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Jack Holborn

Jack Holborn

Titel: Jack Holborn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Garfield
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zeichnete riesige Fragen an die Wand.
    »Was soll aus Dir werden?« Und dann kleiner: »Warum kein Wort von deinem Geheimnis?« Und: »Nichts von deinem Geständnis, wie? Schämen sie sich vor dir?«
    Ich saß zornig im Bett, denn ich wußte, daß das alles unwirklich und wahrscheinlich auf zu viel Wein zurückzuführen war.
    Trotzdem sah ich mir am Morgen die Wand an, an die er recht sorgfältig geschrieben hatte, weil ich nicht wollte, daß so unerfreuliche Mitteilungen dem Anblick anderer Augen preisgegeben würden.
    Aber dann passierte etwas, was mich schnell und listig nach oben gehen ließ, um wieder die Wand zu betrachten. Der Zufall brütet Geister so schnell wie Maden im Käse.
    Denn ich erhielt einen Brief von ihm: vom Mann in Newgate selber. Ein Brief: Jack Holborn, Dover Street 17 , überbracht vom Gefängnisbeamten.
    Er enthielt nichts als Gemeinplätze. Sagte, er hätte sich oft gefragt, was aus mir geworden sei. Fragte sich jetzt noch mehr. War sehr traurig über mein Geheimnis. Verstand meine Gefühle. Trotzdem wünschte er mir Glück, und würde ich ihm einen Gefallen tun – den letzten, den zu erbitten er imstande sein werde – und ihn besuchen, bevor er gehängt wurde? Er hätte ein großes Verlangen, mich wiederzusehen: wenn mir der Weg offenstünde, zu ihm zu kommen.
    »Der Weg offenstünde.« Das waren seine Worte. Vermutlich meinte er, wenn Lord Sheringham und Mister Trumpet keine Einwände erhoben … Er muß etwas dergleichen erwartet haben. Aber wenn dem so war, so irrte er sich. Sie sagten nichts. Daß er den Versuch machen würde, war klar. Er würde nach jedem Strohhalm greifen. Ein Narr hätte das voraussehen können, daß er an einer schwachen Stelle angreifen würde. Er war nicht der Mann, der nachgab – bis er tot war.
    So lasen sie also den Brief zwei- oder dreimal und gaben ihn zurück. Bestimmt waren sie davon nicht überrascht, Mister Trumpet insbesondere schien fast so zornig wie auf einen plumpen Schwindler. Er erzählte mir, was ich lange befürchtet hatte. Das Versprechen war nicht mehr als eine klug erdachte Vermutung und eine billige Lüge, um meine Treue zu erkaufen. Trotzdem wurde ich böse und beschloß, mich von ihm fernzuhalten und, falls das nicht möglich war, nicht mehr zu sagen, als die einfache Höflichkeit verlangte.
    Aber wie sich die Dinge entwickelten, hätte ich mir keine Mühe zu geben brauchen. Am 9. Dezember verschwand Mister Trumpet. Irgendwann an jenem Morgen verließ er das Haus und kam nicht zurück. Mister Trumpet war fort. Unser kluger Ratgeber, unser listiger Gefährte: der liebe, großartige Mister Solomon Trumpet. Das war ein Schlag, mit dem ich nicht gerechnet hatte.
    Er hinterließ eine Nachricht, zur Erklärung. Es war infolge seines Zeugnisses. Ein Haftbefehl war gegen ihn erlassen worden, weil er sich gegen das Deportationsurteil vergangen hatte. Mister Gracechurch – dieser übereifrige Anwalt – hatte es getan. Mister Gracechurch – ich werde ihm diesen Akt der Gesetzestreue nicht vergessen.
    Lange Zeit konnte ich nicht glauben, daß er nicht zurückkommen würde. Schritte auf der Straße, Türen, die sich öffneten und schlossen – alle gaben meinem Herzen einen Stoß. Dann schließlich fügte ich mich und fühlte mich infolgedessen kalt und einsam.
    Ich wunderte mich, daß Lord Sheringham ihm nicht nachschickte (es hätte sich ja wegen des Haftbefehls etwas tun lassen), aber er sagte, Mister Trumpet würde es uns nicht danken. Er war kein Kind, das wartete, bis man ihm gut zuredete. Er war ein erwachsener Mann, der sehr gut wußte, was er im Sinn hatte. Er würde von selbst wiederkommen, wenn er wollte, und keinen Tag früher.
    Am 10. Dezember erhielt ich von dem Mann in Newgate einen zweiten Brief. Das war ein Abschied, einfach und still. Er verstand, daß ich nicht zu ihm kommen wollte. Er achtete die Gründe, die ich dafür haben mochte. Er wollte sie nicht wissen. Es tat ihm leid, daß der letzte Abschied so sein sollte, ja daß er überhaupt sein sollte. Es schien, daß er irgendwie eine gute Meinung von mir hatte. Ich hatte ihm einen gewissen Eindruck gemacht. Er dachte oft an mich und würde das auch weiter tun, solange er konnte – was leider nicht so lange war, wie er wohl gewünscht hätte. Aber alle Dinge, die guten und schlechten, müssen ein Ende haben, und da er immerhin sowas wie ein Gentleman sei, würde er nichts verlassen, und am wenigstens die Welt, ohne gebührenden Abschied zu nehmen.
    Er endete mit einem

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