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Jack Holborn unter den Freibeutern

Jack Holborn unter den Freibeutern

Titel: Jack Holborn unter den Freibeutern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Garfield
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unmöglich zu vergessen, wie es
    unmöglich ist, daß dieses überaus böse Komplott ge-
    lingt. Verstehen Sie? Sie sind gescheitert. Gescheitert!«
    Darauf breitete mit einer letzten Geste Mister
    Trumpet seine Arme weit aus – und wandte sich zur
    Anklagebank.
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    »Lord Sheringham.«
    »Ja –?« Sie antworteten zugleich: aber Mister
    Trumpet ließ sich nicht beirren. »Wenn der Mann
    auf dem Richterstuhl das wäre, wofür er sich ausgibt, was hätte er antworten sollen?«
    »Ruhe! Ruhe! Ich befehle Ihnen zu schweigen.«
    »Genug jetzt! Fluch über dich – genug jetzt!« Lord
    Sheringhams Stimme durchschnitt die Luft wie eine
    Peitsche – dann erwiderte er Mister Trumpet: »Er
    hätte antworten sollen, daß er Sie doch schon einmal gesehen hat, Mister Solomon Trumpet.«
    »Wo – und wann?«
    »Haben Sie sich das überlegt? Sind Sie sicher? Das
    ist ein großes Opfer.«
    »Für eine große Sache, mein Lord.«
    »Mag sein – mag sein –«, er hielt inne. »Er hätte
    Sie in eben diesem Gerichtssaal gesehen.«
    »Wann?«
    »Vor zwei Jahren.«
    »Der Anlaß?«
    »Als Sie wegen Verbrechen gerichtet wurden, die
    Betrug in sieben Fällen betrafen. Sie wurden für
    schuldig befunden und zur Deportation verurteilt.«
    Ein Schrei erklang aus der Mitte der Anwälte. Mi-
    ster Gracechurch war aus seinem Schlaf der Schande
    erwacht. Er erinnerte sich: o ja – Solomon Trumpet –
    siebenmal Betrug – genial – gut erinnert!
    Dann sprangen fünf oder sechs andere – Anwälte,
    Schreiber – auf die Beine. Sie erinnerten sich. Jetzt erinnerten sie sich. Solomon Trumpet, der große Betrü-
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    ger – von Lord Sheringham gerichtet. Wer konnte es
    vergessen? Ja wer? Nur der Mann, der nicht dagewe-
    sen war, der Mann auf dem Richterstuhl: der falsche Richter!

    Einen Augenblick sah ich noch, wie er sich mit seiner Wut durchsetzen wollte, ich sah, wie die Wachen still die Anklagebank verließen und sich zum Richter hin-bewegten. Ich sah, wie sich der Schreiber von seinem plötzlich vernichteten Herrn zurückzog – und sah
    Gerichtsdiener, die alle denkbaren Fluchtwege ab-
    schnitten. Ich sah den schlimmen Mann wie rasend
    um sich schauen, als wolle er aus der Welt entspringen. Vergebens versuchte ich, seinen Blick zu erha-
    schen, aber seine Blicke waren zu sehr ins Weite gerichtet.
    Dann schien er zu verschwinden, als sei er tatsäch-
    lich aus der Welt gesprungen wie ein fabelhaftes Ungetüm mit großer flatternder Robe. Denn bei meinem
    nächsten Blick zur Richterbank fand ich sie leer. Die Wachen müssen ihn ergriffen und abgeführt haben.
    Es war vorüber, und wir hatten gewonnen.
    XXV
    Das war ein Tumult! Zwanzig Minuten lang war es
    unmöglich, sich Gehör zu verschaffen. Alte Herren
    sprangen auf und nieder, um über ihre Nachbarn zu
    sehen. Schimpfen und Schreien, wenn sie auf Füßen
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    landeten, die nicht ihnen gehörten. Dann: »Hoch soll er leben!« das sich über den Sturm des Getöses erhob.
    Wer soll hochleben? Warum? Mister Trumpet!
    Lord Sheringham! Jack Holborn! Tom Furnish! Mi-
    ster Gracechurch – und ein paar Dutzend andere, die sich irgendwie in den allgemeinen Jubel einge-schmuggelt hatten.
    Außerdem wurden einige hölzerne Pfosten zersplit-
    tert, und lange danach erhielt Lord Sheringham eine Rechnung dafür: Für die Reparatur von Geländer im Gerichtssaal, beschädigt bei Gelegenheit des Triumphes Eurer Lordschaft: Zwei Pfund zehn.
    Der Triumph Seiner Lordschaft. Das war’s in der
    Tat. Und in Anbetracht der Umstände überstand er’s
    großartig.
    Im Gerichtssaal hatte er offensichtlich große
    Schwierigkeiten, die Freudentränen zurückzuhalten,
    daß alles so gut gegangen war. Und diese Bemühung
    verlieh ihm eine Art Größe, die einen tief beeindruckte. Als wir dann schließlich in seiner Kutsche saßen –
    der lieblich duftenden Sheringham-Kutsche, die uns
    zur Dover Street fuhr – schüttelte er jedem von uns feierlich die Hand mit einem:
    »Ich danke Ihnen, Mister Solomon Trumpet: ich
    danke Ihnen, Sir. Und ich danke auch dir, Master
    Jack Holborn: ich danke dir für alles, Sir.«
    Er nannte mich »Sir«, was, wie ihr zugeben müßt,
    eine außerordentliche Ehre war. Von so einem Mann!
    Obwohl es nur leise und unsicher gesprochen war,
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    wegen der tiefen Gefühlswallung, die ihn zu dieser
    Zeit überwältigte.
    Dann deutete er auf einen Enthusiasten, dem es ge-
    lang, mitzuhalten, der neben uns her rannte und ei-
    nen zerknautschten altmodischen Hut schwenkte.
    »Dieser

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