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Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten

Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten

Titel: Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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über Frankreich. All die guten Leute, die jetzt friedlich in ihren Betten schliefen. Sie hatten einen späten Flug genommen, und der Jet war fast leer. Die Stewardeß döste einige Reihen weiter hinten vor sich hin, und ringsum war niemand, der sie hören konnte. Das intensive Pfeifen der Triebwerke würde dafür sorgen, daß etwaige elektronische Horchgeräte nicht funktionierten, und sie hatten ihre Spuren gut verwischt. Zuerst waren sie nach Bukarest geflogen, von dort nach Prag, dann nach Paris und nun heim nach Irland. Nur französische Stempel in den Pässen. O'Donnell war ein vorsichtiger Mann, so vorsichtig, daß er sogar Notizen über fiktive geschäftliche Besprechungen bei sich hatte. Er war sicher, daß sie unbehelligt durch den Zoll kommen würden. Es war spät, und die Beamten bei der Paßkontrolle hatten Feierabend, nachdem dieser Flug abgefertigt sein würde.
    Sean hatte einen ganz neuen Paß, natürlich mit den richtigen Stempeln. Seine Augen waren nun dank spezieller Kontaktlinsen braun, er hatte eine andere Haarfarbe und einen anderen Haarschnitt, und ein Bart veränderte seine Gesichtsform. Sean haßte den Bart, weil er piekste - O'Donnell lächelte bei dem Gedanken -, aber er würde sich wohl oder übel daran gewöhnen müssen.
    Sean sagte nichts weiter. Er lehnte sich zurück und tat so, als lese er das Magazin der Fluggesellschaft. Sein Chef wußte die vorgetäuschte Geduld zu schätzen. Der junge Mann hatte seine Reserveübung (O'Donnell sah solche Dinge militärisch) mit Hingabe absolviert. Er war überschüssige Pfunde losgeworden, er hatte sich wieder mit seinen Waffen vertraut gemacht, er hatte mit den Nachrichtenoffizieren anderer europäischer Länder diskutiert und sich ihre Kritik der fehlgeschlagenen Londoner Operation angehört. Diese «Freunde» hatten den Pechfaktor nicht anerkannt und darauf hingewiesen, daß ein zweites Auto mit Männern nötig gewesen wäre, um den Erfolg zu sichern. Sean war bei all dem nicht aus der Haut gefahren und hatte höflich zugehört. Und jetzt wartete er geduldig auf die Entscheidung über die Operation, die er vorgeschlagen hatte. Vielleicht hatte der junge Mann in jenem britischen Gefängnis etwas gelernt. «Ja.»
     
    Ryan klappte die Akte auf. Es war der erste offizielle CIA-Bericht über die ULA, kaum ein Jahr alt.
    «Ulster Liberation Army», lautete der Titel. «Entstehung einer Anomalie.»
    «Anomalie.» Das war das Wort, das Murray gebraucht hatte, erinnerte er sich. Erst vor einem knappen Jahr war die ULA aus dem Schatten getreten und hatte gewisse Konturen angenommen. In den ersten zwölf Monaten ihrer Tätigkeit hatten die Briten angenommen, sie sei eine Sonderabteilung des Provisorischen Flügels der Irisch- Republikanischen Armee, ein IRA-Killerkommando. Diese Theorie war dann angezweifelt worden, als ein gefangener IRA-Mann empört erklärt hatte, nichts mit einem Attentat zu tun zu haben, das, wie sich anschließend herausstellte, auf das Konto der ULA ging. Die Verfasser des Berichts untersuchten dann Operationen, die der ULA zugeschrieben wurden, und wiesen auf operationale Muster hin. Zum einen waren gewöhnlich mehr Leute beteiligt als bei IRA-Anschlägen.
    Das ist interessant ... Ryan ging aus dem Büro, schritt den Korridor hinunter zur Cafeteria und kaufte eine Schachtel Zigaretten. In weniger als einer Minute war er wieder an der Tür und tippte den Code ein, der das Schloß öffnete.
    Mehr Leute für ihre Operationen! Er steckte einen der nikotinarmen Glimmstengel an. Das war ein Verstoß gegen normale Sicherheitsprinzipien. Je mehr Leute an einer Operation beteiligt waren, um so größer das Risiko, daß sie scheiterte. Was hatte das zu bedeuten? Ryan studierte drei verschiedene Operationen, suchte nach eigenen Mustern.
    Nach zehn Minuten war es ihm klar: Die ULA war militärisch organisiert, jedenfalls im Vergleich zur IRA, die mit ihren mehr oder weniger selbständigen Zellen den Aufbau einer typischen Geheimdienstorganisation nachahmte. Statt der kleinen, unabhängig voneinander operierenden Gruppen der Stadtguerilla hatte die ULA eine militärische Gliederung. Die IRA setzte oft einen einzelnen «Cowboy» ein, seltener Teams. Ryan wußte von vielen Fällen, in denen der einsame Killer wie ein Jäger tagelang auf seine Beute gelauert und sie dann erledigt hatte. Aber die ULA war anders. Zum einen nahmen sie gewöhnlich keine individuellen Ziele aufs Korn. Zum anderen schienen sie mit einem Spähteam und einem Angriffsteam

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