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Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Titel: Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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werden«, sagte Mr. Hobie. »Schon immer. Das war sein ganzer Ehrgeiz. Ich war damals natürlich damit einverstanden. Wir konnten keine weiteren Kinder haben, also war Victor, das Licht unseres Lebens, auf sich allein gestellt, und ich dachte, Soldat zu werden und seinem Land zu dienen sei ein erstrebenswertes Ziel für den einzigen Sohn eines patriotischen Vaters.«
    Wieder eine Pause. Ein Hüsteln. Das Zischen des Ventils. Schweigen.
    »Waren Sie mit Vietnam einverstanden, Major?«, fragte Hobie plötzlich.
    Reacher zuckte mit den Schultern.
    »Ich war noch zu jung, um eine eigene Meinung zu haben«, erwiderte er. »Aber aus heutiger Sicht wäre ich nicht mit Vietnam einverstanden gewesen.«
    »Warum nicht?«
    »Falscher Ort«, sagte Reacher. »Falscher Zeitpunkt, falsche Gründe, falsche Methoden, falsche Taktik, falsche Führung. Keine wirkliche Unterstützung, kein wirklicher Siegeswille, keine überlegte Strategie.«
    »Wären Sie hingegangen?«
    Reacher nickte.
    »Ja, ich wäre hingegangen«, sagte er. »Mir wäre nichts anderes übrig geblieben. Schließlich war auch ich der Sohn eines Soldaten. Aber ich wäre auf die Generation meines Vaters neidisch gewesen. In den Zweiten Weltkrieg zu ziehen war viel leichter.«
    »Victor wollte Hubschrauber fliegen«, sagte Hobie. »Das war sein großer Traum. Auch das war meine Schuld, fürchte ich. Ich habe ihn auf einen Jahrmarkt mitgenommen und fünf Dollar bezahlt, damit er seinen ersten Hubschrauberflug machen konnte. Mit einem zur Schädlingsbekämpfung eingesetzten alten Bell-Hubschrauber. Seit diesem Tag wollte er nur noch Hubschrauberpilot werden. Und er hat sich überlegt, dass das bei der Army am besten ging.«
    Der Alte zog ein weiteres Foto aus der Ledermappe. Reichte es hinüber. Es zeigte denselben Jungen - jetzt doppelt so alt, hoch aufgeschossen, noch immer grinsend -, der in einem neuen Arbeitsanzug vor einem Hubschrauber der U. S. Army stand. Die Maschine war eine Hiller OH-23G Raven, ein alter Schulhubschrauber.
    »Das war in Fort Wolters«, erklärte Hobie. »Ganz weit drunten in Texas. Hubschraubergrundschulung der U. S. Army«
    Reacher nickte. »Er hat in Vietnam Hubschrauber geflogen?«
    »Victor war der Zweitbeste seines Lehrgangs«, antwortete Hobie. »Uns hat das nicht überrascht. Schon in der Highschool war er immer ein ausgezeichneter Schüler. Vor allem in Mathematik begabt. Und er hat sich für Buchführung interessiert. Ich dachte, er würde studieren und dann mein Partner werden, die Buchhaltung übernehmen. Darauf habe ich mich schon gefreut. Ich war ein miserabler Schüler, Major. Kein Grund, das jetzt noch zu verheimlichen. Ich bin kein gebildeter Mann. Deshalb waren Victors Erfolge immer eine Freude für mich. Er war ein sehr intelligenter Junge. Und ein guter Junge. Sehr liebenswürdig, ein gutes Herz, ein vollkommener Sohn. Unser einziger Sohn.«
    Die alte Dame hörte schweigend zu. Sie trank keinen Kaffee, aß keinen Kuchen.
    »Sein Pilotenabzeichen hat er in Fort Rucker bekommen«, sagte Hobie. »In Alabama. Wir sind eigens hingefahren.«
    Er gab Reacher die nächste Aufnahme. Ein Duplikat eines der Fotos auf dem Kaminsims. Gras und Himmel in verblassten Pastelltönen, ein großer Junge in Paradeuniform, die Mütze tief ins Gesicht gezogen, einen Arm um eine hübsche, schlanke, ältere Frau in einem Kleid mit Blumenmuster gelegt. Das Foto war nicht ganz scharf, der Horizont leicht schief. Von einem aufgeregten, stolzen Ehemann und Vater aufgenommen.
    »Das sind Victor und Mary«, sagte der Alte. »Sie hat sich seit damals überhaupt nicht verändert, stimmt’s?«
    »Nicht im Geringsten«, log Reacher.
    »Wir haben diesen Jungen geliebt«, bemerkte die alte Dame leise. »Zwei Wochen nachdem dieses Bild aufgenommen wurde, ist er nach Vietnam geschickt worden.«
    »Juli achtundsechzig«, sagte Hobie. »Er war damals zwanzig.«
    »Und dann?«, fragte Reacher.
    »Er hat seine Dienstzeit abgeleistet«, sagte Hobie, »er wurde zweimal lobend erwähnt. Er ist mit einem Orden heimgekommen. Ich habe gleich gemerkt, dass die Idee, Buchhalter einer kleinen Druckerei zu sein, falsch war. Ich dachte, er würde nach dem Militär als Hubschrauberpilot zu Ölbohrinseln fliegen. Vielleicht drunten am Golf. Dort haben ehemalige Armypiloten gutes Geld verdient. Frühere Marine- und Luftwaffenpiloten natürlich auch.«
    »Aber er ist wieder rübergegangen«, warf Mrs. Hobie ein. »Wieder nach Vietnam.«
    »Er hat sich noch mal verpflichtet«, fuhr

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