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Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Titel: Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Klinkergebäuden eingeklemmt stand, die Fabriken oder Lagerhäuser gewesen waren, bevor man sie vor Jahrzehnten aufgegeben hatte. Links neben dem Eingang befand sich ein vor Schmutz starrendes Schaufenster, rechts eine schmale Garage mit geöffnetem Tor. In diesen engen Raum war ein fabrikneuer Lincoln Navigator gequetscht. Reacher kannte das Modell nur von Zeitungsanzeigen. Eigentlich war dieser große Geländewagen ein Ford, der eine Luxusausstattung erhalten hatte, damit er als Lincoln verkauft werden konnte. Dieser hier besaß eine schwarze Metalliclackierung und war bestimmt mehr wert als das Holzhaus, in dessen Einbaugarage er stand.
    Jodie fuhr daran vorbei - nicht schnell, nicht langsam, nur mit der dem miserablen Straßenzustand angepassten Geschwindigkeit. Reacher verrenkte sich den Hals, um Rutters altes Haus im Vorbeifahren zu begutachten. Jodie bog links ab und lenkte den Wagen einmal um den Block. Hinter der Gebäudezeile sah Reacher kurz eine Gasse, in der rostige Feuerleitern über Abfallhaufen herabhingen.
    »Wie stellen wir’s an?«, fragte Jodie.
    »Wir gehen einfach rein«, sagte er. »Achten auf seine Reaktion. Weiß er, wer wir sind, taktieren wir entsprechend. Weiß er’s nicht, taktieren wir anders.«
    Jodie parkte dreißig Meter südlich des Schaufensters im Schatten eines Lagerhauses mit geschwärzter Klinkerfassade. Sie schloss den Wagen ab. Als sie sich dem Haus näherten, konnten sie vom Gehsteig aus erkennen, was hinter der schmutzigen Schaufensterscheibe lag. Eine traurige Ansammlung von Waren aus Überschussbeständen der U.S. Army: staubige alte Tarnjacken, Feldflaschen und Stiefel, Funkgeräte, Einmannrationen und Helme. Manche dieser Dinge waren schon veraltet gewesen, als Reacher seine Ausbildung in West Point abgeschlossen hatte.
    Die Ladentür ließ sich nur schwer öffnen, weil sie bei der Bewegung eine Glocke betätigte. Ein primitiver Mechanismus, bei dem die Tür eine Feder auslöste, die wiederum die Glocke anschlug. Der Laden war leer. Rechts befand sich ein langer Ladentisch, hinter dem eine Tür in die Garage führte. An einem runden verchromten Ständer hingen Tarnanzüge aus Militärbeständen. Die Wandregale waren mit weiterem Krempel vollgestopft. Der Hinterausgang war doppelt verriegelt und mit einer Alarmanlage gesichert. Dort standen fünf Stühle mit roten Kunstlederpolstern nebeneinander. Der Fußboden um sie herum war mit Zigarettenstummeln und leeren Bierflaschen übersät. Trotz der schwachen Beleuchtung war die dicke Staubschicht, die sich über Jahre angesammelt hatte, nicht zu übersehen.
    Reacher ging voraus. Die Bodenbretter knarrten unter seinen Füßen. Nach wenigen Schritten konnte er hinter dem Ladentisch eine geöffnete Falltür sehen. Eine stabile Tür aus Fichtenbrettern mit schweren Messingscharnieren und von der Berührung durch Generationen von Händen fettig glänzendem Vorderrand. In der Öffnung waren Fußbodenbalken und eine schmale Treppe aus dem gleichen alten Fichtenholz zu erkennen. Aus dem hell beleuchteten Keller hörte man das Geräusch von Schritten, die über den Betonboden schlurften.
    »Bin gleich da, wer, zum Teufel, Sie auch sind!«, rief eine Stimme aus dem Loch.
    Die irgendwo zwischen Überraschung und Übellaunigkeit angesiedelte Stimme eines Mannes in mittleren Jahren, der keinen Besuch erwartete. Jodie sah zu Reacher, und der umfasste den Griff der Steyr in seiner Tasche.
    Der Kopf eines Mannes tauchte in Fußbodenhöhe auf, dann seine Schultern und sein Oberkörper, als er die Treppe heraufkam. Der Kerl in dem verwaschenen olivgrünen Arbeitsanzug war so dick, dass er Schwierigkeiten hatte, sich durch die Öffnung zu zwängen. Er hatte fettiges graues Haar, einen zottigen grauen Bart, ein fleischiges Gesicht und kleine Augen. Er kam auf Händen und Knien aus dem Loch und richtete sich schnaufend auf.
    »Kann ich was für Sie tun?«, fragte er.
    Dann tauchte ein zweiter Kerl aus dem Keller hinter ihm auf. Und noch einer. Und noch einer. Und noch einer. Vier Männer insgesamt. Einer nach dem anderen richtete sich auf, starrte Reacher und Jodie an und ging dann zu den mit Kunstleder gepolsterten Stühlen hinüber. Große, stämmige, tätowierte Kerle, alle in verwaschenen olivgrünen Arbeitsanzügen. Sie saßen mit über gewaltigen Bierbäuchen verschränkten Armen da.
    »Kann ich was für Sie tun?«, fragte der erste Mann wieder.
    »Sind Sie Rutter?«, sagte Reacher.
    Der Kerl nickte. In seinem Blick lag kein Erkennen.

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