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Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Titel: Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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wann ist er wieder ambulant behandelt worden?«, erkundigte sich Reacher.
    »Anfang März«, sagte sie.
    »Und wann war er auf Hawaii?«
    »Mitte April, glaube ich.«
    »Okay«, sagte er. »Können Sie uns eine Liste Ihrer sonstigen Patienten in diesem Zeitraum geben? März und April? Leute, mit denen er geredet haben könnte?«
    McBannerman schüttelte bereits den Kopf.
    »Nein, tut mir Leid, das geht wirklich nicht. Das wäre ein Verstoß gegen die ärztliche Schweigepflicht.«
    Ihr Blick richtete sich dabei auf Jodie - von Ärztin zu Anwältin, von Frau zu Frau, ein Sie-kennen-das-Problem-Blick. Jodie nickte mitfühlend.
    »Vielleicht könnten wir einfach Ihre Sprechstundenhilfe fragen? Sie wissen schon, ob Sie Dad im Gespräch mit einem der anderen Patienten gesehen hat? Das wäre eine Auskunft aus zweiter Hand, keine Verletzung Ihrer Schweigepflicht. Meiner Überzeugung nach jedenfalls nicht.«
    McBannerman erkannte, dass eine Pattsituation eingetreten war. Sie drückte auf eine Taste und bat die Sprechstundenhilfe herein. Als die Dicke gefragt wurde, begann sie eifrig zu nicken.
    Ja, natürlich, Mr. Garber hat immer mit diesem netten alten Ehepaar gesprochen, Sie wissen schon, der Mann mit dem Herzklappenfehler. Oberer rechter Ventrikel. Kann nicht mehr selbst fahren, sodass seine Frau ihn herbringen muss. Mit dem schrecklichen alten Auto. Mr. Garber hat etwas für die beiden getan, da bin ich mir absolut sicher. Sie haben ihm dauernd alte Fotos und irgendwelche Papiere gezeigt.«
    »Die Hobies?«, fragte McBannerman.
    »Genau, die drei sind dicke Freunde geworden, Mr. Garber und das alte Ehepaar Hobie.«

6
    Hook Hobie saß allein in seinem dunklen Büro, siebenundachtzig Stockwerke über dem Erdboden, horchte auf die leisen Hintergrundgeräusche des riesigen Gebäudes, dachte angestrengt nach und änderte seinen bisherigen Plan. Er war kein geistig unbeweglicher Mensch. Darauf war er stolz. Er bewunderte sich selbst dafür, wie er sich verändern und anpassen, wie er zuhören und lernen konnte. Er fand, das sichere ihm seine Überlegenheit, hebe ihn aus der Masse hervor.
    Als man ihn nach Vietnam geschickt hatte, war er sich seiner Fähigkeiten überhaupt nicht bewusst gewesen. Mehr oder weniger völlig ahnungslos, weil er noch sehr jung war. Aber nicht nur blutjung, sondern auch unerfahren, da er aus repressiven Verhältnissen stammte und in einem suburbanen Vakuum aufgewachsen war.
    Vietnam hatte ihn verändert. Es hätte ihn zerbrechen können. Es zerbrach genügend andere Kerle. Überall um ihn herum gingen Männer kaputt. Nicht nur Jugendliche wie er, sondern auch alte, erfahrene Hasen mit langen Dienstzeiten in der Army
    Aber Hobie zerbrach nicht. Er sah sich nur um, veränderte und passte sich an. Hörte zu und lernte. Das vielfache Sterben konnte ihn nicht schrecken. Dabei war er noch nie mit dem Tod eines Menschen in Berührung gekommen. Doch gleich an seinem ersten Tag in Vietnam sah er acht amerikanische Gefallene: ein ganzer Spähtrupp, der in feindliches Granatwerferfeuer geraten war. Acht Mann, neunundzwanzig Teile, manche davon ziemlich groß. Ein Augenblick, der prägt. Seine Kameraden wurden still, mussten kotzen, konnten es nicht glauben. Hobie allein blieb ungerührt.
    Er begann als Händler. Jeder wollte irgendetwas, Dinge, die er nicht hatte. Die Sache war lächerlich einfach. Man brauchte nur ein bisschen zuzuhören. Hier war einer, der rauchte, aber nicht trank. Dort ein anderer, der gern Bier trank, aber nicht rauchte. Man nahm dem einen das Bier ab und tauschte es gegen die Zigaretten des anderen ein. Zweigte bei diesem Tauschhandel einen gewissen Prozentsatz für sich selbst ab. Das war so nahe liegend, dass er sich wunderte, dass die Jungs nicht selbst darauf kamen. Er nahm das Geschäft nicht recht ernst, weil er glaubte, es werde nicht lange funktionieren. Die anderen würden bald merken, was gespielt wurde, und ihn als Mittelsmann ausschalten.
    Aber sie merkten es nicht. Das war seine erste Lektion. Er konnte etwas, das andere Leute nicht beherrschten. Er konnte Dinge beschaffen, an die sie selbst nicht herankamen. Also hörte er noch aufmerksamer zu. Was wollten sie noch? Alle möglichen Sachen. Mädchen, Bourbon, Penicillin, Schallplatten, Dienst im Basislager, aber keinen in der Latrine. Stiefel, Insektenvertilgungsmittel, verchromte Handfeuerwaffen, getrocknete Ohren gefallener Vietcong als Souvenirs. Marihuana, Aspirin, Heroin, saubere Nadeln, einen sicheren Posten für die

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