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Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Titel: Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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eine bestimmte Abzweigung nach links suchte. Dann wendete sie die alte Kiste und fuhr nach Westen weiter. Reacher konnte den Fluss vor ihnen als eine breite Senke in den Wäldern erahnen. Die Frau wusste, wohin sie wollte. Sie fuhr bis zum Fluss, dann bog sie auf eine nach Norden führende Straße ab. Parallel zu ihnen verlief zwischen Straße und Fluss eine Bahnstrecke. Auf den Gleisen war kein Zug unterwegs. Als das Ufer flacher wurde, konnte Reacher über die blaue Wasserfläche hinweg eine Meile links vor sich West Point sehen.
    »Müsste irgendwo hier in der Nähe sein«, meinte die Taxifahrerin.
    Sie befanden sich auf einer schmalen Landstraße, die von Ranchzäunen aus ungehobelten Brettern gesäumt und von gemähten Banketten und vereinzelten Anpflanzungen eingefasst war. In Abständen von etwa hundert Metern standen Briefkästen an der Straße, und von Holzmasten spannten sich Stromleitungen zwischen den Bäumen.
    »Brr«, sagte die Frau überrascht. »Hier muss es sein.«
    Die Straße war schon schmal, aber hier wurde sie praktisch unpassierbar. Vor ihnen standen in langer Reihe parkende Autos auf dem Bankett. Schätzungsweise vierzig Fahrzeuge, viele schwarz oder dunkelblau. Alles neue oder fast neue Limousinen und Geländewagen. Die Frau lenkte ihr Taxi in die Einfahrt. Die Schlange der dicht hintereinander geparkten Wagen setzte sich bis zum Haus fort. Weitere zehn bis zwölf Autos waren auf der asphaltierten Fläche vor der Doppelgarage abgestellt. Zwei davon einfache Limousinen aus Detroit, in schlichtem Grün lackiert. Army-Dienstwagen. Vom Verteidigungsministerium beschaffte Fahrzeuge konnte Reacher schon aus einer Meile Entfernung erkennen.
    »Okay?«, fragte die Frau.
    »Ich denke schon«, sagte er vorsichtig.
    Er gab ihr einen Fünfziger aus dem Packen Geldscheine, stieg aus und blieb unschlüssig in der Einfahrt stehen. Als er das Taxi mit aufheulendem Motor zurückstoßen hörte, ging er auf die Straße zurück. Betrachtete die lange Autoschlange. Betrachtete den Briefkasten. An seinem oberen Rand bildeten kleine gestanzte Aluminiumbuchstaben den Namen Garber. Einen Namen, den Reacher so gut kannte wie seinen eigenen.
    Das Haus stand auf einem großen Grundstück, das mit Absicht so gestaltet war, dass es einen Platz zwischen den Kategorien »natürlich« und »vernachlässigt« einnahm. Das Gebäude selbst war niedrig und weitläufig, mit dunkelbraunen Zedernholzschindeln, dunklen Fliegenfenstern und einem riesigen Natursteinkamin. Irgendwo zwischen einem bescheidenen Vorstadtbungalow und einem behaglichen Landhaus einzuordnen. Von der Einfahrt aus wirkte es totenstill. Die Luft roch feuchtheiß und fruchtbar. Er konnte Myriaden von Insekten im Unterholz summen hören. Und er erahnte den Fluss hinter dem Haus.
    Er ging die Zufahrt entlang und hörte gedämpftes Stimmengewirr hinter dem Haus. Leise sich unterhaltende Menschen. Vielleicht viele Menschen. Er folgte dem Geräusch und bog um die Ecke der Garage. Dort stand er oben an einer Betontreppe und sah über den Garten hinter dem Haus in Richtung Westen zum Fluss hinüber, der in der Sonne glitzerte. In der Ferne lag West Point als niedrige graue Masse im Dunst.
    Die ebene Fläche des Gartens war durch Rodung des Waldes auf dem Hochufer des Flusses entstanden. Hier wuchs grobes, kurz gemähtes Gras, auf dem eine feierlich wirkende Menge von etwa hundert Personen stand. Bis auf ein halbes Dutzend Heeresoffiziere in Paradeuniform trugen alle Schwarz, Männer wie Frauen; schwarze Anzüge und Kostüme und Krawatten und Blusen und Schuhe. Sie sprachen alle leise und ernst, jonglierten mit Papptellern und Weingläsern, standen leicht gebeugt, als liege eine schwere Last auf ihren Schultern.
    Eine Beerdigung. Er war in eine Beerdigung hineingeplatzt. Er stand verlegen da, hob sich in den Klamotten, die er gestern noch auf den Keys getragen hatte, deutlich von den Trauergästen ab; ausgebleichte Hosen, verknittertes blassgelbes Hemd, keine Socken, abgewetzte Schuhe, sonnengebleichtes, wirres Haar, Eintagebart. Er betrachtete die Leute, und als habe er in die Hände geklatscht, verstummten sie plötzlich und blickten zu ihm hinauf. Reacher erstarrte. Alle musterten ihn neugierig. Einige Sekunden lang herrschte Schweigen. Totenstille. Dann setzte eine Frau sich in Bewegung. Sie drückte der neben ihr stehenden Person ihren Pappteller und das Glas in die Hand und kam auf ihn zu.
    Es war eine junge Frau, etwa dreißig, in einem strengen schwarzen

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