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Jack Reacher 01: Größenwahn

Jack Reacher 01: Größenwahn

Titel: Jack Reacher 01: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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aus Georgia raus. Ich fand in dem Fach in der Rücklehne des Fahrersitzes eine Landkarte. Schaute sie mir genau an und dachte, wenn wir eine Stunde oder anderthalb nach Westen fuhren, an Warburton vorbei, dann würden wir die Staatsgrenze nach Alabama überqueren. Das hatte ich vor. Mit Roscoe westwärts nach Alabama brausen und an der ersten Bar mit Live-Musik halten, die wir sähen. Meine Probleme bis zum nächsten Tag auf Eis legen. Etwas Einfaches essen, kühles Bier trinken, bluesigen Sound hören. Mit Roscoe. Meine Vorstellung von einem verteufelt guten Abend. Ich lehnte mich zurück, um auf sie zu warten. Die Dunkelheit brach herein. Ich spürte, wie die Abendluft leicht abkühlte. Gegen sechs Uhr schlugen erste riesige Tropfen auf das Dach des Bentleys. Ich hatte den Eindruck, daß ein heftiges Abendgewitter heranzog, aber nie wirklich ankam. Es brach nicht wirklich los. Nur die großen ersten Tropfen, die herabspritzten, als würde sich der Himmel anstrengen, sich zu entladen, als könne er aber nicht loslassen. Es wurde sehr dunkel, und der schwere Wagen schaukelte sanft im feuchten Wind.
    Roscoe kam spät. Das Unwetter drohte schon zwanzig Minuten über mir, bevor ich sah, wie sich ihr Chevy die Steigung herunterwand. Ihre Scheinwerfer huschten nach rechts und links. Sie glitten über mich, als sie in die Einfahrt einbog. Dann strahlten sie gegen ihr Garagentor und erstarben, als sie den Motor abstellte. Ich stieg aus dem Bentley und ging zu ihr hinüber. Wir umarmten und küßten uns. Dann gingen wir ins Haus.
    »Alles klar?« fragte ich sie.
    »Schätze ja«, sagte sie. »Höllischer Tag heute.«
    Ich nickte. Konnte man sagen.
    »Fertig?« fragte ich sie.
    Sie ging umher und knipste die Lampen an. Zog Vorhänge zu.
    »Heute morgen, das war das Schlimmste, was ich je gesehen habe. Bei weitem das Schlimmste. Aber ich sag dir was, was ich niemandem sonst sagen würde. Fertig war ich nicht. Nicht wegen Morrison. Du kannst nicht wegen eines solchen Typen fertig sein. Aber ich bin wegen seiner Frau fertig. Es ist schon schlimm genug, mit einem Typen wie Morrison zu leben. Aber mit ihm zu sterben?«
    »Was ist mit den anderen?« fragte ich sie. »Teale?«
    »Das überrascht mich nicht«, erwiderte sie. »Die ganze Familie ist schon seit zweihundert Jahren Abschaum. Ich weiß alles über sie. Seine Familie und meine kennen sich schon lange. Warum sollte er anders sein? Aber, mein Gott, ich bin so froh, daß sich die anderen im Department als sauber herausgestellt haben. Ich hatte Angst davor herauszufinden, daß einer der anderen auch zu denen gehört. Ich weiß nicht, ob ich das hätte verkraften können.«
    Sie ging in die Küche, und ich folgte ihr. Sie wurde ruhig. Sie brach nicht zusammen, aber es ging ihr auch nicht gut. Sie zog die Tür des Kühlschranks auf. Diese Geste hieß: Der Schrank ist leer. Sie lächelte mich müde an.
    »Hast du Lust, mir was zum Essen zu besorgen?« fragte sie.
    »Sicher«, sagte ich. »Aber nicht hier. In Alabama.«
    Ich erzählte ihr, was ich vorhatte. Ihr gefiel der Plan. Sie wurde fröhlicher und ging, um sich zu duschen. Ich dachte, daß ich ebenfalls eine Dusche gebrauchen konnte, und ging mit ihr. Aber es kam zu einer Verzögerung, denn als sie anfing, ihr steifes Uniformhemd aufzuknöpfen, verlagerten sich meine Prioritäten. Der Lockruf einer Bar in Alabama wurde schwächer. Und die Dusche konnte auch warten. Sie trug schwarze Unterwäsche unter der Uniform. Nicht gerade solide Sachen. Wir endeten in einer Art Raserei auf dem Boden des Badezimmers. Das Gewitter brach draußen endlich los. Der Regen schlug gegen das kleine Haus. Blitze zuckten, und Donner rollten um uns herum.
    Wir schafften es schließlich bis zur Dusche. Aber dann brauchten wir sie auch wirklich. Nachher lag ich auf dem Bett, während Roscoe sich anzog. Sie entschied sich für verblichene Jeans und ein Seidenhemd. Wir schalteten die Lampen wieder aus, schlossen ab und fuhren im Bentley davon. Es war halb acht, und das Unwetter trieb nach Osten, Richtung Charleston, bevor es sich über dem Atlantik auflöste. Würde morgen vielleicht bei den Bermudas ankommen. Wir fuhren in einen tiefrosa Himmel nach Westen. Ich fand die Straße nach Warburton. Fuhr die Landstraße zwischen den endlosen dunklen Feldern entlang und am Gefängnis vorbei. Es brütete in seinem gespenstisch gelben Licht vor sich hin.
    Eine halbe Stunde hinter Warburton hielten wir, um den Riesentank des alten Wagens aufzufüllen.

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