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Jack Reacher 09: Sniper

Jack Reacher 09: Sniper

Titel: Jack Reacher 09: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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der Nähe befinden. Er würde sie in weitem Bogen umgehen müssen und sich dann nach Norden wenden. Nördlich der Innenstadt lag ein Straßenlabyrinth. Dort war er am sichersten.
    Er begann die Treppe hinunterzusteigen. Als er von der untersten Stufe auf den Gehsteig trat, hörte er fünf Meter hinter sich einen Schritt. Einen seitlichen Schritt. Dünne Sohlen auf Asphaltsteinchen, anschließend das unverkennbare Ratsch-Ratsch einer Pumpgun, mit der die erste Patrone in die Kammer befördert wurde.
    Dann eine Stimme.
    Sie sagte: »Halt, stehen bleiben.«
    Ein amerikanischer Akzent. Ruhig, aber unverkennbar. Irgendwo weit aus dem Norden. Reacher stand still und starrte geradeaus in Richtung einer kahlen Mauer auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
    Die Stimme befahl: »Einen Schritt nach rechts.«
    Reacher machte einen großen Schritt nach rechts.
    Die Stimme befahl: »Jetzt ganz langsam umdrehen.«
    Reacher drehte sich ganz langsam um. Er achtete darauf, seine Hände mit nach vorn weisenden Handflächen vom Körper fernzuhalten. Sah fünf Meter von sich entfernt eine kleine Gestalt stehen. Derselbe Mann, den er in der Nacht zuvor aus dem Schatten heraus entdeckt hatte. Kaum über einen Meter sechzig, höchstens sechzig Kilo, drahtig, blass, mit kurz geschnittenem schwarzem Haar, das nach allen Richtungen abstand. Tschenko. Oder Charlie. Seine rechte Hand hielt ganz ruhig den Pistolengriff einer abgesägten Schrotflinte. In der linken Hand hatte er irgendetwas Schwarzes.
    »Auffangen!«, forderte Charlie ihn auf.
    Er warf ihm das schwarze Ding in leichtem Bogen von unten herauf zu. Reacher beobachtete, wie es glänzend und sich in der Luft überschlagend genau auf ihn zuflog. Sein Unterbewusstsein sagte ihm: keine Handgranate . Also fing er es auf. Mit beiden Händen. Es war ein Damenschuh. Ein ausgeschnittener Lacklederschuh mit leicht erhöhtem Absatz.
    »Jetzt zurückwerfen«, befahl Charlie. »Genau wie ich’s getan habe.«
    Reacher machte keine Bewegung. Wessen Schuh ist das? Er starrte ihn an.
    Niedriger Absatz.
    Rosemary Barrs Schuh.
    »Zurückwerfen!«, rief Charlie. »Hübsch langsam.« Beurteilen und abschätzen. Reacher war unbewaffnet. Er hielt einen Schuh in der Hand. Keinen Stein, keinen Felsbrocken. Der Schuh war leicht und hatte eine aerodynamisch ungünstige Form. Er konnte niemanden verletzen. Er würde durch die Luft taumeln, und Charlie würde ihn einfach mit einem Schlag zur Seite befördern.
    »Zurückwerfen«, wiederholte Charlie.
    Reacher tat nichts. Er konnte den Absatz abbrechen und als Wurfpfeil benutzen. Ihn wie einen Dartpfeil werfen. Aber Charlie würde ihn erschießen, während er mit dem rechten Arm zum Wurf ausholte. Charlie war fünf Meter von ihm entfernt, schussbereit, konzentriert, die Schrotflinte völlig ruhig in der Hand. Zu nahe, um vorbeischießen zu können, zu weit entfernt, als dass Reacher ihn hätte erreichen können.
    »Letzte Chance«, sagte Charlie.
    Reacher warf den Schuh in leichtem Bogen zurück. Holte dazu weit unterhalb der Taille aus. Charlie pflückte ihn aus der Luft, und damit schien die Szene rückwärts laufend wieder am Anfang angelangt zu sein.
    »Sie macht einen Ferienkurs«, sagte Charlie. »So müssen Sie sich die Sache vorstellen. Sie wird den Ernst des Lebens kennenlernen. Und sie wird an ihrer Aussage feilen. Sie wird bestätigen, dass ihr Bruder den Anschlag geplant hat. Dass er mehrmals angedeutet hat, was er tun wollte. Sie wird eine großartige Zeugin abgeben. Damit ist seine Verurteilung sicher. Das verstehen Sie, nicht wahr?«
    Reacher schwieg.
    »Jetzt ist das Spiel also aus«, sagte Charlie.
    Reacher schwieg.
    »Zwei Schritte zurückgehen«, befahl Charlie.
    Reacher machte zwei Schritte rückwärts. Damit stand er unmittelbar am Randstein. Charlie war jetzt sechs, sieben Meter von ihm entfernt. Er hielt noch immer den Schuh in der linken Hand. Grinste.
    »Umdrehen«, sagte er.
    »Wollen Sie mich erschießen?«, fragte Reacher.
    »Vielleicht.«
    »Sie sollten’s tun.«
    »Warum?«
    »Tun Sie’s nicht, spüre ich Sie auf und sorge dafür, dass Sie’s bereuen.«
    »Große Worte.«
    »Nicht bloß Worte.«
    »Vielleicht erschieße ich Sie doch.«
    »Das sollten Sie tun.«
    »Umdrehen«, befahl Charlie.
    Reacher tat wie ihm geheißen.
    »So stehen bleiben«, sagte Charlie.
    Reacher blieb stehen. Mit dem Gesicht zur Straße. Er behielt die Augen offen. Starrte auf den Asphalt, der altes Straßenpflaster überdeckte.
    Die schwarze Fläche war

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