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Jack Reacher 09: Sniper

Jack Reacher 09: Sniper

Titel: Jack Reacher 09: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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mindestens vier Kerle sehen. Erstens: der alte Kerl in dem Zweireiher. Zweitens: dieser Kerl namens Charlie. Drittens: ein Kerl, der groß und bärenstark und Linkshänder ist.«
    »Wieso er?«
    »Er hat letzte Nacht die Kleine ermordet. Der alte Kerl ist zu alt dafür, und Charlie scheint zu klein zu sein. Und die Tatausführung lässt auf einen Linkshänder schließen.«
    »Und Nummer vier ist der Drahtzieher.«
    Reacher nickte nochmals. »Irgendwo im Hintergrund, wo er Pläne schmiedet und Drähte zieht. Wir können davon ausgehen, dass er nicht herumläuft und selbst Straftaten verübt.«
    »Aber wie sollen wir an ihn herankommen? Hat er Ihren Beschatter zurückgepfiffen, hat er vermutlich auch Charlie abgezogen. Sie bleiben jetzt in Deckung.«
    »Es gibt noch eine andere Methode. Ein Weg so breit wie ein Superhighway.«
    »Wohin?«
    »Wir haben etwas sehr Offenkundiges übersehen«, antwortete Reacher. »Wir haben die ganze Zeit damit zugebracht, uns auf das falsche Ende des Gewehrs zu konzentrieren. Uns hat nur interessiert, wer damit geschossen hat.«
    »Was hätten wir sonst tun sollen?«
    »Intensiver nachdenken.«
    »Worüber?«
    »In Kuwait City hat James Barr viermal geschossen. Und hier sechsmal.«
    »Okay«, meinte Helen. »Hier hat er zwei Schüsse mehr abgegeben. Und?«
    »Aber das stimmt nicht«, erklärte Reacher. »Eigentlich nicht. Nicht bei unorthodoxer Betrachtungsweise. Tatsächlich hat er hier vier Schüsse weniger abgegeben.«
    »Unsinn! Sechs Schüsse sind zwei mehr als vier. Nicht vier weniger.«
    »In Kuwait City war’s verdammt heiß. Mittags geradezu unerträglich. Man musste verrückt sein, um rauszugehen. Die Straßen waren fast menschenleer.«
    »Und?«
    »Und in Kuwait City hat James Barr alle Menschen erschossen, die er gesehen hat. Eins, zwo, drei, vier, Spiel aus. Auf der Straße war außer unseren vier Kerlen niemand unterwegs. Sie waren als Einzige dämlich genug, bei solcher Hitze unterwegs zu sein. Und Barr hat sie alle umgelegt. Er hat den Tisch abgeräumt. Damals ist mir das logisch erschienen. Er wollte den rosa Blutnebel sehen. Er hätte sich mit einem Mal zufriedengeben können, aber das hat er nicht getan. Also war’s irgendwie logisch, dass er – wenn ihm ein Kerl nicht genügte – weiterschießen würde, bis es keine Ziele mehr gab. Und das hat er gemacht. In Kuwait City sind ihm die Ziele ausgegangen.«
    Helen Rodin schwieg.
    »Aber hier sind ihm die Ziele nicht ausgegangen«, fuhr Reacher fort. »An der Engstelle müssen sich ein Dutzend Leute gedrängt haben. Oder fünfzehn. Jedenfalls mehr als zehn. Und er hatte ein Magazin mit zehn Schuss. Aber er hat nach dem sechsten Schuss aufgehört. Einfach aufgehört. Er hat vier Patronen im Magazin gelassen. Bellantonio hat sie pedantisch genau registriert. Und darauf will ich hinaus: In Kuwait City hat er so viele Schüsse wie nur möglich abgegeben, aber hier waren es vier weniger als die Höchstzahl. Das ist psychologisch ein gewaltiger Unterschied. Hier hat er den Tisch nicht abgeräumt. Weshalb nicht?«
    »Weil er’s eilig hatte?«
    »Er besaß ein Schnellfeuergewehr. Die Mailboxaufzeichnung beweist, dass in vier Sekunden sechs Schüsse gefallen sind. Was bedeutet, dass er zehn in weniger als sieben hätte abgeben können. Drei Sekunden hätten nicht den geringsten Unterschied für ihn gemacht.«
    Helen schwieg.
    »Ich hab ihn gefragt«, sagte Reacher. »Als ich im Krankenhaus bei ihm war. Ich hab ihn gefragt, wie er’s theoretisch angefangen hätte. Wie bei einer Einsatzbesprechung. Er hat also darüber nachgedacht. Er kennt sich hier aus. Er hat gesagt, er hätte auf dem Highway geparkt. Hinter der Stadtbibliothek. Er hat gesagt, er hätte das Fenster runtergekurbelt und das Magazin leer geschossen.«
    Helen schwieg.
    »Aber er hat’s nicht leer geschossen«, setzte Reacher seine Ausführungen fort. »Er hat nach dem sechsten Schuss aufgehört. Einfach aufgehört. Eiskalt und gelassen. Das verändert die gesamte Dynamik des Falls. Dies war kein Verrückter, der darauf aus war, die Stadt wegen einer Mutprobe zu terrorisieren. Er hat nicht nur aus Spaß gemordet. Dies war keine zufällige Schießerei, Helen. Die Tat war nicht psychotisch. Dahinter hat eine spezifische, begrenzte, vernünftige Absicht gesteckt, die alles ins Gegenteil verkehrt. Das hätten wir erkennen müssen. Wir hätten sehen müssen, dass es hier nicht um den Schützen, sondern um die Opfer geht. Diese Leute hatten nicht bloß das Pech, zur

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