Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Titel: Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
Vom Netzwerk:
Darlehensnehmer waren durch ihre Familien verwundbar. Ehefrauen, Töchter, Söhne. Im Allgemeinen genügte schon die Drohung. In einzelnen Fällen musste etwas unternommen werden. Das machte häufig Spaß. Weiche Ehefrauen und Töchter aus Suburbia konnten amüsant sein. Ein zusätzlicher Bonus. Insgesamt ein herrliches Geschäft, das er seiner ständigen Bereitschaft verdankte, sich anzupassen und zu verändern. Tief in seinem Innern wusste er, dass seine Flexibilität seine größte Stärke war. Hobie hatte sich vorgenommen, diese Tatsache nie zu vergessen. Deshalb saß er jetzt allein in seinem Büro, droben im siebenundachtzigsten Stock, horchte auf die leisen Hintergrundgeräusche des riesigen Gebäudes, dachte angestrengt nach und änderte seinen bisherigen Plan.

    Fünfzig Meilen weiter nördlich, in Pound Ridge, änderte auch Marilyn Stone ihren bisherigen Plan. Sie war eine kluge Frau. Sie wusste, dass Chester in finanziellen Schwierigkeiten steckte. Sonst kam nichts in Frage. Er hatte keine Affäre mit einer anderen Frau. Ehemänner, die eine Affäre haben, senden bestimmte Signale aus, die bei Chester jedoch fehlten. Und er hatte sonst keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Also steckte er finanziell in der Klemme.
    Ursprünglich hatte sie ausharren wollen. Vorläufig nichts tun und auf den Tag warten, an dem sein Bedürfnis, ihr alles zu erzählen, endlich übermächtig werden würde. Erst dann hatte sie vorgehabt, die Initiative zu ergreifen. Von diesem Zeitpunkt an konnte sie die Situation unabhängig davon managen, welche Ausmaße sie annehmen würde: Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit oder sogar Bankrott. Frauen verstanden sich darauf, Situationen zu meistern. Besser als Männer. Sie konnte die praktischen Maßnahmen ergreifen, sie konnte den erforderlichen Trost gewähren, sie konnte sich ihren Weg durch die Ruinen bahnen, ohne die egozentrische Hoffnungslosigkeit zu empfinden, in der Chester bestimmt versinken würde.
    Aber jetzt änderte sie ihren Plan. Sie durfte nicht länger zuwarten. Chester sorgte sich fast zu Tode. Deshalb würde sie eingreifen und etwas dagegen unternehmen. Mit ihm reden zu wollen, hatte keinen Zweck. Er neigte instinktiv dazu, Probleme zu verheimlichen. Wollte sie auf keinen Fall beunruhigen. Er würde alles abstreiten, und die Situation würde sich weiter zuspitzen. Also musste sie die Initiative ergreifen und selbstständig handeln. Zu seinem wie zu ihrem Besten.
    Der nahe liegende erste Schritt war, das Haus über einen Makler zum Verkauf anzubieten. Unabhängig davon, wie schlimm ihre Finanzmisere tatsächlich war, konnte es notwendig werden, das Haus zu verkaufen. Ob der Verkaufserlös ausreichen würde, wusste sie nicht. Er konnte das Problem allein lösen - oder auch nicht. Jedenfalls lag es nahe, als Erstes das Haus zu verkaufen.
    Als in Pound Ridge lebende reiche Frau hatte Marilyn gute Verbindungen zur Immobilienbranche. Eine Sprosse tiefer auf der Statusleiter, wo die Frauen wohlhabend waren, ohne reich zu sein, arbeiteten viele bei Immobilienmaklern. Sie hatten Teilzeitjobs, die sie als eine Art Hobby hinzustellen versuchten, als interessierten sie sich mehr für Einrichtungsfragen als für bloßen Kommerz. Marilyn fielen sofort vier Freundinnen ein, die sie anrufen konnte. Ihre Hand lag auf dem Telefonhörer, während sie sich noch überlegte, für welche sie sich entscheiden sollte. Ihre Wahl fiel auf eine Frau namens Sheryl, die sie von allen vieren am wenigsten kannte, aber für die fähigste Maklerin hielt. Sie nahm die Sache mit dem Hausverkauf ernst, und das erwartete sie auch von ihrer Maklerin. Sie wählte die Nummer.
    »Marilyn«, antwortete Sheryl. »Wie nett, mal wieder von dir zu hören. Was kann ich für dich tun?«
    Marilyn holte tief Luft.
    »Wir wollen vielleicht das Haus verkaufen«, sagte sie.
    »Und damit kommst du zu mir? Marilyn, ich danke dir. Aber wieso um Himmels willen denkt ihr ans Verkaufen? Ihr wohnt dort draußen so herrlich. Wollt ihr etwa wegziehen?«
    Marilyn holte erneut tief Luft. »Ich fürchte, Chester steht kurz vor der Pleite. Ich möchte nicht weiter darüber reden, aber ich denke, es wird höchste Zeit, einen Notfallplan auszuarbeiten.«
    Am anderen Ende gab es keine Pause. Kein Zögern, keine Verlegenheit.
    »Das ist sehr klug gehandelt«, meinte Sheryl. »Die meisten Leute klammern sich viel zu lange an ihren Besitz und müssen ihn dann überstürzt verschleudern.«
    »Die meisten Leute? Kommt das oft vor?«
    »Soll das

Weitere Kostenlose Bücher