Jack Fleming 01 - Vampirdetektiv Jack Fleming
Milchglas. »Er ist auf den Topf gegangen, um das da loszuwerden; dafür braucht er nicht lange.«
»Ausgezeichnete Deduktion«, pflichtete er mir bei und machte sich an die Arbeit.
Er ging rasch durch den gesamten Raum, inspizierte die verschiedenen Glasröhren und Flakons und durchstöberte die Wandschränke. In einem entdeckte er eine Art handschriftliches Notizbuch, und in einem anderen war ein kleiner Safe. Er unterdrückte einen Triumphschrei, ließ sich auf die Fersen nieder und drehte versuchsweise am Schließrad. Zu unserer Überraschung drehte es sich tatsächlich, und die Tür schwang auf.
»Was ist da drin?«
»Etwas Seltsames«, sagte er mehr zu sich selbst als zu mir. Er schlug das Buch auf, überflog die Seiten und war sichtlich verdutzt.
Er achtete nicht auf mich, er war viel zu beschäftigt. Er sah sich noch einmal ein paar verschlossene Glasbehälter an, die mit so etwas wie flüssigem Chrom gefüllt waren. Er klopfte gegen einen davon, und die gewölbte Oberfläche erzitterte wie ein geschmolzener Spiegel. Er ließ sie stehen, suchte und fand dann einen Chemikalienvorrat in einem begehbaren Seitenschrank. Er musterte die Etiketten und machte einen Behälter auf, um sich vom Inhalt zu überzeugen. Ein Gestank wie nach faulen Eiern stieg auf, und er machte ein Gesicht wie ein kleiner Junge, der gerade seinen kompletten Wunschzettel zu Weihnachten bekommen hatte.
»Kommen Sie schon, um was geht es hier?«
»Bis auf die Bunsenbrenner ist keine Hitzequelle vorhanden«, murmelte er nachdenklich, »aber das ließe sich hinweg erklären. Nun gut. Wir können gehen.«
»Freut mich zu hören.«
Bis auf das Buch stellte er alles wieder an seinen Platz zurück, und wir verließen das Zimmer etwa zehn Sekunden, bevor der Wächter zurückkam. Er machte es sich wieder mit seinem Heft bequem und begann zu schmökern.
»Warum ist er nicht bei der Party?«, raunte ich.
»Wahrscheinlich ist er schüchtern. Kommen Sie.«
Wieder bei der Treppe zur Küche angekommen, setzte er sich auf die zweitunterste Stufe, holte eine kleine Taschenlampe hervor und befasste sich mit dem Buch. Fünf Minuten später bebte er so sehr vor unterdrücktem Gelächter, dass er es zuklappte, um überhaupt wieder Luft holen zu können.
Er hielt es mir entgegen. »Dies ist an sich schon ein Beweis für Frank Pacos verbrecherische Neigungen, denn ist es nicht eine altbekannte Tatsache, dass man einen ehrlichen Mann nicht betrügen kann?«
»Was ist es also?«
Er sprach das Latein langsam und geradezu genüsslich aus. »Magnum opus.«
»Welches große Werk?«
»Schlagen Sie die erste Seite auf, lesen Sie, was ganz oben steht.«
»Was oben ist, gleicht dem, was unten ist, und was unten ist, gleicht dem, was oben ist. Worum geht es hier eigentlich, um Beerdigungen?«
»Um eine Art Philosophie, eine Suche nach Erleuchtung, die seither von unwissenden Scharlatanen korrumpiert und verschleiert worden ist. Das Quecksilber und den Schwefel haben Sie schon gesehen. Es fehlte nur noch ein Reinigungsofen. Es handelt sich, mein lieber Freund, um Alchemie.«
»Alchemie«, wiederholte ich verdattert. »Paco versucht Gold zu machen?«
»Pah! Der Mann hat doch gar nicht die erforderliche Ausbildung!«
»Dann hält er sich einen zahmen Chemiker.«
»Wohl eher einen Chemiker cum Physiker.« Er schüttelte den Kopf. »Keinen echten, aber einen Betrüger in jeder Bedeutung des Wortes.«
»Ein Schwindler?«
»Ganz genau.«
»Jemand hat Paco davon überzeugt, dass er Blei in Gold verwandeln kann?«
»Nicht Blei, Quecksilber. Es steht gleich über Gold im periodischen Elementesystem. Die Notizen in dem Buch besagen, dass man plant, mittels eines exotischen Verfahrens unter Verwendung von Radium ...«
»Radium?«
»... dem Quecksilber ein oder zwei Atome heraus zu klopfen, um entweder Gold oder Platin zu erhalten.«
»Das ist unmöglich.«
»Theoretisch ist es durchaus möglich, aber eben nur theoretisch.«
»Es ist also unmöglich?«
»Unter Berücksichtigung des gegenwärtigen wissenschaftlichen Kenntnisstands ja, aber die Idee kann einen herrlich profitablen Eindruck erwecken, wenn sie gierigen und empfänglichen Ohren auf ansprechende Weise zu Gehör gebracht wird. Dieser Schwindler ist geradezu genial und von nicht geringer Frechheit. Es wäre mir eine Ehre, seine Bekanntschaft zu machen.«
»Aber woher bekommt er denn Radium?«
»Er braucht es gar nicht zu beschaffen – ich habe es in seinem Safe gefunden.«
»In einem
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