Jack Fleming 02 - Blutjagd
Haus?«
»Ich weiß es nicht. Es sieht verlassen aus. Wenn es nicht regnen würde, könnte ich etwas von drinnen hören.«
»Dann müssen wir einbrechen«, sagte Escott. »Aber still und leise.«
»Ich habe ein Fenster entdeckt, aber ich will Rückendeckung haben, wenn ich den Laden durchstöbere.«
»Geh nur voran.«
Wir füllten unsere Taschen mit Patronen und verbargen die Flinten unter unseren Mänteln, wie Malcolm es auch im Sendehaus getan hatte. Ich führte sie nach hinten und zeigte auf das Fenster. Gordy stieß ein erschrockenes »Jesses« aus, als ich mich auflöste und drinnen neu manifestierte. Der Fensterhebel war der reinste Rostklumpen und brach mir fast in der Hand ab, als ich ihn rüttelnd lockerte und aufdrehte. Trotzdem mussten sie von außen drücken, während ich von innen am farbverklebten Rahmen des Fensters zerrte. Nach einem lauten Knacken und Knarren öffnete es sich. Wir hielten inne und lauschten, aber es kam niemand herunter. Als der Spalt breit genug war, zwängte sich Escott mit den Füßen voran herein, und sobald seine Schuhe den Boden berührten, fuhr er herum und griff nach seiner Schrotflinte.
»Kommen Sie, Gordy.«
Gordys Blick maß die Fensteröffnung ab. Im Vergleich zu ihm wirkte sie gleich viel kleiner. »Ihr macht wohl Witze? Ich steh' hier Schmiere, bis ihr die Hintertür aufmacht.«
Escott nickte. »Nun gut, wir brauchen tatsächlich einen, der aufpasst.«
Regen spritzte uns in die Gesichter, und hinter Gordys massiger Gestalt flammte der Himmel unter den Blitzen auf. Der Donner, der einige Sekunden später folgte, ließ mich unter seiner schieren Lautstärke zusammenzucken, und sogar Escott hielt kurz inne und runzelte die Stirn.
»Lausige Nacht«, verlieh Gordy erneut brummend seinem Unbehagen Ausdruck.
Ich sagte Escott, er solle im Keller bleiben, während ich mich oben umsah, und übertrug ihm die Aufsicht über die beiden Flinten. Er erhob keine Einwände.
Die Kellertür stand weit offen, was ich für ein schlechtes Zeichen hielt. Die meisten Leute halten ihre Kellertüren geschlossen, weil eine große Öffnung in eine dunkle Grube ihnen Unbehagen bereitet, aber auch nur, wenn sie zu Hause sind. Die Tür führte hinauf in die Küche.
Jetzt war niemand da, aber es war jemand hier gewesen. Der Tisch, die Arbeitsflächen und der Ofen waren vollgestapelt mit Geschirr, Pfannen und Essensresten; ein kleiner Abfallhaufen an der Hintertür hatte den Punkt ohne Wiederkehr schon vor einiger Zeit überschritten. Ich verharrte und lauschte, aber der Regen, der auf das Dach trommelte, wirkte wie Störungsgeräusche im Radio.
Die Hintertür war abgeschlossen. Ich wollte keinen Lärm riskieren, indem ich Gordy hereinließ. Er musste noch ein wenig warten.
Die Küche führte in ein dunkles Wohnzimmer. Niemand verbarg sich in den Ecken. In der Mitte des Zimmers stand Gaylens verlassener Rollstuhl.
Ich ging wieder zurück und an Escott vorbei, der kurz vor der Kellertür auf der Treppe stand, eine Schrotflinte schussbereit hielt und die Augenbrauen fragend hob. Ich schüttelte den Kopf, zeigte über den Flur zu den Schlafräumen und ging dorthin.
Die erste Tür rechts führte in ein Bad, die zweite in ein kleines leeres Schlafzimmer. Das Bett war ungemacht, und Frauenkleidung verzierte Boden und Möbel. Auf einem Stuhl lag ein zerknüllter Stoffhaufen, der nach dem Mille-Fleur -Kleid aussah, das Norma in der vorigen Nacht getragen hatte. Es war immer noch feucht und roch nach Flusswasser.
Die Tür zum zweiten Schlafzimmer war geschlossen. Ich drückte das Ohr dagegen. Auch bei dem Regen war ich überzeugt, dass ich jemanden auf der anderen Seite gehört hatte, aber das Holz war dick, und der Donner machte mich nervös. Ich löste mich auf, diffundierte durch das Türblatt und blieb in seiner Nähe, während ich statt meiner Augen meinen erweiterten Tastsinn einzusetzen versuchte.
Rechts war etwas Großes, Eckiges, wahrscheinlich ein Schreibsekretär, links ein freier Viertelradius für die aufschwingende Tür und noch ein eckiger Gegenstand. Vor mir lag Leere. Ich konnte nur gedämpft hören, und mittlerweile bildete ich mir bereits Geräusche ein. Ich musste sehen, was sich hier befand, und versuchte es mit einer teilweisen Verstofflichung.
An den Wänden und der Decke waren hässliche rote Flecken – eine ganze Menge davon. Mein Blick fiel auf die Leiche am Boden. Sie lag auf dem Rücken halb unter einem Bettüberwurf, der sich um die Beine gewickelt hatte. Das
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