Jack Reacher 01: Größenwahn
Bentleys und schloß den Deckel. Dann mußte ich nur noch mit einem Zweig alle Fußspuren verwischen.
Ich fuhr langsam mit dem Bentley ostwärts nach Margrave zurück und nutzte die Zeit, um mich zu beruhigen. Es war ein einfacher Hinterhalt gewesen, keine technischen Schwierigkeiten, keine wirkliche Gefahr. Ich hatte dreizehn Jahre harte Zeiten hinter mir. Ich sollte einen Einzelkampf gegen zwei Amateure im Schlaf durchstehen können. Aber mein Herz schlug heftiger, als es sollte, und ein kalter Adrenalinstoß hatte mich aufgeputscht. Der Anblick von Spivey mit seinen seitwärts gefalteten Beinen hatte das verursacht. Ich atmete tief und gewann die Beherrschung wieder. Mein rechter Arm schmerzte. Als hätte jemand mit einem Hammer auf meine Handfläche geschlagen. Der Schmerz zog sich bis zur Schulter hoch. Diese Desert Eagle hatte einen höllischen Rückstoß. Und machte einen höllischen Krach. Meine Ohren klingelten immer noch von den beiden Explosionen. Aber es ging mir gut. Es war gute Arbeit gewesen. Zwei Männer waren mir bis hierher gefolgt. Bis hierher, und nicht weiter.
Ich parkte am Polizeirevier auf dem Platz, der am weitesten von der Tür entfernt war. Steckte meine Waffe zurück in das Handschuhfach und stieg aus dem Wagen, Es wurde spät. Die Abenddämmerung brach herein. Der riesige Himmel über Georgia verdüsterte sich. Verwandelte sich in ein dunkles Tintenblau. Der Mond ging auf.
Roscoe saß an ihrem Schreibtisch. Sie stand auf, als sie mich sah und kam herüber. Wir gingen zurück durch die Tür. Liefen ein paar Schritte. Küßten uns.
»Irgendwas von den Mietwagenleuten?« fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf.
»Morgen«, sagte sie. »Picard kümmert sich darum. Er tut sein Bestes.«
»Okay. Welche Hotels gibt es am Flughafen?«
Sie leierte eine Liste mit Namen herunter. So ziemlich dieselben Hotels, die man an jedem Flughafen findet. Ich nannte den ersten Namen auf der Liste. Dann erzählte ich ihr, was mit den Latinos aus Florida passiert war. Letzte Woche hätte sie mich dafür verhaftet. Mich auf den elektrischen Stuhl geschickt. Jetzt war ihre Reaktion eine andere. Diese vier Männer, die in Gummiüberschuhen durch ihr Haus getappt waren, hatten ihre Ansichten über eine Menge Dinge verändert. Also nickte sie nur und zeigte kurz ein grimmiges, zufriedenes Lächeln.
»Zwei weniger«, sagte sie. »Gute Arbeit, Reacher. Gehörten sie dazu?«
»Letzte Nacht? Nein. Sie waren nicht von hier. Wir können sie nicht zu Hubbles zehn Leuten zählen. Sie waren bezahlte Hilfe von außerhalb.«
»Waren sie gut?« fragte sie.
Ich sah sie achselzuckend an. Machte eine unentschiedene Geste mit meiner Hand.
»Nicht wirklich. Jedenfalls nicht gut genug.«
Dann erzählte ich ihr, was ich im Kofferraum des Buicks gefunden hatte. Sie erschauerte noch einmal.
»Also ist er einer von den zehn?« fragte sie. »Spivey?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Nein, das glaube ich nicht. Auch er war Hilfe von außerhalb. Niemand würde eine Schnecke wie ihn dabeihaben wollen.«
Sie nickte. Ich öffnete den Bentley und nahm die Waffe aus dem Handschuhfach. Sie war zu groß für meine Tasche. Also steckte ich sie zu der Schachtel mit der Munition zurück. Roscoe legte das Ganze in den Kofferraum ihres Chevys. Ich nahm die Tüte mit den blutverschmierten Sachen heraus. Schloß den Bentley ab und ließ ihn auf dem Polizeiparkplatz stehen.
»Ich werde noch einmal Molly anrufen«, sagte ich. »Ich gerate da ziemlich tief hinein. Ich brauche ein paar Hintergrundinformationen. Es gibt da einige Dinge, die ich nicht verstehe.«
Das Revier war ruhig, also benutzte ich das Rosenholzbüro. Ich wählte die Nummer in Washington und erwischte Molly beim zweiten Klingeln.
»Können Sie sprechen?« fragte ich sie.
Sie bat mich, einen Moment zu warten, und ich hörte, wie sie aufstand und die Tür zu ihrem Büro schloß.
»Es ist zu früh, Jack«, sagte sie. »Ich bekomme die Unterlagen erst morgen.«
»Ich brauche mehr Informationen«, sagte ich. »Ich muß diese internationale Sache verstehen, die Joe gemacht hat. Ich muß wissen, warum hier etwas passiert, wenn das Geschäft eigentlich im Ausland läuft.«
Ich hörte, wie sie darüber nachdachte, wo sie beginnen sollte.
»Okay, Hintergrundinformationen«, sagte sie. »Ich schätze, Joes Annahme war, daß das Ganze vielleicht von hier aus kontrolliert wird. Und es ist sehr schwierig zu erklären, aber ich will es versuchen. Das Fälschen passiert im Ausland, und
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