Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Der Illuminator zuckte mit den Schultern.
»Und, können Sie?«, fragte Davey.
»Wie ich schon sagte, viele haben mich darum gebeten. Bis heute wusste ich nie, wo sie war.«
»Und jetzt wissen Sie es?« Jack beugte sich näher zu Monty und spitzte die Ohren.
»Jetzt ja. Die Rose hat dich berührt, Jack. Und nun hast du mich berührt. Ein Illuminator – jedenfalls einer, der etwas taugt – kann mehr sehen als nur Licht und Schatten. Wir sehen durch die Risse in Raum und Zeit auf die Unendlichkeit dahinter. Und wenn wir richtig gut sind, dann sehen wir Dinge, die niemand sonst sehen kann. Und ich bin richtig gut. Dank dir kann ich die Rose jetzt sehen. Seltsam, dass sie mir all die Jahre verborgen geblieben ist, aber nun begreife ich, warum.« Monty schmunzelte; das Ganze machte ihm sichtlich Spaß. »Ich denke, du fragst dich jetzt, ob ich dir helfen werde, sie zu finden, oder ob ich lieber schnell Rouland verrate, wo sie ist.«
»Wir haben Ihnen nicht viel anzubieten, aber …«
»Das stimmt nicht, Jack. Ich habe sehr viel gesehen, als wir uns die Hände geschüttelt haben. Du bist ein Springer, nicht wahr?«
»Das erzählt man mir jedenfalls immer wieder«, antwortete Jack zweifelnd.
»Und dazu einer von beträchtlicher Reichweite, wenn ich mich nicht irre. Dann kann ich dir ein Angebot machen. Ich habe nicht viel für Rouland übrig. Er will nichts als Kontrolle. Ich bevorzuge eine Welt mit ein wenig Chaos an den Rändern; das macht das Leben deutlich lebenswerter. Aber Rouland hat mir in der Vergangenheit viel dafür geboten, die Rose ausfindig zu machen, und ich hätte sein Angebot akzeptiert, wenn ich gewusst hätte, wie ich meine Seite des Geschäftes erfüllen könnte, wozu ich bis heute nicht in der Lage gewesen bin. Die Rose besitzt große Macht, wenn man den Legenden glauben darf. Rouland will diese Macht, um über die Anderswelt und sämtliche anderen Reiche herrschen zu können, inklusive unserem. Es ist natürlich alles nur geflüsterter Unsinn, aber Rouland glaubt daran und behauptet, dass er schon einmal dort gewesen ist. An Derartiges zu glauben kann sehr gefährlich sein.«
»Aber die Rose existiert?«
»Doch, gewiss. Ich stelle ihre Existenz nicht länger in Frage. Was den Volksglauben betrifft, der sie umgibt …« Monty winkte ab.
»Wo kann ich sie finden?«
»Zunächst musst du mir geben, was ich begehre, dann verrate ich dir den Aufenthaltsort der Rose. Du kannst damit anfangen, was immer du für richtig hältst, und Rouland braucht nie davon zu erfahren.«
»Was wollen Sie von mir?«, fragte Jack beunruhigt.
Monty grinste breit. »Schnurstracks zur Sache. Sehr gut, junger Jack. Ich möchte etwas, das nur du mir geben kannst. Ich bin Sammler, wie du siehst.« Er deutete auf die vielen Regale voller seltener Bücher und Ziergegenstände. »Als ich jung war, habe ich meine Gabe dazu benutzt, Sachen zu finden, seltene Gegenstände, die in der Zweiten Welt einen Wert besaßen. Ich habe ein angenehmes Leben hier in diesem Haus geführt, und mit der Zeit ist mir meine Sammlung mehr ans Herz gewachsen, als du dir vorstellen kannst. Aber das Problem am Sammeln schöner Dinge ist, dass man nie zufrieden ist. Immer gibt es noch etwas Schönes, das fehlt.«
Monty erhob sich langsam; seine alten Knochen knackten, obwohl er nicht viel wog. Er hinkte zu seinen Büchern und studierte die Titel, strich mit den Fingerspitzen über die Buchrücken.
»Wie weit zurück kannst du gehen?«, fragte er. »Wie weit in die Vergangenheit bringen dich die Tränentunnel, Jack?«
»Keine Ahnung, ich habe das noch nicht …«
»Er ist der Beste, den ich je gesehen habe«, unterbrach Davey ihn. »Wenn irgendjemand etwas für Sie besorgen kann, dann Jack.«
Monty lachte. »Du bist ein hervorragender Geschäftsmann, Davey. Ich benötige ein Buch: Über das Wesen der Verborgenen Reiche von Magnus Hafgan.«
Eloise riss die Augen auf. »Dieses Buch wollt Ihr? Euer Preis ist zu hoch.«
»Natürlich.« Monty lachte glucksend. »Ich hätte mir denken können, dass Sie davon wissen.«
»Rouland hat dieses Buch ebenfalls gesucht. Darin ist ein Führer enthalten, ein Weg zurück in die Anderswelt. Das kombiniert mit der Rose und er hätte alles, wonach es ihn verlangt.«
»Ja«, sagte Monty beruhigend. »Es ist eine überaus seltene Ausgabe. Tatsächlich gibt es nur ein Exemplar, das zuletzt im Januar 1813 dokumentiert worden ist.« Er sprach das Datum ganz langsam aus und ließ das Ausmaß seiner Bitte deutlich
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