Jack Reacher 01: Größenwahn
einen Fleck weg, den es gar nicht gab. Starrte mit ungläubigen Augen zu mir hoch.
»Ich könnte Sie für eine derartige Äußerung einsperren lassen.«
»Und ich könnte dir den Kopf abreißen«, sagte ich zu ihm. »Und dann könnte ich ihn an deinen dreckigen, alten Arsch kleben.«
Wir standen da und starrten uns eine ganze Zeitlang an. Teale umklammerte seinen schweren Stock, als wollte er ihn heben und mich damit schlagen. Ich konnte sehen, wie sich seine Hand darum spannte und sein Blick meinen Kopf streifte. Aber schließlich stolzierte er nur aus dem Büro und schlug die Tür hinter sich zu. Ich öffnete sie einen Spalt und spähte hinter ihm her. Er griff nach einem Telefonhörer an einem der Schreibtische im Mannschaftsraum. Er würde Kliner anrufen. Er würde ihn fragen, wann zum Teufel er etwas wegen mir unternehmen würde. Ich schloß die Tür wieder und wandte mich Finlay zu.
»Was ist das Problem?« fragte ich ihn.
»Wir stecken ernsthaft in der Scheiße«, sagte er. »Aber haben Sie einen Blick in den Truck geworfen?«
»Ich komme sofort darauf zurück«, sagte ich, »Also was gibt es hier für ein Problem?«
»Wollen Sie zuerst das kleine hören?« fragte er. »Oder das große?«
»Das kleine zuerst.«
»Picard braucht Roscoe noch einen Tag«, sagte er. »Hat keine andere Wahl.«
»Verdammt noch mal. Ich wollte sie sehen. Ist sie einverstanden?«
»Laut Picard, ja.«
»Das fängt ja gut an. Und was ist also das große Problem?«
»Jemand ist uns voraus«, flüsterte er.
»Uns voraus?« fragte ich nach. »Was meinen Sie damit?«
»Die Liste Ihres Bruders. Die Initialen und die Bemerkung über Sherman Stollers Garage. Zuerst kam heute morgen ein Telex vom Atlanta Police Department. Stollers Haus ist heute nacht abgebrannt. Drüben am Golfplatz, wo Sie mit Roscoe waren. Total niedergebrannt, mit Garage und allem. Abgefackelt. Jemand hat über das ganze Grundstück Benzin geschüttet.«
»Mein Gott«, sagte ich. »Was ist mit Judy?«
»Ein Nachbar hat ausgesagt, daß sie Dienstag nacht verschwunden ist. Direkt, nachdem Sie mit ihr gesprochen haben. Ist nicht zurückgekommen. Das Haus war leer.«
Ich nickte.
»Judy ist eine kluge Frau«, sagte ich. »Aber das gibt ihnen noch keinen Vorsprung vor uns. Wir haben uns die Garage bereits angesehen. Wenn sie versuchen wollten, etwas zu verbergen, sind sie zu spät gekommen. Es gab sowieso nichts zu verbergen, richtig?«
»Und die Initialen«, sagte er. »Die Universitäten. Ich habe den Typen von Princeton heute morgen identifiziert. W.B. war Walter Bartholomew. Ein Professor. Er wurde letzte Nacht vor seinem Haus umgebracht.«
»Scheiße. Und wie?«
»Erstochen. Die Polizei von Jersey hält es für Straßenraub. Aber wir wissen es besser, oder?«
»Noch mehr gute Nachrichten?«
Er schüttelte den Kopf.
»Noch schlimmere«, sagte er. »Bartholomew wußte etwas. Sie erwischten ihn, bevor er mit uns sprechen konnte. Sie sind uns voraus, Reacher.«
»Er wußte etwas?« fragte ich. »Was?«
»Weiß ich nicht. Als ich unter der Nummer anrief, erreichte ich so einen wissenschaftlichen Angestellten, der für Bartholomew gearbeitet hat. Es scheint, daß Bartholomew über irgend etwas ziemlich aus dem Häuschen war, er blieb gestern bis spät in die Nacht in seinem Büro und arbeitete. Dieser Assistent brachte ihm alle möglichen alten Unterlagen. Bartholomew ging sie durch. Er machte spät Feierabend, sandte eine E-Mail an Joes Adresse und ging nach Hause. Er lief dem Straßenräuber in die Arme, und das war's dann.«
»Und was stand in der E-Mail?«
»Halten Sie sich für einen Anruf morgen früh bereit. Dieser Assistent sagt, anscheinend sei Bartholomew auf etwas Wichtiges gestoßen.«
»Scheiße«, sagte ich wieder. »Was ist mit den Initialen in New York? K. K.?«
»Weiß ich noch nicht«, erwiderte Finlay. »Ich schätze, dahinter verbirgt sich ein anderer Professor. Wenn sie ihn noch nicht haben.«
»Okay. Ich werde ihn in New York aufsuchen.«
»Warum der Aufwand?« fragte Finlay. »Gab es ein Problem mit dem Lkw?«
»Ein großes Problem. Der Lkw war leer.«
Eine ganze Weile herrschte Stille in dem Büro.
»Er fuhr leer zurück?« fragte Finlay.
»Ich warf einen Blick hinein, direkt nachdem ich Sie angerufen hatte. Er war leer. Es war überhaupt nichts drin. Nur frische Luft.«
»Herrgott noch mal.«
Er wirkte betroffen. Er konnte es nicht glauben. Er hatte Roscoe für ihre Vertriebstheorie bewundert. Er hatte ihr
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