Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen
oder?«
»Ja.«
»Dann hören Sie auf mich und meine Ratschläge. Wir kommen der Gegenseite nicht entgegen. Wir halten Renner auf Distanz und werden es auch weiter so halten.«
»Wie Sie meinen.«
»Danke.«
»Werden Sie erfahren, ob er sich einen anderen Richter sucht oder noch einmal an den ersten wendet?«
»Ich werde weiter meine Fühler ausstrecken. Vielleicht bekommen wir einen Tipp. Spielen Sie aber auf jeden Fall den Überraschten, wenn er mit einem Durchsuchungsbefehl aufkreuzt. Ich muss meine Quelle schützen.«
»Klar.«
Plötzlich durchfuhr Pierce ein Gedanke, der ihm Angst einjagte.
»Was ist mit meinem Büro? Und dem Labor? Wird er das auch durchsuchen wollen?«
Wenn es dazu kam, wäre das Ganze kaum mehr unter Verschluss zu halten. Es würde nach draußen dringen und in die Kreise durchsickern, in denen über neue Technologien gesprochen wurde. Und von dort würde es auf jeden Fall zu Goddard und Bechy gelangen.
»Mit Sicherheit kann ich das nicht sagen, aber ich halte es für ziemlich unwahrscheinlich. Er wird sich auf Örtlichkeiten konzentrieren, an denen die Straftat begangen worden sein könnte. Es wäre sicherlich noch schwieriger für ihn, eine richterliche Genehmigung für die Durchsuchung von Firmenräumen zu erhalten, in denen die Straftat mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht begangen wurde.«
Pierce dachte an das Adressbuch, das er in einem der Schränke im Kopierraum versteckt hatte. Eine direkte Verbindung zu Lilly Quinlan, die zu besitzen er bisher noch nicht zugegeben hatte. Er musste es irgendwie loswerden.
Dann fiel ihm etwas anderes ein.
»Mein Auto haben sie übrigens schon durchsucht«, sagte er. »Das habe ich gemerkt, als ich an besagtem Abend von Lillys Wohnung nach Hause gefahren bin.«
Das zog einen Moment des Schweigens nach sich.
»Wenn sie das getan haben«, sagte Langwiser schließlich »war es nicht rechtmäßig. Ohne einen Zeugen werden wir es aber nie beweisen können.«
»Außer den Cops habe ich dort aber niemand gesehen.«
»Das war sicher nur eine Taschenlampendurchsuchung. Schnell und schmutzig. Wenn er einen Durchsuchungsbefehl bekommt, werden sie es ganz legal machen und nicht nur oberflächlich. Sie werden nach Haar- und Faserspuren suchen, Dinge in der Art. Dinge, die zu klein sind, um sie mit einer Taschenlampe sehen zu können.«
Pierce dachte an den Trinkspruch, den er weniger als eine halbe Stunde zuvor ausgebracht hatte. Ihm wurde bewusst, dass seine Zukunft in zweierlei Hinsicht an einem Staubkorn hängen könnte.
»Deshalb noch mal, ich finde, wir sollten sie eine Durchsuchung machen lassen«, sagte er mit einem Anflug von Trotz in der Stimme. »Vielleicht fangen sie dann endlich an, nach dem wahren Mörder zu suchen, sobald ich sie von meiner Unschuld überzeugt habe.«
»Und wie stellen Sie sich das konkret vor?«
»Keine Ahnung.«
»Na also. Und genau deshalb sollten Sie vorerst nur an sich selbst denken. Sie scheinen sich des Ernsts der Lage nicht bewusst zu sein. Was den Durchsuchungsbefehl angeht, meine ich. Sie denken, bloß weil sie nichts finden werden, kann Ihnen nichts passieren.«
»Hören Sie, Janis, ich bin Chemiker, kein Anwalt. Und ich weiß nur, dass ich ganz gewaltig in der Klemme stecke, aber ich war es nicht. Wenn ich mir des Ernsts der Situation nicht bewusst bin, dann sagen Sie mir genau, worüber ich mir Ihrer Ansicht nach klar werden sollte.«
Es war das erste Mal, dass er seine Frustration ihr gegenüber zum Ausdruck brachte, und er bereute es sofort.
»Tatsache ist, dass ein Cop es auf Sie abgesehen hat, und es ist sehr unwahrscheinlich, dass er sich durch diesen ersten Rückschlag abschütteln lassen wird. Deswegen wird Renner noch lange nicht aufgeben. Er ist geduldig, und er wird so lange weiter machen, bis er findet oder bekommt, was er braucht, um eine Durchsuchung genehmigt zu bekommen. Verstehen Sie das?«
»Ja.«
»Und das ist dann erst der Anfang. Renner ist ein guter Polizist. Und die meisten guten Polizisten, die ich kenne, sind deshalb gut, weil sie hartnäckig sind.«
Pierce spürte, wie seine Körpertemperatur wieder stieg. Er wusste nicht, was er sagen sollte, und sagte deshalb nichts. Schließlich brach Langwiser das Schweigen.
»Da ist noch etwas. Am Samstagabend haben Sie ihnen von Lilly Quinlans Wohnung erzählt und ihnen die Adresse gegeben. Darauf sind sie hingefahren und haben das nachgeprüft. Offiziell durchsucht haben sie die Wohnung allerdings erst am Sonntagnachmittag,
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