Jack Reacher 09: Sniper
Ereignissen am Freitag beteiligt war, was vielleicht bedeutet, dass diese ganze Bande damit zu tun hatte.«
»Wie zu tun?«
»Weiß ich nicht. Aber ich habe vor, das rauszukriegen. Ich rufe Sie morgen wieder an.«
»Morgen sind Sie hinter Gittern.«
»Wie jetzt? Träumen Sie nur weiter, Emerson.«
»Wo sind Sie?«
»In der Nähe«, antwortete Reacher. »Gute Nacht, Detective.«
Er unterbrach die Verbindung, steckte Emersons Nummer wieder ein und zog Helen Rodins heraus. Wählte sie und trat ganz in den Schatten des Betonpfeilers zurück.
»Ja?«, meldete sich Helen Rodin.
»Ich bin’s, Reacher.«
»Alles in Ordnung mit Ihnen? Draußen vor meiner Tür hält ein Cop Wache.«
»Mir nur recht«, sagte Reacher. »Ihm vermutlich auch. Ich wette, dass er für jede Überstunde vierzig Dollar kriegt.«
»Ihr Phantombild ist in den Sechsuhrnachrichten gezeigt worden. Der Fall schlägt hohe Wellen.«
»Um mich brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.«
»Wo sind Sie?«
»Frei und unbehelligt. Ich mache Fortschritte. Ich habe Charlie gesehen. Ich habe Emerson sein Autokennzeichen mitgeteilt. Machen Sie auch Fortschritte?«
»Eigentlich nicht. Ich habe nur fünf einzelne Namen und kann keinen Grund erkennen, warum jemand James Barr den Auftrag erteilt haben soll, einen oder mehrere dieser Menschen zu erschießen.«
»Sie brauchen Franklin. Sie brauchen jemanden, der recherchiert.«
»Ich kann mir Franklin nicht leisten.«
»Ich möchte, dass Sie diese Adresse in Kentucky für mich rausbekommen.«
»Kentucky?«
»Wo er manchmal hingefahren ist, um zu schießen.« Reacher hörte sie mit dem Telefon jonglieren und in einer Akte blättern. Dann meldete sie sich wieder und las ihm eine Adresse vor, die ihm nichts sagte. Eine Straße, ein Ort, ein Bundesstaat, eine Postleitzahl.
»Was hat Kentucky mit irgendwas zu tun?«, fragte Helen. Reacher hörte ein Auto auf der Straße. Ganz in der Nähe, irgendwo links von ihm, langsam rollende Breitreifen. Er spähte hinter dem Pfeiler hervor. Ein Streifenwagen, der ohne Licht herankroch. Mit zwei Polizeibeamten besetzt, die sich den Hals verrenkten, während sie nach links und rechts Ausschau hielten.
»Muss weiter«, sagte er, klappte das Handy zu und legte es am Fuß des Betonpfeilers ab. Seine Rufnummer würde auf Emersons Display erschienen sein, und die Position jedes Handys ließ sich durch das Erkennungssignal ermitteln, das es alle fünfzehn Sekunden regelmäßig wie ein Uhrwerk sendete. Daher ließ Reacher das Mobiltelefon im Schmutz liegen und machte sich zwölf Meter unter der Hochstraße auf den Weg nach Westen.
Zehn Minuten später befand er sich im Schatten unter dem Highway gegenüber der Tiefgarageneinfahrt auf der Rückseite des schwarzen Glasturms. Am Randstein parkte ein leerer Dienstwagen der Polizei. Er wirkte still und abgekühlt. Als stünde er schon länger dort. Damit ist der Kerl vor Helens Tür gekommen, dachte Reacher. Er überquerte die Straße und ging die Einfahrtsrampe hinunter. Die Sichtbetonwände waren mattweiß gestrichen, und alle zehn Meter hing eine Leuchtstoffröhre an der Decke. Dadurch entstanden Inseln aus Licht und Schatten. Reacher kam sich vor, als träte er aus den Kulissen und überquerte eine Folge von hell beleuchteten Kleinbühnen. Die Decke war niedrig. In regelmäßigen Abständen ragten massive quadratische Betonpfeiler auf, die das Gebäude trugen. Den Aufzug hatte man in der Mitte der Tiefgarage platziert. Der gesamte unterirdische Raum war kalt und still, ungefähr fünfunddreißig Meter breit und schätzungsweise dreimal so lang.
Fünfunddreißig Meter breit.
Genau wie der noch unfertige Parkhausanbau an der First Street. Reacher bog ab und stellte sich mit dem Rücken an die vordere Querwand. Schritt die Strecke bis zur gegenüberliegenden Wand ab. Fünfunddreißig Schritte . Er kehrte wie ein Schwimmer bei der Wende am Beckenrand um und ging zurück. Fünfunddreißig Schritte . Er durchquerte die Tiefgarage diagonal bis zur entferntesten Ecke. Dort war es ziemlich dunkel. Er schlängelte sich zwischen zwei NBC-Übertragungswagen durch und fand den blauen Ford Mustang, der vermutlich Ann Yanni gehörte. Der Wagen glänzte wie frisch poliert. Wegen des Stoffverdecks hatte er ziemlich kleine Fenster. Eine schräg gestellte Windschutzscheibe. Getönte Scheiben.
Reacher versuchte es zuerst mit der Beifahrertür. Abgesperrt. Dann mit der Fahrertür. Ihr Griff bewegte sich. Nicht abgesperrt. Er schaute sich
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