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Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Titel: Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Einsatzzeit. Dann folgten weitere Berichte. Genau die gleiche Arbeit, genau das gleiche Schema. Aus der zweiten Einsatzzeit gab es weniger Berichte. Das letzte Blatt in der Akte war eine Beschreibung über Oberleutnant Victor Hobies 991. Einsatz. Kein Routineflug für die First Cavalry, sondern ein Spezialauftrag. Er startete in Pleiku und flog nach Osten zu einer improvisierten Landungszone am An-Khe-Pass, um als einer von zwei Slicks zu landen und die dort wartenden Männer auszufliegen. DeWitt begleitete ihn mit der zweiten Maschine. Hobie erreichte das Ziel als Erster. Er setzte unter schwerem MG-Feuer mitten in der winzigen Landungszone auf und nahm lediglich drei Männer an Bord, mit denen er sofort wieder abhob. Die Huey startete in feindlichem Feuer, das die Bordschützen blindlings durchs Blätterdach des Dschungels erwiderten. DeWitt kreiste über ihm, als Hobie startete, und sah, wie das Triebwerk seiner Huey von einem Feuerstoß aus einem schweren MG durchsiebt wurde. In seinem dem Kompanieschreiber diktierten Bericht hieß es, er habe das Stillstehen des Rotors und aus dem Treibstofftank schlagende Flammen beobachtet. Vier Meilen westlich der Landungszone stürzte der Hubschrauber mit schätzungsweise über achtzig Meilen Fahrt in flachem Winkel in den Dschungel. DeWitt berichtete, er habe durchs Blätterdach einen grünen Lichtblitz gesehen - normalerweise ein sicheres Anzeichen für einen Aufschlagbrand. Das sofort eingeleitete Such- und Rettungsunternehmen musste wegen einer Wetterverschlechterung abgeblasen werden. Wrackteile wurden keine gesichtet. Da das Gebiet vier Meilen westlich des Passes als undurchdringlicher Dschungel galt, war anzunehmen, die Umgebung der Absturzstelle sei nicht von feindlichen Truppen besetzt gewesen. Also hatte keine Gefahr einer sofortigen Gefangennahme bestanden. Deshalb galten die acht Mann an Bord der Huey offiziell nur als vermisst.
    »Aber warum?«, fragte Jodie. »DeWitt hat gesehen, wie der Hubschrauber explodiert ist. Wieso wurden diese Männer als vermisst geführt? Sie sind offenbar alle umgekommen, nicht?«
    Major Conrad zuckte mit den Schultern.
    »Wahrscheinlich«, erwiderte er. »Aber das wusste niemand sicher. DeWitt hat einen Lichtblitz am Boden gesehen, das war alles. Theoretisch könnte das ein feindliches Munitionslager gewesen sein, das durch einen Zufallstreffer aus der abstürzenden Maschine hochgegangen ist. Könnte alles Mögliche gewesen sein. Als gefallen wurden nur Soldaten bezeichnet, für deren Tod es Augenzeugen gab. Allein fliegende Trägerflugzeuge stürzten zweihundert Meilen vor der Küste ab, und der Pilot galt nur als vermisst, nicht als gefallen, weil er sich vielleicht hatte schwimmend retten können. Als gefallen galt nur, wessen Tod beobachtet worden war. Ich könnte Ihnen einen Ordner zehnmal dicker als diesen hier zeigen, der alle wiederholt abgeänderten Vorschriften über Verlustmeldungen enthält.«
    »Warum?«, fragte Jodie nochmals. »Weil sie Angst vor der Presse hatten?«
    Conrad schüttelte den Kopf. »Nein, ich rede hier von internen Vorgängen. Hatten sie Angst vor der Presse, haben sie einfach Lügen erzählt. Für diese Verfahrensweise gab es zwei Gründe. Erstens wollten sie aus Rücksicht auf die Angehörigen nichts Falsches melden. Glauben Sie mir, es hat die verrücktesten Sachen gegeben. Der Krieg dort drüben hat unter völlig fremdartigen Umständen stattgefunden. Leute haben Dinge überlebt, die man eigentlich nicht überleben konnte. Leute tauchten nach langer Zeit wieder auf. Leute wurden bei ständig laufenden Such- und Rettungsaktionen aufgefunden. Leute gerieten in Gefangenschaft, und der Vietcong veröffentlichte keine Gefangenenlisten, die gab es erst Jahre später. Und man durfte den Angehörigen nicht sagen, ihr Junge sei gefallen, wenn er später doch lebend auftauchen konnte. Deshalb waren sie darauf bedacht, möglichst viele Leute möglichst lange als vermisst zu bezeichnen.«
    Er machte eine lange Pause.
    »Der zweite Grund war, dass sie tatsächlich Angst hatten. Aber nicht vor der Presse. Sie hatten Angst vor sich selbst. Sie hatten Angst davor, sich einzugestehen, dass sie im Begriff waren, diesen Krieg zu verlieren, ihn katastrophal zu verlieren.«
    Reacher überflog den letzten Einsatzbericht und stieß auf den Namen des Kopiloten: Leutnant F. G. Kaplan. Im überwiegenden Teil von Hobies zweiter Dienstzeit war dieser Offizier sein regulärer Partner gewesen.
    »Kann ich mal seine Akte

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