Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht
getäuscht zu werden. Vor allem nicht von Ihnen. Ich habe Sie beschützt, Marilyn. Ich hätte Sie mit den Autos verkaufen können. Jetzt tue ich’s vielleicht. Ich hatte etwas anderes mit Ihnen vor, aber ich glaube, Mrs, Jacob hat gerade Ihre Stellung als meine Favoritin übernommen. Niemand hat mir erzählt, wie schön sie ist.«
Der Haken bewegte sich nicht mehr, und aus Marilyns Haar lief ein dünner Blutfaden über ihre Stirn. Hobie sah zu Jodie hinüber. Sein gesundes Auge musterte sie ruhig und ohne zu blinzeln.
»Ja«, sagte er zu ihr. »Ich denke, Sie sind vielleicht New Yorks Abschiedsgeschenk für mich.«
Er drückte Marilyns Kopf grob mit dem Haken so weit nach vorn, bis sie wieder ihre Hände auf den Tisch legen konnte. Dann drehte er sich um.
»Sind Sie bewaffnet, Mr. Curry?«
Curry zuckte mit den Schultern. »Ich war bewaffnet. Das wissen Sie. Ihr Mann hat mir die Waffe abgenommen.«
Der Kerl mit der Schrotflinte hob die verchromte Pistole hoch. Hobie nickte.
»Tony?«
Tony begann ihn abzutasten, über seine Schultern hinweg, unter seinen Armen. Als Curry nach links und rechts sah, trat der Kerl mit der Schrotflinte näher an ihn heran und stieß ihm die Mündung seiner Waffe in die Rippen.
»Stillhalten!«, befahl er.
Tony beugte sich nach vorn und ließ seine flachen Hände über den Gürtelbereich und zwischen Currys Beine gleiten.
Als die Hände sich rasch tiefer bewegten, warf Curry sich zur Seite und versuchte, die Schrotflinte mit dem Arm wegzustoßen, aber der Kerl, der sie in den Händen hielt, stand breitbeinig da, hatte einen guten Stand und reagierte überlegt. Er benutzte die Mündung wie eine Faust und traf Curry damit im Magen. Dieser schnappte nach Luft, und als er zusammenzuklappen drohte, traf der Kerl ihn mit dem Kolben seiner Schrotflinte seitlich am Kopf. Curry sank benommen auf die Knie, und Tony stieß ihn mit einem Fuß um.
»Arschloch«, knurrte er.
Der Kerl mit der Schrotflinte beugte sich über Curry und rammte ihm die Mündung seiner Waffe mit solchem Druck in den Unterleib, dass es schmerzte. Tony hockte sich neben ihn, machte sich unter Currys Hosenbeinen zu schaffen und richtete sich mit zwei identischen Revolvern in der Hand wieder auf. Sein linker Zeigefinger steckte in den Abzugbügeln, und er ließ die Waffen um seinen Finger kreisen. Das Metall klickte und klapperte. Die Revolver waren winzig und bestanden aus rostfreiem Stahl. Wie luxuriöses Spielzeug. Sie hatten sehr kurze Läufe.
»Stehen Sie auf, Mr. Curry!«, befahl Hobie.
Curry rollte sich auf Hände und Knie. Er war von dem Kolbenhieb sichtlich benommen. Jodie sah, wie er angestrengt blinzelte, um wieder scharf sehen zu können. Wie er dabei den Kopf schüttelte. Er streckte eine Hand nach der Rückenlehne des Sofas aus und zog sich daran hoch. Hobie trat näher an ihn heran und kehrte ihm den Rücken zu. Er sah Jodie, Chester und Marilyn an, als wären sie sein Publikum. Er hielt seine linke Hand auf und begann mit der Kurve seines Hakens hineinzuschlagen. Die Schläge wurden immer heftiger.
»Ein einfaches mechanisches Problem«, sagte er. »Der auf den Haken ausgeübte Impuls wird auf den Armstumpf übertragen. Die Stoßwellen wandern nach oben. Sie treffen auf das, was vom Arm übrig ist. Das Lederkorsett stammt natürlich von einem Fachmann, was die Beschwerden minimiert. Aber gegen Naturgesetze sind wir machtlos, stimmt’s? Deshalb lautet die Frage letztlich: Wer bekommt die Schmerzen als Erster zu spüren? Er oder ich?«
Er warf sich herum und schlug Curry mit der gekrümmten Außenseite seines Hakens voll ins Gesicht. Curry stolperte keuchend rückwärts.
»Ich hab Sie gefragt, ob Sie bewaffnet sind«, begann Hobie ruhig. »Sie hätten die Wahrheit sagen sollen. Sie hätten sagen sollen: Ja, Mr. Hobie, ich trage an den Fußknöcheln je einen Revolver. Aber das haben Sie nicht getan. Sie haben versucht, mich zu täuschen. Und wie ich schon Marilyn erklärt habe, hasse ich es, getäuscht zu werden.«
Der nächste Schlag war ein Magenhaken. Ansatzlos und hart geschlagen.
»Aufhören!«, kreischte Jodie. Sie nahm ihre Hände von der Glasplatte und setzte sich aufrecht hin. »Warum machen Sie das? Was zum Teufel ist aus Ihnen geworden?«
Curry stand vornübergebeugt da und hielt sich vor Schmerzen den Magen.
»Was aus mir geworden ist?«, wiederholte Hobie.
»Sie waren ein anständiger Kerl. Wir wissen alles über Sie.«
Er schüttelte langsam den Kopf.
»Nein, das tun Sie
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