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Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Titel: Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Hobie fort. »Das hätte er nicht tun müssen. Aber er hat gesagt, das sei seine Pflicht. Er hat gesagt, der Krieg sei noch im Gange, und es sei seine Pflicht, daran teilzunehmen. Er hat gesagt, das verstehe er unter Patriotismus.«
    »Was ist dann passiert?«, fragte Reacher.
    Eine lange Pause.
    »Er ist nicht zurückgekommen«, antwortete Hobie.
    Das Schweigen lastete tonnenschwer im Raum. Irgendwo tickte eine Uhr. Ihr Ticken wurde lauter und lauter, bis es die Luft wie Hammerschläge erfüllte.
    »Das hat mich zerstört«, sagte Hobie ruhig.
    Er atmete keuchend.
    »Es hat mich einfach vernichtet. Früher habe ich oft gesagt: Ich gäbe mein gesamtes restliches Leben für einen einzigen weiteren Tag mit ihm.«
    »Mein gesamtes restliches Leben«, wiederholte seine Frau, »für einen einzigen weiteren Tag mit ihm.«
    »Und das war mein Ernst«, sagte Hobie. »Und ich tät’s noch heute, Major. Sieht man mich so an, ist das kein verlockendes Angebot, stimmt’s? Ich habe nicht mehr lange zu leben. Aber ich hab’s damals gesagt, und ich hab’s dreißig Jahre lang jeden Tag gesagt, und Gott ist mein Zeuge, dass ich’s jedes Mal ernst gemeint habe. Mein gesamtes restliches Leben für einen einzigen weiteren Tag mit ihm.«
    »Wann ist er gefallen?«, fragte Reacher leise.
    »Er ist nicht gefallen«, sagte Hobie. »Er wurde gefangen genommen.«
    »Gefangen genommen?«
    Der Alte nickte. »Anfangs haben sie uns gesagt, er sei vermisst. Wir haben gefürchtet, er sei tot, aber wir haben die Hoffnung nicht aufgegeben. Er war als vermisst gemeldet, und dabei ist’s geblieben. Er ist nie offiziell für tot erklärt worden.«
    »Also haben wir gewartet«, sagte Mrs. Hobie. »Wir haben einfach Jahr für Jahr gewartet. Dann haben wir angefangen nachzufragen. Sie haben uns gesagt, Victor sei vermisst und vermutlich tot. Mehr wussten sie nicht. Sein Hubschrauber war über dem Dschungel abgeschossen, das Wrack nie gefunden worden.«
    »Das haben wir dann akzeptiert«, erklärte Hobie. »Wir wussten, wie das war. Viele der Jungs sind gefallen, ohne dass man ihr Grab kannte. Im Krieg kommt das häufig vor.«
    »Dann wurde das Vietnam-Denkmal errichtet«, sagte Mrs. Hobie. »Haben Sie’s gesehen?«
    »Die Mauer?«, fragte Reacher. »In Washington, D. C.? Ja, ich hab sie gesehen. Sie hat mich sehr berührt.«
    »Sie haben sich geweigert, seinen Namen draufzuschreiben«, sagte Hobie.
    »Warum?«
    »Keine Ahnung. Wir haben gefragt, und wir haben gebettelt, aber den wirklichen Grund dafür haben wir nie erfahren. Sie haben nur gesagt, er gelte nicht mehr als gefallen.«
    »Also wollten wir wissen, als was er sonst gelte«, sagte Mrs. Hobie. »Sie haben gesagt, er gelte als vermisst.«
    »Aber die anderen Vermissten stehen auf der Mauer«, sagte Hobie.
    Danach herrschte wieder Schweigen. Nebenan hämmerte die Uhr weiter.
    »Was hat General Garber dazu gesagt?«, fragte Reacher.
    »Er hat’s nicht verstanden«, erwidert Hobie. »Konnte es einfach nicht verstehen. Er war noch dabei, der Sache nachzugehen, als er gestorben ist.«
    Wieder Schweigen. Der Sauerstoff zischte, die Standuhr hämmerte.
    »Aber wir wissen, was passiert ist«, sagte Mrs. Hobie.
    »Tatsächlich?«, fragte Reacher. »Was?«
    »Es gibt nur eine logische Erklärung«, antwortete sie. »Er ist in Gefangenschaft geraten.«
    »Und nie entlassen worden«, bemerkte Hobie.
    »Deshalb versucht die Army, seinen Fall zu vertuschen«, sagte Mrs. Hobie. »Der Regierung ist das peinlich. Tatsächlich sind einige unserer Jungs nie freigelassen worden. Die Vietnamesen haben sie als Geiseln behalten, um nach dem Krieg Wirtschaftshilfe, Handelsvergünstigungen und Kredite von uns zu bekommen. Durch Erpressung. Die Regierung hat dieses Spiel jahrelang mitgemacht, obwohl einige unserer Jungs noch als Gefangene dort drüben waren. Deshalb kann sie das jetzt nicht eingestehen. Also stellt sie sich weiter unwissend und weigert sich, darüber zu reden.«
    »Aber wir können’s jetzt beweisen«, meinte Hobie.
    Er nahm wieder ein Foto aus der Ledermappe. Gab es Reacher. Diese Aufnahme war ein neueres Farbfoto. Mit einem Teleobjektiv durch tropische Vegetation gemacht. Auf dem Foto war Stacheldraht auf Zaunpfählen aus Bambus zu erkennen. Ein Asiate in brauner Uniform und einem um den Kopf geschlungenen Tuch. In seinen Händen hielt er ein Gewehr, das eindeutig ein russisches AK-47 war. Und das Foto zeigte eine weitere Person: einen groß gewachsenen Weißen, ungefähr fünfzig, ausgezehrt,

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