Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen
Draht zum Zoll, er sorgt dafür, dass die Klamotten freigegeben werden. Jochen kümmert sich um die Werbung. James kennt jede Menge hübscher Kerle, Urs kennt jede Menge starker Kerle, und ich kümmere mich um die Journalisten. Der Rest von uns wird modeln.»
«Und deine Hochzeit?», fragt Jan.
«Das kriegen wir schon alles unter einen Hut.»
Niemand sagt etwas. In den Gesichtern meiner Freunde erkenne ich keine Spur von Begeisterung. Eher Müdigkeit.
Jochen dreht sich zu mir. «Lass mich mal.»
Er schaut jedem einzeln ins Gesicht, blickt dann kurz auf den Boden, hebt den Kopf. Seine Augen sind geschlossen.
«Wollt ihr wissen, was ich den Typen im Strip-Lokal erzählt habe, die uns aufmischen wollten?», sagt er eindringlich. Dann öffnet er seine Augen. Sie funkeln. Ich halte den Atem an.
«Ich habe gesagt: Ihr habt keine Chance. Denn die da», er schaut zu mir, zu Urs, James, Mike, Jan, Carsten und Christoph; sieht jeden genau an. «Die gehören zusammen. Deshalb sind wir stärker. Weil wir zusammenhalten. Weil wir Freunde sind.»
Entschlossenheit zieht über alle Gesichter.
«Und deshalb werden wir auch diese Sache hier schaffen. Seid ihr dabei?»
Wir können nicht anders – wie aus einem Mund rufen wir: «Wir sind dabei!»
Auch Christophs Blick ist plötzlich klar geworden.
«Und von den Einnahmen bauen wir die Scheune wieder auf.»
Urs schaut ihn an.
«Und wos is mit dena Waisen?»
«Vergiss die Waisen. Die kriegen die zweite Kollektion.»
MIA HAUT’S DES GSTELL ZAMM
(hochdeutsch : Ich bin sehr müde)
Gegen fünf Uhr morgens setzt mich Urs vor der Haustür ab. Ich schaue an der Fassade entlang, hinauf zum dritten Stock. In unserem Wohnzimmer brennt Licht. Ist Roni etwa schon wach?
Nein, das kann nicht sein, oder? Ich sprinte die Treppen hoch, nehme mindestens zwei Stufen auf einmal. Durch die Wohnungstür höre ich Kichern und johlende Frauenstimmen, drei verschiedene, vielleicht sind es auch mehr. Und eine Männerstimme. Stöhnen. Mit zitternden Händen klaube ich den Schlüssel aus meiner Hosentasche und schließe auf. Dieses Lied höre ich heute nicht zum ersten Mal.
Baby take off your coat
real slow.
Take off your shoes
I’ll take off your shoes.
Baby take off your dress
Yes yes yes
Alle Müdigkeit fällt von mir ab. Auf leisen Sohlen schleiche ich über den Flur, unter den Geweihen entlang, an denen keine Jacken hängen. Dafür ist die Garderobe völlig überfüllt. Vorsichtig spähe ich durch die Wohnzimmertür, deren Scheiben von innen beschlagen sind. Roni sitzt auf der Ledercouch. Über sie gebeugt steht ein glänzender Bodybuilder, etwa halb so alt wie die Frau aus dem Route B 12. Er trägt nur seine Muskeln, eine Menge Öl und – wenn ich es richtig sehe – einen kleinen Lacktanga mit einem Reißverschluss am Vorderteil. Anscheinend hat er sich zwei Paar Socken vorne hineingestopft.
Roni trägt Jeans, T-Shirt und ein blinkendes Krönchen – wie die Prinzessin eines Elektroladens. Sie schaut leider gar nicht verlegen, sondern scheint die Show des Ölprinzen zu genießen. Ihre Hände gleiten über seinen Waschbrettbauch nach unten. Tiefer, tiefer. Roni tut, als hätte sie sich dort verbrannt, versteckt ihre Hände jetzt hinter dem Rücken. Eine Frauenstimme jauchzt. Klingt wie ein bayerisches Juhitzen.
An der Wand gegenüber vom Ledersofa sitzen Ronis Freundinnen auf dem Boden. Nur Nunja steht und pfeift auf den Fingern. Da ist ja auch Walli von oben. «Von oben ohne» träfe es im Moment wohl besser, denn sie hat ihre Bluse ausgezogen und schwenkt sie über dem Kopf. Dabei kreischt sie vor Vergnügen. In ihren Augen funkelt Lust.
Der Stripper genießt es sichtlich, sich inmitten von zwölf Frauen ausleben zu dürfen. Ich dachte, die wollten nur ins Nagelstudio? Nunja hat doch noch gesagt, dass sie so etwas Prolliges auf keinen Fall … Himmel! Wallis Gejauchze hat den Kerl wohl angefeuert, denn jetzt steht er hinter Roni auf der Couch, presst sich an sie, als wolle er verkehrt herum Lambada tanzen. So etwas macht man doch nur in Videoclips!
Ich lege meine Hand auf die Türklinke. Der Stripper hat Roni wieder in die Polster gedrückt, geht ein paar Schritte vom Sofa weg, als wolle er Anlauf nehmen. Langsam öffnet er den Reißverschluss des Lacksacks. Mit einem Ruck reißt er sich den String herunter.
Meine Güte! Das Ding ist so groß wie ein Baguette! Nunja grinst breit und dreht die Musik lauter. Der Typ ist völlig in Fahrt und lässt die Fleischpeitsche kreisen. Dabei
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