Jack Fleming 02 - Blutjagd
benommen, und ihr Kopf sackte zur Seite.
»Noch einmal, als ob du es ernst meinst.«
»Es tut mir Leid«, flüsterte ich eindringlich, aber es galt Bobbi.
»Versprichst du mir, dass du jetzt artig bist?«
Ich nickte. Versuchte zu schlucken. Es ging nicht.
Sein Lächeln kehrte zurück. »Das ist wirklich brav.«
»Was wollen Sie?«
»Wie ich schon sagte, nichts, was dir unmöglich ist.« Dann rief er lauter zum Nebenzimmer: »Alles in Ordnung, du kannst jetzt kommen.«
Eine Tür öffnete sich scharrend, ein reibendes knirschendes Geräusch kam näher, und dann rollte sie in mein Sichtfeld. Das grellgelbe Licht stellte seltsame Dinge mit den Farben an, und Gaylens blaue Augen waren zu einem hellen kalten Grau vereist. Sie saß im Rollstuhl und hatte den Spazierstock mit der Gummispitze über die Knie gelegt. Sie sah auf und runzelte die Stirn. Malcolm wandte sich zum Fenster und gewährte uns so eine gewisse Ungestörtheit. Keiner von uns sagte ein Wort; wir hielten unsere Stellung wie Schauspieler am Ende eines Stückes, ehe das Licht verlöscht und der Vorhang fällt.
Schließlich holte sie tief Luft. »Ich wollte es nicht auf diese Weise tun. Wirklich nicht, aber Sie wollten es nicht verstehen, Sie ...«
»Sie hatten das von Maureen verlangt?«
Ich fand die Antwort vor mir. In Marzas Augen hatte Feuer gestanden, aber in Gaylens Blick lag nur Säure. Vor langer Zeit hatten sie sich deshalb gestritten, Maureen hatte die Wahrheit erkannt und war geflohen. Man ist hinter mir her, weil ich bin, was ich bin ... Die Bedeutung wandelte sich mit der Lesart. Sie hatte sich nicht vor Braxton mit seinem Kreuz und seinen Silberkugeln gefürchtet, sondern vor ihrer Schwester. Vor fünf Jahren war sie fortgegangen, um mich zu schützen. Wäre sie geblieben, dann wäre ich dort unten bei Norma gewesen, und Maureen hätte gestanden, wo ich jetzt war.
»Ich flehte sie an. Es war nur ein einziger kleiner Dienst, und wenn sie es gewollt hätte, dann wäre ich ein für alle Mal aus ihrem Leben verschwunden. Ich bat Sie darum, und ist es denn so viel? Sie können mir nur die Nachteile aufzählen. Sie sind nichts im Vergleich zu dem, was ich gerade durchmache. Dieser Körper ist alt und verkrüppelt, und ich hasse ihn! Ich will leben!«
»Dafür müssen Sie sterben – falls es überhaupt funktioniert.«
»Was ist schon der Tod im Vergleich zu den Schmerzen, die ich bei jeder Bewegung verspüre? Und es muss einfach funktionieren! Maureen hat sich verwandelt, und ich bin ihre Schwester, ich weiß , dass ich verwandelt werde.«
»Was war mit Braxton?«
»Ich versuchte es ihm zu erklären, und er war vor lauter Gerede über Verseuchung und Seelenheil zu halsstarrig, um zuzuhören.«
»Er war für keinen von uns jemals eine Gefahr.«
»Ach nein?«
»Ich war gerade dabei, das Problem zu lösen, als dieser ... Braxton war lästig, aber dafür hatte er nicht den Tod verdient.«
»Doch, das hatte er, wenn ich Ihnen begreiflich machen wollte, wie ernst ich es meinte. Es hätte irgendjemand sein können – jemand, der neben Ihnen auf der Straße geht, Ihr Freund, der Detektiv – irgendjemand. Der Zeitpunkt sowie die Umstände machten ihn zu einem geeigneten Ziel.« Sie ließ ihre Worte einwirken.
Meine Hände verkrampften sich, und ich sehnte mich nach dem Luxus, sie ihr um den Hals zu legen.
»Aber das ist vergangen und vorbei. Ich will, dass Sie jetzt an das Mädchen denken. Sie haben sie gesehen, und Sie wissen, dass es nur eine sichere Alternative gibt, und das, was ich erbitte, ist nicht so schrecklich.«
Ich wandte mich ab, als müsste ich nachdenken. Ich hatte keine andere Wahl, ich musste auf sie eingehen, aber sie erwartete Widerstand und bekam ihn auch. »Sie wissen nicht, was Sie verlangen.«
Aber das hatte sie schon gehört und gab mir die entsprechende Antwort. »Ich weiß es, und ich bitte nicht mehr darum. Tun Sie, was ich verlange, und das Mädchen kann gehen. Sie wissen schon, was sonst passiert.«
»Sie würden das zulassen?«
»Ja.«
Mein Blick ruhte auf Bobbis Gesicht. »Werden Sie sie unversehrt gehen lassen?«
»Ja.«
»In Ordnung.«
Sie stieß einen Seufzer aus, ganz ähnlich dem am Telefon, als ich sie das erste Mal angerufen hatte. »Gut, dann kommen Sie her.«
»Lassen Sie sie erst gehen.«
»Nein.«
Über die Schulter warf ich einen kurzen Blick auf Malcolm. Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Er soll aufpassen. Wenn er glaubt, dass etwas nicht stimmt, wird er Maßnahmen
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