Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten
nicht so weh. «Ich freue mich, daß ich helfen konnte, Sir. Ich wünschte nur, ich hätte mir dabei nicht eine Kugel verpassen lassen.» Der angestrengte Humor klang aufgesetzt. Er hatte zur falschen Zeit das Falsche gesagt. Der Prinz sah ihn einen Moment sehr neugierig an, aber dann wurde sein Blick wieder ausdruckslos.
«Wir wären alle getötet worden, wenn Sie nicht gewesen wären, wissen Sie ..., und ich möchte Ihnen auch im Namen meiner Familie danken. Ich weiß, ich müßte jetzt noch vieles sagen ...» Der Prinz hielt abermals inne und schien nach Worten zu suchen. «Aber das ist alles, was mir einfällt. Was das betrifft, ist mir gestern auch nicht viel eingefallen», schloß er, auf das Fußende des Betts starrend.
Aha, dachte Ryan. Der Prinz stand auf und wandte sich zum Gehen. Was soll ich jetzt tun?
«Sir, warum setzen Sie sich nicht wieder, und wir unterhalten uns ein bißchen darüber, einverstanden?»
Seine Hoheit drehte sich um. Einen Augenblick schien er etwas sagen zu wollen, aber dann wurde sein Gesicht wieder müde.
«Hoheit, ich glaube wirklich...» Keine Wirkung. Ich kann ihn nicht so weggehen lassen. Meinetwegen, wenn ich mit Höflichkeit nichts ausrichten kann ... Jacks Stimme wurde scharf.
«Setzen Sie sich endlich!» Der Prinz drehte sich verblüfft um. «Verdammt noch mal, setzen Sie sich hin!» Ryan zeigte auf den Stuhl. Jetzt habe ich wenigstens seine Aufmerksamkeit. Ob sie einen Ritterschlag rückgängig machen können?
Nun errötete der Prinz ein wenig. Die Farbe gab seinem Gesicht etwas Leben zurück. Er zauderte kurz, setzte sich dann widerstrebend und resigniert wieder hin.
«So», sagte Ryan hitzig, «ich glaube, ich weiß, was an Ihnen nagt, Sir. Sie kommen sich wie ein Versager vor, weil Sie gestern nicht John Wayne spielten und die Killer selbst erledigten, stimmt's?» Der Prinz antwortete nicht und nickte auch nicht, aber ein düsterer Ausdruck um die Augen war Antwort genug.
«Was für ein Scheiß!» sagte Ryan laut. Tony Wilson wurde in seiner Ecke blaß wie ein Gespenst. Ryan konnte es ihm nicht übelnehmen.
«Sie sollten es rational sehen, Sir», fügte Ryan hastig hinzu. «Sie haben doch eine militärische Ausbildung bei mehreren Waffengattungen, ja? Sie haben sich als Pilot qualifiziert, sind mit dem Fallschirm abgesprungen und haben sogar ein eigenes Schiff kommandiert?» Er bekam ein Nicken. Zeit für die nächste Stufe. «Dann gibt es keine Entschuldigung. Sie sollten genug Verstand haben, um die Sache so zu sehen, wie sie war. Sie sind doch nicht blöd, oder?»
«Könnten Sie sich vielleicht etwas deutlicher ausdrücken?» Eine Spur von Zorn, dachte Ryan. Gut!
«Benutzen Sie Ihren Verstand. Sie sind doch ausgebildet worden, solche Sachen durchzudenken, nicht wahr? Führen Sie sich die Situation von gestern vor Augen. Sie sitzen in einem gestoppten Auto, und draußen stehen zwei oder drei Killer mit automatischen Waffen. Das Auto ist gepanzert, aber Sie sitzen in der Falle. Was können Sie tun? So, wie ich es sehe, haben Sie drei Möglichkeiten:
Erstens: Sie können einfach dasitzen und vor Angst in die Hose machen. Mein Gott, das ist das, was die meisten normalen Leute täten, wenn sie auf diese Weise überrascht würden. Es ist wahrscheinlich die normale Reaktion. Aber Sie taten es nicht.
Zweitens: Sie können versuchen, aus dem Wagen zu steigen und etwas zu tun, nicht wahr?»
«Ja, das hätte ich machen sollen.»
«Falsch!» Ryan schüttelte nachdrücklich den Kopf. «Tut mir leid, Sir, aber das wäre das Ende gewesen. Der Kerl, den ich angegriffen habe, wartete nur darauf, daß Sie das machten. Er hätte Ihnen eine Neun-Millimeter-Kugel in den Kopf gejagt, ehe Sie ganz ausgestiegen wären. Sie sehen aus, als ob Sie gut in Form sind. Sie sind sicher ziemlich schnell - aber vor einer Kugel hat noch niemand weglaufen können, Sir. Wenn Sie das getan hätten, wären Sie höchstwahrscheinlich getötet worden, und Ihre Familie mit Ihnen.
Drittens: die letzte Möglichkeit. Sie geben Ihrer Familie Deckung, so gut es geht, und beten, daß rechtzeitig Verstärkung kommt. Sie wissen, daß Sie nicht weit von zu Haus entfernt sind. Sie wissen, daß Polizisten und Soldaten in der Nähe sind. Deshalb sind Sie sich auch bewußt, daß die Zeit auf Ihrer Seite ist, wenn Sie ein paar Minuten überleben. Inzwischen schützen Sie Ihre Familie, so gut Sie können. Sie sagen ihnen, daß sie sich auf den Boden des Wagens legen sollen, und legen sich auf sie, so daß die
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