Jack Fleming 02 - Blutjagd
scharfen Ebenholzsplitter. Der Schmerz in meinem Kopf ließ allmählich nach, aber nicht so rasch, wie ich es gerne gehabt hätte. Kontrollierte Bewegungen würden sich erst in ein oder zwei Augenblicken einstellen. Meine Arme reagierten ein wenig, die Muskeln konnten sich wieder zusammenziehen. Immerhin ein Anfang ...
Malcolms auf den Kopf gestellte Gestalt tauchte in meinem Sichtfeld auf; er grinste, er kicherte. Er hielt eine lange Stange in den Händen. Ihr zugespitztes Ende war mit einer Metallspitze versehen, damit das Holz nicht splitterte.
Panik wallte brüllend auf und raubte mir jeden Gedanken. Ich versuchte mich aufzulösen und spürte nur ein leises antwortendes Zucken der Nerven. Der Schock des Holzstocks war zu viel gewesen. Ich brauchte mehr Zeit, die ich nicht hatte. Meine Hände hoben sich in dem schwachen Versuch, die Stangenspitze abzulenken. Sie hatten keine Kraft. Ich war vollkommen, absolut – oh Gott ... nein ...
Mit all seinem Gewicht rammte er mir das Ding in die Brust, und Blut spritzte empor. Mein Körper bebte und bäumte sich wie unter einem Anfall auf, meine Hände krümmten sich zu Krallen, die Beine schlugen aus. Ein schreckliches erstickendes Gewicht legte sich auf mich und presste mir das Leben aus dem Leib.
Er stieß noch einmal nach, und die berstende allumfassende Qual machte alle Gedanken und Bemühungen zunichte, als das Kreischen eines sterbenden Tieres das Gebäude erfüllte; grässlich furchtbare Schreie, die die Wände erzittern ließen und fortdauerten, bis die Lungen keine Luft mehr ausstoßen konnten. Mein Mund hing nutzlos offen, und die letzten Echos brachen sich an den Treppen, die nach unten führten, und verloren sich schließlich in der Finsternis.
10
Feuer.
Schwarzes Feuer.
Schwarzes Feuer, das man nicht sehen oder hören kann, nur fühlen, und dann ist es zu spät. Es ist übergesprungen und verzehrt alles.
Sengendes schwarzes Feuer, das von innen die Brust ausfüllt, bis sie vor Hitze explodieren und alles beenden sollte und es doch nicht tut. Reglos liegt der stumme Körper, leidend und dennoch bei einer Art von Bewusstsein. Der Tod ist zu weit entfernt, als dass der klare Verstand bleiben könnte.
Gaylens Stuhlräder knirschten über das Parkett. Malcolms Schritte wurden leiser ... ein Ratschen, ein Bums, und sie waren im Aufzug. Die Tür wurde zugezogen, und die Kabine setzte sich nach unten in Bewegung. Gleich lud er sie in den Lastwagen, und dann gingen sie irgendwohin. Irgendwo ... Bobbi ... Sie hatten sie aus dem Wasser gezogen – ihre Stimmen sprachen darüber in der Ferne ...
Beweg dich. Beweg irgendetwas.
Bobbi hatte ihre Gesichter gesehen; sie konnten es sich nicht leisten, sie gehen zu lassen. Gaylen würde dieses Risiko niemals eingehen.
Aber sie hatte es versprochen. Sie hatte –
Zuckte da ein Finger? Oder hatte ich es mir nur eingebildet? Meine Hände hatten sich nur am Schluss bewegt, als der Holzpflock in mich eindrang. Die rechte hatte sich in dem Versuch verkrampft, den Pfahl herauszuziehen, und die linke hatte sich zuckend an die Stufen gekrallt. Da ruhte sie noch immer; vom Fluss wehte feuchte Luft um meine Finger.
Türen schlugen zu. Motoren sprangen an, Gangschaltungen krachten, und sie fuhren auf die Straße.
Versuch' dich zu bewegen.
Nichts. Der Körper war kalt und tot, nur das Gehirn brauchte etwas länger. Die Kälte kroch mir langsam die Beine empor – gefolgt von einem tauben Gefühl, das mir auf unangenehme Weise vertraut war. So etwas war damals passiert, als ich versucht hatte, nach Sonnenuntergang wach zu bleiben, um herauszufinden, wie das war. Ich bekämpfte die Taubheit und suchte Halt an den Schmerzen. Wenn ich aufgab und mich vom Schlaf davontragen ließ, würde ich nie wieder aufwachen.
Beweg dich.
Nichts. Eine Unendlichkeit lang gar nichts.
Allein in der Dunkelheit mit den Schmerzen und der Kälte und der Angst um Bobbi. Würde es schnell für sie gehen? Würden sie sie laufen lassen?
Idiotischer Gedanke.
Taub von den Füßen bis zu den Knien. In ein paar Stunden würde die Empfindungslosigkeit mein geborstenes Herz erreichen und das schwarze Feuer ersticken, das darin wütete.
Ein leises Knirschen, das sich durch die Treppe fortpflanzte. Es wiederholte sich und wurde deutlicher: Sand zwischen Schuhsohlen und Bodenbrettern. Wahrscheinlich Malcolm, der endlich zurückkam, um meine Leiche loszuwerden. Ich hatte nicht gehört, wie der Laster zurückgekommen war, musste kurz weggetreten sein.
Weitere Kostenlose Bücher