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Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Titel: Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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blieb frustriert zurück - von ihrer Wesensart eingenommen und auf sich selbst wütend, weil er dieser Faszination nicht widerstehen konnte. Begegnete er ihr dann Tage später irgendwo auf dem Stützpunkt, lief sie noch immer rot an. Und jetzt, fünfzehn Jahre später, war sie eine erwachsene Frau, College und Law School, verheiratet und geschieden, schön, selbstbewusst und elegant und immer noch bei ihm untergehakt.
    »Bist du verheiratet?«, wollte sie wissen.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Aber bist du glücklich?«
    »Ich bin immer glücklich«, sagte er. »Bin’s immer gewesen, werd’s immer sein.«
    »Während du was tust?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Nicht viel.«
    Er betrachtete über ihren Kopf hinweg die Gesichter der Gäste. Ernsthafte, wichtige Leute, planvolle Leben, große Karrieren. Er fragte sich, wer hier töricht war - diese Leute oder er. Dabei erinnerte er sich an Costellos Gesichtsausdruck in der kleinen Bar in Key West.
    »Ich war gerade auf den Keys«, sagte er. »Habe Löcher für Swimmingpools gegraben.«
    Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Sie versuchte, seinen Unterarm zu drücken, aber ihre Hand war zu klein und sein Arm zu groß. So spürte er nur einen sanften Druck.
    »Hat Costello dich dort unten gefunden?«, fragte sie.
    Er hat mich nicht gefunden, um mich zu einer Beerdigung einzuladen, dachte er.
    »Wir müssen über Costello reden«, sagte er.
    »Er ist gut, nicht wahr?«
    Nicht gut genug, dachte er. Sie ließ ihn allein, um sich wieder ihren Gästen zu widmen. Der Wein wirkte entspannend, und die Gespräche wurden lauter und sentimentaler. Reacher schlenderte zur Veranda hinüber, wo auf einem langen Tisch mit weißer Tischdecke ein Büfett aufgebaut war. Er lud sich einen Pappteller mit kaltem Huhn und Reis voll und schenkte sich ein Glas Wasser ein. Vor der Veranda standen alte Gartenmöbel, die von den Gästen ignoriert wurden, weil sie mit kleinen graugrünen Schimmelflecken gesprenkelt waren. Der Sonnenschirm war vor Alter steif und verblichen. Reacher duckte sich darunter und saß für sich allein auf einem der fleckigen Gartenstühle.
    Während er aß, beobachtete er die Gäste. Niemand wollte vorzeitig gehen. Die Zuneigung für den verstorbenen alten Leon Garber war nicht zu übersehen. Jodie bewegte sich durch die Menge, nickte, drückte Hände, lächelte traurig. Jeder hatte ihr etwas zu erzählen, irgendeine Anekdote darüber, wie Garbers goldenes Herz sich unter seiner rauen Schale gezeigt hatte. Auch er hätte ein paar Geschichten dieser Art gewusst, aber Jodie brauchte man nicht zu erklären, dass ihr Vater ein guter Mensch gewesen war. Sie wusste es. Menschen leben und sterben, und solange sie beides mit Anstand tun, gibt’s nicht viel zu bedauern.

    In derselben Straße fanden sie ein Haus, verrammelt und unbewohnt, das offenbar nur als Wochenendhaus diente. Den Tahoe parkten sie rückwärts hinter der Garage, wo er von der Straße aus nicht zu sehen, aber sofort abfahrbereit war. Sie nahmen die Neunmillimeter-Pistolen aus dem Handschuhfach und verstauten sie in ihren Jackentaschen. Gingen zur Straße zurück und verschwanden im Unterholz.
    Sie kamen nur langsam voran. Überall stachelige Ranken, an denen sie hängen blieben und die sie stolpern ließen, ihnen Gesicht und Hände zerkratzten. Sie verfielen auf die Idee, rückwärts zu gehen. Als sie die Zufahrt zu Garbers Haus erreichten, waren sie völlig außer Atem und von Moos und grünlichem Blütenstaub bedeckt. Sie arbeiteten sich unter den Bäumen bis zu einer kleinen Senke vor, in der sie Deckung fanden. Von dort aus konnten sie die Treppe im Auge behalten, die vom Garten zur Garage hinaufführte. Einzelne Gäste verabschiedeten sich bereits; der allgemeine Aufbruch würde nicht mehr lange auf sich warten lassen.
    Wer Mrs. Jacob sein musste, zeigte sich immer deutlicher. Wenn Hobie Recht hatte und ihr dieses Haus gehörte, dann war sie die magere Blondine, die zum Abschied Hände schüttelte, als seien alle diese Leute ihre Gäste gewesen. Die anderen gingen, sie blieb. Also war sie Mrs. Jacob. Die beiden beobachteten, wie sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand, tapfer lächelte, Leute umarmte, ihnen nachwinkte. Motoren sprangen an, Blauer Auspuffqualm stieg in die Luft und wurde vom Wind davongeweht. Sie konnten das Geräusch von Servolenkungen hören, als Wagen aus der Autoschlange manövriert wurden. Die Rollgeräusche von Reifen auf dem Asphalt. Das Brummen von Motoren,

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