Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten
überreagiere ich, dachte er. Vielleicht untersuchten die Bullen einen ganz anderen Fall, aber es war töricht, überflüssige Risiken einzugehen. Sie würden alles verschwinden lassen, was sie im Steinbruch gebraucht hatten. Er würde eine vollständige Liste der möglichen Spuren aufstellen und jede einzelne von ihnen eliminieren. Sie würden nie wieder dorthin fahren. Bullen hatten ihre Regeln und Prozeduren. Er hatte die Prozeduren selbst intus, nachdem er erlebt hatte, was für Katastrophen passieren konnten, wenn man sie nicht berücksichtigte. Die radikalen Gruppen, mit denen er als Student zu tun gehabt hatte, waren alle wegen ihrer Überheblichkeit und Dummheit untergegangen, wegen ihrer Unterschätzung der Fähigkeiten des Gegners. Letzten Endes waren sie untergegangen, weil sie des Erfolgs nicht würdig waren. Der Sieg kommt nur zu dem, der auf ihn vorbereitet ist und ihn verkraften kann, dachte er. Er beglückwünschte sich nicht mal dazu, die Bullen entdeckt zu haben. Es war keine besondere Tüchtigkeit, nur Vorsicht. Er hatte diese Route auch im Hinblick darauf gewählt, ein Auge auf solche Dinge zu haben. Er hatte bereits einen anderen guten Platz für Schießübungen gefunden.
«Erik Martens!» stieß Ryan hervor. «So treffen wir uns wieder.»
Das FBI hatte alle wichtigen Daten wenige Stunden nach Erhalt an die Central Intelligence Agency weitergeleitet. Die geborgene Uzi - Ryan staunte darüber, auf welche Weise sie gefunden worden war - war in Singapur hergestellt worden, in einer Fabrik, die auch eine Version des Kampfgewehrs M-16 fertigte, das er bei der Marineinfanterie gehabt hatte, und eine Reihe anderer Militärwaffen aus Ost und West nachbaute, um sie Ländern der Dritten Welt zu verkaufen. Und gewissen anderen Kunden.
Zum Beispiel Mr. Martens. Dieser, ein Mann mit bemerkenswerten Fähigkeiten und Beziehungen, hatte früher einmal die von der CIA unterstützten UNITA-Rebellen in Angola mit Waffen versorgt, bis die Agency einen besseren Kanal gefunden hatte. Sein wichtigster Aktivposten war freilich, daß er der südafrikanischen Regierung Dinge beschaffen konnte. Kürzlich hatte er ihr die Konstruktionsunterlagen und Werkzeugmaschinen für die Panzerabwehrrakete «Milan» besorgt, eine Waffe, die wegen des westlichen Embargos nicht nach Südafrika exportiert werden durfte. Er hatte drei Monate an dem Coup gearbeitet, und nun würden die Südafrikaner die Rakete bald in ihren eigenen Rüstungsfabriken bauen können. Ryan wußte, daß er ein erkleckliches Honorar für seine Bemühungen erhalten hatte, obgleich es der CIA nicht gelungen war, den genauen Betrag herauszubekommen. Der Mann besaß einen Firmenjet, einen Grumman G-3 mit interkontinentaler Reichweite. Um zu gewährleisten, daß er überall damit landen konnte, hatte er eine Reihe schwarzafrikanischer Staaten mit Waffen beliefert und sogar ein paar Raketen an Argentinien verkauft. Überall auf der Erde gab es Regierungen, die ihm zu Dank verpflichtet waren. Der Kerl wäre in Wallstreet oder an irgendeinem anderen großen Börsenplatz der Welt eine Sensation, dachte Ryan lächelnd. Er kam mit jedem ins Geschäft und konnte Waffen so zielstrebig an den Mann bringen wie die Leute in Chicago ihre Weizenkontrakte.
Die Uzis aus Singapur waren an ihn gegangen. Die Lieferung hatte aus fünftausend Einheiten bestanden ... Großhandelspreis rund zwei Millionen Dollar. Im Grunde nicht viel, gerade genug, um die Polizei einer größeren Stadt oder ein Fallschirmjägerregiment auszurüsten. Aber es reichte, um einen Gewinn für Mr. Martens herausspringen zu lassen - und es reichte nicht, um wirklich Aufmerksamkeit zu erregen. Eine Wagenladung oder vielleicht zwei? Martens' Regierung hatte ihm eine Einfuhrgenehmigung ausgestellt, und die Kisten hatten irgendwo in einem seiner Lagerhäuser gestanden. In Pretoria hatte sich garantiert kein Mensch darum gekümmert, was er damit machte.
Das meinte Sir Basil Charleston bei dem Dinner im Buckingham- Palast, rief Ryan sich ins Gedächtnis zurück. Sie hätten dem Kerl aus Südafrika etwas mehr Aufmerksamkeit schenken können ... Die Briten glauben also, daß er mit Terroristen handelt ... direkt? Nein, das würde seine Regierung nun doch nicht dulden. Wahrscheinlich nicht, verbesserte er sich. Ryan mußte also einen Makler oder Zwischenhändler finden. Es dauerte dreißig Minuten und kostete ihn einen Anruf bei Cantor, um die betreffende Akte zu bekommen.
Sie war eine Katastrophe. Martens hatte
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