Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten
war. Sie hatte seit ihrem sechzehnten Geburtstag Porsches gefahren, und Jack gab im stillen zu, daß sie das kleine grüne Ding wie eine Weltmeisterin über schmale Landstraßen lenkte - so schnell, daß er sich immer festhalten mußte. Das, sagte er sich, ist sicher ein besserer Schutz als eine Pistole.
«Glaubst du, du könntest daran denken?»
«Muß ich es wirklich?»
«Es tut mir leid, daß ich uns das eingebrockt habe. Ich habe ..., ich habe nicht geahnt, daß so was passieren würde. Vielleicht hätte ich keinen Finger rühren sollen.»
Cathy streichelte seinen Nacken. «Du kannst es nicht mehr ändern. Vielleicht irren sie sich. Vielleicht haben sie schon Verfolgungswahn. So, wie du sagtest.»
«Ja, hoffentlich.»
12
Ryan fuhr um Viertel vor sieben los. Er fragte sich, ob Cathy alles tun würde, was er ihr gesagt hatte. Das Problem war, daß es nicht viele Straßen gab, die sie nehmen konnte, um nach Baltimore zu kommen. Der Kindergarten, den Sally besuchte, war am Ritchie Highway, so daß die einzige direkte Alternative ausgeschlossen war. Andererseits war der Ritchie Highway zu allen Zeiten belebt und schnell, so daß es nicht leicht sein würde, sie dort abzufangen. In Baltimore selbst konnte sie unter einer ganzen Menge Routen zum Johns Hopkins wählen, und sie hatte versprochen, jeden Tag eine andere zu nehmen. Ryan blickte auf den Verkehr vor sich und fluchte stumm. Trotz allem, was er Cathy gesagt hatte, machte er sich nicht allzu viele Sorgen um seine Familie. Er war derjenige, der den Terroristen ins Handwerk gepfuscht hatte, und wenn sie sich wirklich von persönlichen Motiven leiten ließen, war er das einzige Ziel. Vielleicht. Er überquerte den Potomac und bog auf den Washington Parkway. Eine Viertelstunde später nahm er die Ausfahrt nach Langley.
Er hielt an dem bewachten Tor. Ein uniformierter Posten trat zu ihm und fragte nach seinem Namen, obgleich er die Zulassungsnummer bereits auf dem Computerausdruck vor sich auf seiner Schreibunterlage herausgesucht hatte. Ryan gab ihm seinen Führerschein, und der Mann verglich das Foto sorgfältig mit Jacks Gesicht, ehe er ihm einen Passierschein reichte.
«Der Besucherparkplatz ist links, Sir, und dann gehen Sie die zweite Straße links ...»
«Vielen Dank, ich bin schon mal hier gewesen.»
«Sehr wohl, Sir.» Der Posten winkte ihn durch.
Er betrat das siebengeschossige Gebäude, und alles sagte ihm, daß er wieder im Spionageland war. Er sah acht Sicherheitsmänner, alle in Zivil, mit offenen Sakkos, die auf Schulterhalfter schließen ließen. In Wahrheit trugen sie Walkie-Talkies, aber Jack war sicher, daß sich ganz in der Nähe auch Männer mit Waffen aufhielten. An den Wänden waren Videokameras, deren Aufnahmen in einer Monitorzentrale über Bildschirme flimmerten. Ryan wußte nicht, wo diese Zentrale war, denn alles, was er von dem Gebäude kannte, waren der Weg zu seinem ehemaligen Minibüro im zweiten Stock, das Büro selbst, der Weg von dort zur Kantine und dann noch der Weg zur Herrentoilette. Er war ein paarmal im obersten Stock gewesen, aber jedesmal in Begleitung, weil sein Sicherheitspaß nicht dafür ausreichte.
«Doktor Ryan.» Ein Mann trat auf ihn zu. Er kam Jack irgendwie bekannt vor, aber er konnte ihn nicht unterbringen. «Ich bin Martin Cantor. Ich arbeite oben.»
Als sie sich die Hand gaben, fiel es Jack wieder ein. Cantor, ein geschniegelter Yale-Absolvent, war Admiral Greers Hauptreferent. Er gab Jack einen Sicherheitspaß.
«Ich muß nicht durch den Besucherraum?» Jack zeigte nach links.
«Alles erledigt. Sie können gleich mitkommen.»
Cantor führte ihn zur ersten Sperre. Er nahm seinen Sicherheitspaß, eine kleine Plastikkarte, von der Kette um seinen Hals und steckte ihn in einen Schlitz. Ein kleines, orange und gelb gestreiftes Tor, nicht unähnlich denen in Tiefgaragen, sauste hoch und schloß sich wieder, ehe Jack seine Karte in den Schlitz steckte. Ein Computer in einem Kellerraum prüfte den elektronischen Code auf dem Paß und befand, daß er Ryan einlassen durfte. Das Tor sauste erneut hoch. Jack war bereits unbehaglich zumute. Genau wie damals, dachte er, wie in einem Gefängnis - nein, die Sicherheitsmaßnahmen in einem Gefängnis sind gar nichts verglichen mit dem hier. Die Atmosphäre machte ihn sofort kribbelig.
Er hängte sich die Karte wieder um den Hals, nachdem er einen Blick daraufgeworfen hatte. Ein Farbfoto, das im vorigen Jahr aufgenommen worden war, eine Nummer, aber kein
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