Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jack Reacher 09: Sniper

Jack Reacher 09: Sniper

Titel: Jack Reacher 09: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
Vom Netzwerk:
Richtung Marriott davon.
    Der Zec besaß an beiden Händen nur noch den Daumen und einen Finger. Rechts war es der von Erfrierungen geschwärzte und verkrümmte Stummel des Zeigefingers. Er hatte einmal eine Winterwoche im Freien zugebracht und dabei eine alte Uniformjacke der Roten Armee getragen. Durch die Art und Weise, wie der frühere Besitzer der Jacke seine Feldflasche am Koppel getragen hatte, war der Stoff der rechten Tasche abgewetzter gewesen als der der linken. Von solchen scheinbar belanglosen Dingen hatte das Überleben abhängen können. Seine linke Hand war gerettet worden; die Finger der rechten hatte er verloren. Er hatte gespürt, wie sie mit dem kleinen Finger beginnend nacheinander abstarben. Er hatte die Hand aus der Tasche gezogen und so lange der Kälte ausgesetzt, bis sie ganz gefühllos war. Dann hatte er die abgestorbenen Finger mit den Zähnen abgetrennt, bevor der Wundbrand sich ausbreiten konnte. Er wusste noch, wie sie nacheinander wie kleine braune Zweige zu Boden fielen.
    Links besaß er außer dem Daumen nur noch den kleinen Finger. Die mittleren drei Finger fehlten. Zwei waren ihm von einem Sadisten mit einer Blechschere amputiert worden. Den dritten hatte sich der Zec selbst mit einem zugefeilten Löffel abgetrennt, um nicht in irgendeiner Werkstatt eingesetzt werden zu können. Er konnte sich an keine Einzelheiten mehr erinnern, aber er wusste noch, dass es geheißen hatte, es sei besser, einen weiteren Finger zu verlieren, als diesem speziellen Kommando zugeteilt zu werden. Das hatte irgendwie mit dem Aufseher zu tun gehabt.
    Verkrüppelte Hände. Nur zwei von vielen Andenken an eine andere Zeit, ein anderes Land. Er war sich ihrer kaum noch bewusst, aber sie erschwerten das moderne Leben ungemein. Handys waren so verdammt klein geworden. Linskys Nummer, die aus zehn Ziffern bestand, war teuflisch schwer zu wählen. Der Zec benutzte Handys nie lange genug, dass es sich gelohnt hätte, Rufnummern zu speichern. Das wäre unsinnig gewesen.
    Schließlich schaffte er es doch, die Nummer ganz einzugeben, konzentrierte sich und drückte den Rufknopf mit dem linken kleinen Finger. Dann jonglierte er das Telefon in die andere Hand und hielt es in die Nähe seines rechten Ohrs. Er brauchte es nicht an die Ohrmuschel zu drücken. Er hörte noch immer ausgezeichnet, was an sich schon ein Wunder war.
    »Ja?«, sagte Linsky.
    »Sie können ihn nicht finden«, sagte der Zec. »Ich hätte dich nicht anweisen sollen, unsere eigene Überwachung abzubrechen. Das war ein Fehler.«
    »Wo haben sie ihn gesucht?«
    »Hier und dort. Er war letzte Nacht im Motor Court. Den überwachen sie jetzt, aber ich bin sicher, dass er nicht dorthin zurückkehrt. Sie haben einen Mann im Gebäude der Anwältin postiert. Ansonsten tappen sie im Dunkeln.«
    »Was möchtest du, dass ich tue?«
    »Ich will, dass du ihn findest. Nimm Tschenko und Wladimir mit. Und ich schicke dir auch Raskin. Arbeitet zusammen. Findet ihn noch heute Nacht und ruft mich dann an.«
     
    Reacher machte zwei Blocks vor dem Marriott Halt. Er wusste, was Emerson tun würde. Er war dreizehn Jahre lang Emerson gewesen . Emerson würde in Gedanken eine Liste durchgehen. Wahrscheinliche Aufenthaltsorte und Personen, mit denen der Gesuchte Umgang gehabt hatte. Zu den wahrscheinlichen Aufenthaltsorten gehörten um diese Tageszeit alle Esslokale. Also würde Emerson Wagen zu Schnellimbissen, Restaurants und Cafés schicken – auch zu der Salatbar, in der Helen Rodin mit ihm gewesen war, und der Sport-Bar. Dann würde er mit den Leuten weitermachen, mit denen der Gesuchte Umgang gepflegt hatte – praktisch nur Helen Rodin selbst. Er würde den Cop aus dem Foyer in den dritten Stock hinaufschicken und an ihre Bürotür klopfen lassen.
    Dann würde er es mit Eileen Hutton versuchen.
    Daher machte Reacher zwei Blocks vor dem Marriott Halt und schaute sich nach einem Versteck um, in dem er warten konnte. Er fand eines hinter einem Schuhgeschäft: eine auf drei Seiten von fast mannshohen Mauern umgebene Abstellfläche für einen fahrbaren Müllcontainer. Reacher trat dahinter und stellte fest, dass er einen schmalen Streifen des Hoteleingangs sehen konnte, wenn er sich mit einer Schulter an den Behälter lehnte. Das fand er nicht einmal unbequem. Und dies war der am besten riechende Müllcontainer, neben dem er je gestanden hatte. Er roch nach neuen Kartons und neuen Schuhen. Besser als alles, was man hinter einem Fischgeschäft vorgefunden hätte.
    Er

Weitere Kostenlose Bücher