Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht
Jucken etwas lindern.
»Was ist mit diesem Reacher?«, fragte er. »Irgendwelche Fortschritte?«
Tony starrte mit zusammengekniffenen Augen durch den Lamellenspalt.
»Ich habe in St. Louis angerufen«, sagte er. »Reacher war ebenfalls bei der Militärpolizei, hat fast dreizehn Jahre unter Garber gedient. Vor zehn Tagen hat sich schon mal jemand nach ihm erkundigt. Ich tippe auf Costello.«
»Aber warum?«, fragte Hobie. »Die Familie Garber bezahlt Costello dafür, dass er einen alten Kumpel aus der Army aufspürt? Weshalb? Was zum Teufel steckt dahinter?«
»Keine Ahnung«, sagte Tony »Der Kerl ist ein Rumtreiber. Er hat dort unten Swimmingpoollöcher gegraben.«
Hobie nickte vage. Er dachte angestrengt nach.
»Ein Militärpolizist«, sagte er wie zu sich selbst. »Der sich jetzt in der Welt herumtreibt.«
»Du solltest abhauen«, wiederholte Tony
»Ich mag die Militärpolizei nicht«, sagte Hobie.
»Ich weiß.«
»Was hat dieser Hundesohn von einem Schnüffler also hier zu suchen?«
»Du solltest abhauen«, sagte Tony zum dritten Mal.
Hobie nickte.
»Ich bin flexibel«, entgegnete er. »Das weißt du.«
Tony nahm die Hand aus dem Lamellenspalt. Der Raum wurde wieder dunkel. »Ich verlange nicht, dass du flexibel bist. Ich will, dass du ausführst, was du schon immer geplant hast.«
»Ich habe meinen Plan geändert. Ich will bei Stone noch abkassieren.«
Tony ging um den Schreibtisch herum und ließ sich wieder aufs Sofa fallen. »Du darfst nichts riskieren. Verdammt, jetzt sind beide Anrufe eingegangen - Vietnam und Hawaii.«
»Das weiß ich«, sagte Hobie. »Deshalb habe ich den Plan nochmals geändert.«
»Zurück zum ursprünglichen Plan?«
Hobie zuckte mit den Schultern, dann schüttelte er den Kopf. »Zu einer Kombination aus beiden. Wir verschwinden, das ist klar, aber erst nachdem ich Stone abkassiert habe.«
Tony ließ seufzend seine Hände auf die Sitzpolster fallen. »Sechs Wochen sind viel zu lange. Garber war schon auf Hawaii, verdammt noch mal! Bei der Militärpolizei soll er ein ganz gerissener Ermittler gewesen sein. Und er muss irgendwas herausgefunden haben, denn warum wäre er sonst hingeflogen?«
Hobie nickte langsam. »Er hat irgendwas gewusst, das akzeptiere ich. Aber er ist krank geworden und gestorben. Und er hat sein Wissen mit ins Grab genommen. Warum würde seine Tochter sich sonst mit einem zweitklassigen Privatdetektiv und einem arbeitslosen Rumtreiber verbünden?«
»Was hast du also vor?«
Hobie ließ den Haken unter die Schreibtischkante sinken, legte sein Kinn in die linke Hand und glitt mit den gespreizten Fingern nach oben über seine Narben. Das war eine Haltung, die er unbewusst einnahm, wenn er kompromissbereit und nicht bedrohlich wirken wollte.
»Auf Stones Millionen kann ich nicht verzichten«, sagte er. »Das siehst du doch ein, oder? Sie liegen praktisch auf der Straße, warten nur darauf, dass jemand sie aufhebt. Würde ich auf sie verzichten, müsste ich mir für den Rest meines Lebens Vorwürfe machen. Das wäre Feigheit. Abzuhauen ist clever, das gestehe ich dir zu, aber zu früh abzuhauen, bevor man wirklich verschwinden muss, wäre Feigheit. Und ich bin kein Feigling, Tony. Das weißt du genau.«
»Was hast du also vor?«, wiederholte Tony
»Wir tun beides, aber beschleunigt. Ich stimme dir zu, dass sechs Wochen zu lang wären. Wir müssen schon früher verschwinden. Aber wir wollen Stones Millionen mitnehmen, deshalb bringen wir die ganze Sache schneller zum Ende.«
»Okay, wie?«
»Ich werfe die Aktien noch heute auf den Markt«, sagte Hobie. »Sie werden anderthalb Stunden vor Börsenschluss verkauft. Die Zeit müsste reichen, um die Banken zu alarmieren. Morgen früh wird Stone fuchsteufelswild hier aufkreuzen. Ich bin morgen nicht da, also erzählst du ihm, was wir von ihm wollen - und was wir tun werden, wenn wir’s nicht bekommen. In spätestens drei, vier Tagen gehört der ganze Krempel uns. Für die Grundstücke auf Long Island suche ich schon vorher einen Käufer, damit dort draußen keine Verzögerung eintritt. Und du machst inzwischen hier den Laden dicht.«
»Okay, wie?«, fragte Tony nochmals.
Hobie sah sich in seinem dunklen Büro um.
»Wir lassen hier einfach alles stehen und liegen. Damit vergeuden wir fünf Monatsmieten, aber was soll’s? Die beiden Arschlöcher, die ich auf Costello angesetzt hatte, sind kein Problem. Der eine legt heute Nacht den anderen um, und du arbeitest mit ihm zusammen, bis er mir diese
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