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Jack Holborn unter den Freibeutern

Jack Holborn unter den Freibeutern

Titel: Jack Holborn unter den Freibeutern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Garfield
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die geblähte große schwarze
    Wolke gerichtet. Es schien, als sei selbst der Himmel auf seiner Seite. Ich begann, mich nach achtern zu
    bewegen, um zwischen Mister Taplow und das
    Poopdeck zu gelangen.
    Die Augen aller waren auf die schwarze Wolke ge-
    richtet, bis auf Mister Clarkes! Er beobachtete mich.
    Rittlings auf seiner fetten Kanone sitzend, betrachtete er meine Bewegungen. Ich hatte das üble Gefühl, daß er mich schon seit einiger Zeit beobachtet hatte. Ich ging an ihm vorbei, und seine blaßblauen Augen glitzerten, als sie mir folgten; dann hörte ich ihn von seinem Reitsitz heruntergleiten. Ich hielt an, um zu sehen, ob er mir folgte.
    Plötzlich sah ich Mister Taplow, die Hand noch
    auf dem Fall, wie er Mister Clarke beobachtete. Was war das Signal? Ich wandte mich nach Mister Clarke
    um. Er stand bei seiner Kanone und starrte mich an.
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    Mein Hemd war kalt und naß auf meinem Rücken.
    Ich schwitzte wie wahnsinnig. Das Geräusch bloßer
    Füße, die leise auf dem Deck landeten, ließen mich
    zurücksehen. Sam Fox stand hinter mir. Und immer
    noch rührte Mister Taplow sich nicht. Sondern
    wandte den Blick auf Mister Fox.
    Der Wind kam nicht mehr in Stößen, sondern blies
    ständig und mit zunehmender Kraft.
    Sam Fox bewegte sich auf mich zu. Mister Ta-
    plows Augen bewegten sich. War das das Signal? Ich
    wollte um Mister Fox herumschlüpfen, aber Mister
    Clarke hatte sich so gestellt, daß er mich abfing. Ich versuchte es andersherum, aber Sam Fox kam mir
    näher. Auch jetzt noch lehnte sich Mister Taplow gegen das Fall, doch seine Augen zeigten lebhafte Erregung.
    Ich blickte zum Achterdeck hinüber, in dem ver-
    zweifelten Versuch, das Auge von Mister Morris zu
    erhaschen, aber er, wie die übrigen, war von der riesigen Wolke gebannt. Langsam wurde ich zurückge-
    drängt. »Um Himmelswillen, Mister Morris, sehen
    Sie her! Lassen Sie die Hölle am Himmel und sehen
    Sie sich die Hölle hier unten an.«
    Ich sah Mister Trumpet. Er starrte mich voll ent-
    setzten Mitleids an. Unter meinem Blick schien er die Hände zu spreizen und den Kopf zu schütteln. Zu
    spät wußte ich, was das Signal sein sollte. Ein Tod.
    Meiner!
    Seine seltsamen Lippen schienen sich zu bewegen,
    als wolle er sagen: »Nicht meine Schuld, alter Freund 62
    – versuchte, das Signal zu ändern – tat, was ich konnte – ließ dich für deine Seele beten – dein Blut ist nicht an meinen Händen –«
    »Mister Morris! Mister Morris!« Aber der Wind
    hatte angefangen zu heulen, und meine Worte wur-
    den fortgerissen. Mister Fox, das schwarze Haar in
    dem Sturm nach vorn gefegt, breitete die Arme, um
    mich zu fangen, falls ich rennen sollte. Mister Clarke neben ihm tat dasselbe. Gemeinsam kamen sie, mit
    dem Deck schwankend, auf mich zu.
    Nicht mehr als ein Meter lag zwischen uns, als der
    Holländer wieder das Segel entdeckte. »Dort! Dort!
    Der Segel!«
    Einen Augenblick stutzten sie, ich stürzte los und
    fuhrwerkte an einer ausgestreckten Hand vorbei. Ich fühlte Finger (Sam Foxens, glaube ich) durch mein
    Haar harken – und ließ ihm eine Faustvoll.
    Mister Taplow war vom Fall verschwunden. Ich
    flog zum Achterdeck zu Mister Morris. Er lag be-
    täubt am Fuß der Schiffstreppe. Ich begann hochzu-
    klettern, als mich Mister Trumpet bei der Schulter
    ergriff.
    »Laß sie machen! Laß sie machen! Genug, daß du
    davongekommen bist. Versuch’s jetzt nicht aufzuhal-
    ten. Das kannst du nicht – sie machen dich fertig!«
    Ich riß mich los und krabbelte nach oben. Ich hatte einen Zipfel rotweiß gestreiftes Hemd über mir gesehen. Ich war fast auf dem Achterdeck und schrie:
    »Taplow! Taplow!«
    Er hörte mich und blickte nieder. Sein wütendes
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    Gesicht gegen den wütenden Himmel bannte mich
    auf die Stelle. Er war das lebende Spiegelbild des
    Sturmes.
    »Taplow!«
    Sein Kopf ruckte zurück, und sein großer nackter
    Fuß schwang vorwärts, um mir an den Schädel zu
    fahren. Ich packte ihn am Knöchel und wurde völlig
    von meinem Standort gehoben. Einen Augenblick
    schwang ich, dann grub ich meine Zähne in seine bittere Ferse.
    Er mußte seinen Halt oben aufgegeben haben, um
    sich von mir zu befreien – denn ich weiß nichts mehr als sein scharfes Schmerzgebrüll –, und dann krachten wir beiden, meine Zähne noch in ihm, auf das untere Deck.
    VII
    Euch Herren allen, die ihr nicht schlafen könnt, sei es vor Hitze, Kälte, Furcht, Erwartung, Schmerz oder
    einem düsteren Gewissen, möchte ich ein sicher wir-
    kendes

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