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Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Titel: Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Bankett stehen. Wandte sich Reacher zu und starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
    »Dann muss es Rutter sein!«, sagte sie. »Wer käme sonst in Frage? Er betreibt ein florierendes Schwindelunternehmen, stimmt’s? Und er tut alles, damit es nicht auffliegt. Glaubt, dass wir genau das Vorhaben. Deshalb hat er seine Leute auf uns gehetzt. Und wir begeben uns jetzt freiwillig in die Höhle des Löwen!«
    Reacher lächelte. »Ja, das Leben ist voller Gefahren.«

    Marilyn musste geschlafen haben, denn sie wachte steif und frierend auf, als Geräusche zu hören waren. Da die Toilette kein Fenster besaß, wusste sie nicht, wie spät es war. Sie vermutete, dass es Morgen war. Chester, der links von ihr an die Wand gelehnt dahockte, fixierte mit leerem Blick einen Punkt über dem Waschbecken. Er wirkte völlig teilnahmslos. Sie wandte sich ihm zu, aber er reagierte nicht einmal, als sie ihn direkt ansah. Rechts lag Sheryl auf ihren Badetüchern zusammengerollt. Sie atmete geräuschvoll durch den Mund. Ihre schwarz verfärbte Nase war dick geschwollen und glänzte. Marilyn starrte sie an und schluckte trocken. Wandte sich wieder ab und presste ihr Ohr an die Tür. Horchte angestrengt.
    Draußen im Büro hörte sie zwei Männerstimmen, die leise miteinander sprachen. Im Hintergrund waren die Aufzüge zu vernehmen. Und sehr schwache Verkehrsgeräusche, in die sich einige Sekunden lang Sirenengeheul mischte. Triebwerkslärm, als drehe ein auf dem JFK-Flughafen gestartetes großes Verkehrsflugzeug über dem Hafen nach Westen ab. Marilyn stand leise auf.
    Ihre Schuhe hatte sie irgendwann im Lauf der Nacht abgestreift. Sie fand sie halb unter dem Stapel Badetücher begraben, schlüpfte hinein und trat ans Waschbecken. Chester starrte geradewegs durch sie hindurch. Sie betrachtete sich im Spiegel. Nicht allzu schlimm, dachte sie. Die letzte Nacht, die sie nach einer Studentenparty auf dem Fußboden eines Badezimmers verbracht hatte, lag über zwanzig Jahre zurück, und sie sah jetzt nicht viel schlechter aus als damals. Sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und tupfte etwas Wasser auf ihre Lider. Dann schlich sie leise zur Tür zurück und horchte wieder.
    Zwei Männerstimmen, aber sie war sich ziemlich sicher, dass Hobie nicht dabei war. Das schloss sie aus dem Tonfall. Die beiden Männer unterhielten sich, aber das klang nicht nach Befehl und Gehorsam. Sie schob den Stapel Badetücher mit ihrem rechten Fuß beiseite, atmete tief durch und öffnete die Tür.
    Die Männer verstummten, wandten sich ihr zu, starrten sie an. Der eine, den sie als Tony kannte, saß seitlich auf dem Sofa gegenüber dem Schreibtisch. Vor ihm hockte ein ihr unbekannter Mann auf der Kante des Couchtischs: ein stämmiger Kerl in einem Anzug, nicht groß, aber massig. Der Platz hinter dem Schreibtisch war leer. Hobie war nirgends zu sehen. Die Jalousien waren geschlossen, aber Marilyn konnte erkennen, dass draußen die Sonne schien. Es war schon später, als sie gedacht hatte. Als sie wieder zum Sofa hinübersah, lächelte Tony ihr zu.
    »Gut geschlafen?«, fragte er.
    Sie gab keine Antwort. Starrte ihn nur ausdruckslos an, bis Tonys unverschämtes Lächeln verschwand. Eins zu null für mich, dachte sie.
    »Ich habe die Sache mit meinem Mann besprochen«, log sie.
    Tony sah sie gespannt an, wartete, dass sie fortfahren würde. Sie ließ ihn warten. Zwei zu null, dachte sie.
    »Wir sind mit der Übertragung der Aktien einverstanden«, sagte sie. »Aber das geht nicht so einfach. Es wird einige Zeit dauern. Dabei spielen Faktoren eine Rolle, die Sie vermutlich nicht berücksichtigt haben. Wir tun es, aber wir erwarten dafür ein Mindestmaß an Kooperation von Ihrer Seite.«
    Tony nickte. »Woran denken Sie?«
    »Das bespreche ich mit Hobie«, sagte sie. »Nicht mit Ihnen.«
    In dem dunklen Büro herrschte Stille. Von draußen drangen nur schwache Geräusche herein. Sie konzentrierte sich auf ihre Atmung. Einatmen, ausatmen, ein, aus.
    »Okay«, sagte Tony.
    Drei zu null, dachte sie.
    »Wir wollen Kaffee«, sagte sie. »Drei Tassen, Sahne und Zucker.«
    Wieder Schweigen. Dann nickte Tony, und der stämmige Mann stand auf. Er ging durchs Büro in Richtung Küche. Vier zu null, dachte sie.

    Die von Rutter auf seinem Brief angegebene Adresse lag in einem heruntergekommenen Viertel einige Blocks südlich des Gebiets, für das noch Hoffnung auf eine spätere Sanierung bestand. Ein verwahrlostes Holzhaus, das zwischen verfallenden dreistöckigen

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