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Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Titel: Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Last der Jahre gebeugt. Sie trug ein ausgebleichtes geblümtes Kleid und darunter einen Petticoat. Solche Kleider kannte er von Gartenpartyfotos aus den fünfziger und sechziger Jahren, zu denen man lange weiße Handschuhe und einen breitkrempigen Strohhut trug.
    »Wir haben Sie erwartet«, sagte sie.
    Sie machte einen Schritt zur Seite, um ihn einzulassen. Er nickte dankend und trat ein. Ihr Rock war so ausladend, dass er sich an ihr vorbeizwängen musste.
    »Ich habe Ihre Post mitgebracht«, sagte er. »Ihr Briefkasten war voll.«
    Er hielt den dicken Packen hoch und wartete.
    »Oh, vielen Dank«, sagte sie. »Sehr freundlich von Ihnen. Der Weg zum Briefkasten ist weit, und wir halten nicht gern auf der Straße, um die Post herauszuholen, weil wir fürchten, jemand könnte uns hinten drauffahren. Die Straße ist sehr belebt. Und alle Leute fahren schrecklich schnell, wissen Sie. Viel schneller als sie sollten, finde ich.«
    Reacher nickte. Auf der Straße dort herrschte unglaublich wenig Verkehr. Er hielt noch immer die Post in der Hand. Die alte Dame interessierte sich nicht weiter dafür.
    »Wo soll ich sie hintun?«
    »Würden Sie sie in die Küche legen?«
    Der Flur war mit dunklem Holz getäfelt und finster, genauso wie die Küche. Sie hatte nur ein winziges Fenster mit gelb getönter Einfachverglasung. Die Einrichtung bestand aus dunkel furnierten Steh- und Hängeschränken und altmodischen, auf niedrigen Beinen stehenden emaillierten Geräten in Grau und Pfefferminzgrün, Es roch nach altem Essen und warmem Backofen, aber die Küche war sauber und ordentlich aufgeräumt. Über dem abgetretenen Linoleumboden lag ein Flickenteppich. Auf dem Küchentisch sah Reacher einen angeschlagenen Keramikbecher, in dem eine Brille mit dicken Gläsern steckte. Er legte den Briefstapel neben den Becher. Sobald der Besucher gegangen war und sie ihr bestes Kleid wieder in den Kleiderschrank mit den Mottenkugeln gehängt hatte, würde sie ihre Brille aufsetzen und ihre Post lesen.
    »Darf ich Ihnen ein Stück Kuchen anbieten?«, fragte sie.
    Er sah zum Herd hinüber, auf dem er eine mit einer Serviette bedeckte Kuchenplatte entdeckte. Mrs. Hobie hatte etwas für ihn gebacken.
    »Und Kaffee?«
    Neben dem Herd stand eine uralte Kaffeemaschine: minzegrünes Email, grüner Glasknopf auf dem Deckel, durch eine ausgefranste Zuleitung mit der Steckdose verbunden. Er nickte.
    »Kaffee und Kuchen wäre wunderbar«, antwortete er.
    Sie lächelte sichtlich erfreut. Lief geschäftig durch die Küche, wobei ihr weiter Rock die Backofentür streifte. Ihre magere, zitternde Hand betätigte den Schalter der Kaffeemaschine. Das Gerät war schon gefüllt, betriebsbereit.
    »Es dauert einen Augenblick«, sagte sie. Dann machte sie eine Pause und horchte. Die alte Kaffeemaschine begann laut zu blubbern. »Kommen Sie, bitte, ich möchte Sie meinem Mann vorstellen. Er ist jetzt wach und will Sie kennen lernen. In der Zwischenzeit kann der Kaffee durchlaufen.«
    Sie führte ihn durch den Flur in das kleine nach hinten gelegene Wohnzimmer. Es war etwa fünf mal fünf Meter groß und mit schweren Polstermöbeln und brusthohen Glasvitrinen, in denen sich Porzellanfiguren befanden, vollgestopft. In einem der Sessel saß ein alter Mann. Er trug einen blauen Anzug aus Serge, der an einigen Stellen abgetragen glänzte und für seinen ausgezehrten Körper viel zu groß war. Der Hemdkragen stand steif um seinen mageren Hals. Ein paar weiße Haarbüschel waren alles, was von seinem Haupthaar übrig geblieben war. Seine Handgelenke glichen dürren Stöcken, die aus den Ärmeln des Jacketts ragten. Die dünnen, knochigen Hände lagen kraftlos auf den Sessellehnen. Durchsichtige Plastikschläuche, die sich über die Ohren schlängelten, führten in seine Nase. Hinter ihm befand sich auf einem Gestell mit Rädern eine Sauerstoffflasche. Er sah auf und nahm einen tiefen Atemzug, um genug Kraft zu haben, den Kopf zu heben.
    »Major Reacher«, sagte er. »Ich freue mich sehr, Sie kennen zu lernen.«
    Reacher trat vor, ergriff die Hand und schüttelte sie. Sie war kalt und trocken und fühlte sich wie die mit Stoff überzogene Hand eines Skeletts an. Der Alte machte eine Pause, sog noch mehr Sauerstoff ein und sprach dann weiter.
    »Ich bin Tom Hobie, Major. Und diese reizende Dame hier ist meine Frau Mary«
    Reacher nickte.
    »Freut mich, Sie beide kennen zu lernen«, sagte er. »Aber ich bin kein Major mehr.«
    Der Alte nickte ebenfalls.
    »Sie haben gedient«,

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