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Jack Reacher 01: Größenwahn

Jack Reacher 01: Größenwahn

Titel: Jack Reacher 01: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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sehr heiß. Gut dreißig Grad. Herrliches Herbstwetter im Süden. Ich lief die Viertelmeile zur Main Street, eine sanfte, gewundene Steigung, hinauf. Alles war wunderbar gepflegt. Überall standen hohe Magnolien, und die Sträucher zeigten späte Blüten.
    Ich bog am Drugstore ab und schlenderte die Main Street hoch. Die Bürgersteige waren gefegt worden. Ich konnte mehrere Gärtnertrupps in den kleinen Parks sehen. Sie stellten Sprinkleranlagen auf und karrten alles mögliche aus schicken grünen Lieferwagen heran, auf denen in Goldbuchstaben Kliner-Stiftung stand. Ein paar Männer strichen den Palisadenzaun. Ich winkte den zwei alten Friseuren in ihrem Laden zu. Sie lehnten am Eingang, als würden sie auf Kunden warten. Sie winkten zurück, und ich ging gutgelaunt weiter.
    Eno's kam in Sicht. Die polierte Metallverkleidung glänzte in der Sonne. Roscoes Chevrolet stand auf dem Parkplatz. Direkt daneben stand auf dem Kies der schwarze Pick-up, den ich einen Tag vorher vor dem Drugstore gesehen hatte. Ich kam beim Diner an und trat ein. Am Freitag war ich durch die Tür geschoben worden, während Stevensons Flinte auf meinen Bauch zielte. Ich hatte Handschellen getragen. Ich fragte mich, ob mich die Leute vom Diner wohl wiedererkannten. Wahrscheinlich. Margrave war ein sehr ruhiger Ort. Nicht viele Durchreisende.
    Roscoe saß in derselben Nische, die ich am Freitag gewählt hatte. Sie war wieder in Uniform und sah so sexy aus wie sonst nichts auf der Welt, Ich ging zu ihr hinüber. Sie lächelte zärtlich zu mir hoch, und ich beugte mich vor, um sie auf den Mund zu küssen. Sie glitt über den Plastiksitz näher ans Fenster. Zwei Becher mit Kaffee standen auf dem Tisch, Ich schob einen zu ihr.
    Der Fahrer des schwarzen Pick-up saß an der Theke. Der Kliner-Junge, der Stiefsohn der bleichen Frau. Er hatte den Hocker umgedreht und lehnte mit seinem Rücken an der Theke. Er saß breitbeinig da, hatte die Ellbogen aufgestützt, den Kopf hoch erhoben und starrte mich mit brennendem Blick an. Ich drehte ihm meinen Rücken zu und küßte Roscoe noch einmal.
    »Wird das deine Autorität untergraben? Wenn man dich sieht, wie du einen Landstreicher küßt, der hier am Freitag verhaftet wurde?«
    »Wahrscheinlich«, sagte sie. »Aber wen kümmert das?«
    Also küßte ich sie noch einmal. Der Kliner-Sohn beobachtete uns. Ich konnte seinen Blick auf meinem Nacken spüren und drehte mich um, um zurückzublicken. Er hielt meinem Blick eine Sekunde lang stand, dann glitt er vom Hocker und verschwand. Blieb an der Tür stehen und sah mich ein letztes Mal an. Dann hastete er zu seinem Pick-up und fuhr los. Ich hörte das Aufheulen des Motors, und dann war das Diner ruhig. Es war mehr oder weniger leer, genau wie am Freitag. Ein paar alte Männer und ein paar Kellnerinnen. Es waren dieselben wie am Freitag. Beide blond, die eine größer und schwerer als die andere. In Berufskleidung. Die kleinere trug eine Brille. Sie sahen nicht wirklich gleich aus, aber ähnlich. Wie Schwestern oder Kusinen. Mit denselben Genen irgendwie. Es war eine kleine Stadt, meilenweit weg vom Schuß.
    »Ich habe eine Entscheidung getroffen«, sagte ich. »Ich muß herausfinden, was mit Joe passiert ist. Also entschuldige ich mich schon jetzt mal, falls ich euch in die Quere kommen sollte, okay?«
    Roscoe zuckte die Schultern und lächelte zärtlich. Sah aus, als wäre sie in Sorge um mich.
    »Du wirst uns nicht in die Quere kommen«, sagte sie. »Warum solltest du?«
    Ich nippte an meinem Kaffee. Es war guter Kaffee. Das hatte ich schon am Freitag gedacht.
    »Wir haben den zweiten Toten identifiziert. Seine Fingerabdrücke passen zu jemandem, der vor zwei Jahren in Florida festgenommen wurde. Sein Name war Sherman Stoller. Sagt dir der Name irgendwas?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Noch nie gehört.«
    Dann ging ihr Piepser los. Es war ein kleines, schwarzes Ding, das an ihrem Gürtel befestigt war. Es war mir vorher noch nicht aufgefallen. Vielleicht mußte sie ihn nur während der Arbeitszeit tragen. Er piepste ohne Unterbrechung, bis sie ihn endlich abstellte.
    »Verdammt«, sagte sie. »Ich muß mal anrufen. Tut mir leid. Ich werde das Telefon im Wagen benutzen.«
    Ich glitt aus der Nische und trat zurück, um sie vorbeizulassen.
    »Bestell mir irgendwas zu essen, okay? Ich nehme, was du nimmst.«
    »Okay, welche Kellnerin ist unsere?«
    »Die mit der Brille.«
    Sie ging aus dem Diner. Ich sah, wie sie sich ins Auto beugte und nach dem Telefon griff.

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