht draußen die Musik aus. Ich höre aufgeregte Stimmen, ein ziemliches Durcheinander. Ein paar Mädchen kommen hereingestürmt und verbarrikadieren sich in den Toiletten, bevor ich sie fragen kann, ob sie einen Schlüssel haben. Vielleicht sollte ich wie im Film das Abflussrohr aus der Wand reißen. Oder mir die Hand brechen. Aber dann kann ich nicht mehr schreiben. Mist!
    Wieder geht die Tür auf: eine weibliche Polizeibeamtin. «Guten Abend, das ist eine Razzia», ruft sie. «Alle Mädchen unter 18 Jahren machen jetzt bitte die Toilettentüren auf und kommen mit erhobenem Personalausweis –», sie stutzt. «Wer sind denn Sie?»
    «Junggeselle», sage ich zum hunderttausendsten Mal. «Haben Sie vielleicht einen Schlüssel für meine Handschellen?»
    Sie schaut mich an, wirft einen Blick unter das Waschbecken und lacht auf. «Ja, habe ich. Aber bevor ich Sie losmache, muss ich erst mal den Einsatzleiter holen.»
    Sie prüft den Sitz der Handschellen und verschwindet mit breitem Grinsen. Kurz darauf ist sie wieder da. Mit ihrem Einsatzleiter und ein paar anderen Kollegen.
    «Servus, Waschtl.»
    «Servus, Hias. Was machst du denn hier?»
    «Mia worn nebenan gwesn zua Razzia, do hob i draußn den Urs troffn, dea hod gmeint, mia soitn hia noch dem Rechtn schaugn.» Er wirft einen Blick unter den Tisch. «San des etwa mei Handschellen?»
    Hias zieht einen Schlüssel aus seinem Ledergurt, beugt sich vor und

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