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Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Titel: Jack Taylor auf dem Kreuzweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Bruen
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arbeiten.«
    Sie sah sich nach seinem Büro um. Die Tür war zu, und sie flüsterte: »Wissen Sie, wie wir ihn nennen? Rabäh-das-Baby.«
    Das Fax von Keegan in London war angekommen, und ich nahm es mit in einen Coffeeshop, bestellte ein Stück Plunder und einen doppelten Espresso, begann die Daten zu sichten.
    Das Beste waren die Fotos.
    Der Vater, Bob Mitchell, bekannt als Mitch, war ein kleiner Gauner – bisschen was als gedungener Schläger, Kreditkartenbetrug, Schutzgeld, aber nichts Größeres. Sein Sohn war neunzehn, und da gab es etwas über den Jungen, das versetzte mir einen Schubs des Wiedererkennens, konnte ihn aber nicht unterbringen. Die Tochter, Gail, war zwanzig, angenehm aussehendes Gesicht, nichts Besonderes.
    Die Mutter der beiden, Nora, war auf Urlaub in Galway gewesen, als sie überfahren wurde und der Fahrer Fahrerflucht beging.
    Dreimal durfte ich raten.
    Rory Willis, Bruder des gekreuzigten Jungen. Verhaftung, Prozess – er wartete auf das Urteil, als er abhaute. Früher, wenn man verurteilt war, ging man schnurstracks in den Knast, aber jetzt hatte man etwas Zeit, bevor der Urteilsspruch zugestellt wurde, und konnte sich meist auf seine Einkerkerung vorbereiten. Das lag nicht etwa an unserem aufgeklärten Justizsystem, sondern es war reine Mathe – die Gefängnisse waren überfüllt, und sogar Verurteilte liefen frei herum.
    Man nahm an, dass Rory nach England gegangen war. Keegan hatte seine eigenen Gedanken dazugefaxt: Die Familie zeichnete sich durch großes Zusammengehörigkeitsgefühl aus, und das Mädchen hatte nach dem Tod der Mutter eine Art Selbstmordversuch unternommen. Der Vater war vom Radar verschwunden, und aktuell wusste niemand, wo sich die Familie aufhielt.
    Mein Kaffee kam, und ich biss in das Plundergebäck. Sehr süß, aber ich begrüßte den Zuckerschock. Dazu noch den doppelten Espresso, und mir hüpfte das Blut.
    Die Mitchells mussten es sein, aber die schiere Gewalttätigkeit bei den beiden Morden – eine Kreuzigung und eine Verbrennung – machte mir Sorgen. Da spielte ein hochgradiger Wahnsinn hinein, den ich nicht auszuloten vermochte. Das ging mir im Kopf herum und herum und herum. Bei der Brutalität der Taten war ich überfordert, aber sie waren es, die Mitchells, oder? Und wenn ja?
    Fall gelöst.
    Mir drehte sich bei der Vorstellung, was sie dem Jungen angetan hatten, echte Nägel usw., der Magen um … Heiland.
    Richtiggehend schlecht wurde mir. Diese rohe Gewalt, einen Jungen zu kreuzigen, ein Mädchen im Auto zu verbrennen. Ich schob das Plundergebäck beiseite. Sogar der Kaffee hatte all seinen Geschmack eingebüßt. Die Beerdigung, darauf lief es hinaus. Wenn ich hinging, würde ich mehr erfahren, davon war ich absolut überzeugt.
    Einstweilen würde ich Wellewulst anrufen, ihr das Material geben, sehen, was sie damit machte.
    Wie ich sagte, vielleicht bekam ich diese ganze blöde Ermittlung doch noch in den Griff. Meine Instinkte, frei von den Einflüsterungen des Kokses, des Alks und des Nikotins, setzten endlich wieder ein.
    Wurde aber auch allmählich Zeit.
    Und zu schade, zu irisch schade, dass es so lang gedauert hatte.
    Mein Bauchgefühl sagte mir, dass die Beerdigung die Mitchells anlocken würde, auf jeden Fall das Mädchen. Je gründlicher ich Keegans gefaxte Notizen las, desto überzeugter war ich davon, dass sie die große Motiviererin war, der dunkle Engel. Was mir wieder mal bewies, dass man, wenn man jemanden mit genug Kummer zuschüttet, einem im Grunde anständigen Menschenwesen genug physischen Schaden zufügt, ein Monster erschaffen kann. Ich war bereit, meine Passage nach Amerika zu wetten, dass sie aufkreuzen würde.
    Sie kreuzte auf.
    »Nass« beschreibt das Wetter nicht. Wie Bob Ward sagt, vier Sorten Regen, alle schlimm. Das richtige mitten-ins-Gesicht-persönlich-gemeinte Zeugs, es will einen durchnässen, bis einschließlich Seele einweichen, und, Heiland, das schafft es auch. Die Galwegianer nehmen den Regen als Gottes eigene Formulierung der Aussage: »Die Briten sind mir lieber.« Ich bereitete mich darauf vor: meinen Polizei-Allwettermantel, Gore-Tex-Stiefel, die ich beim Räumungsverkauf eines Sportgeschäfts ergattert hatte – die irische Fischermütze war ein Fundstück aus meiner Wohnung.
    Es war nicht genug. Der Regen von Galway weiß, wie er sich einschleicht, den Nacken heruntertröpfelt, in die Ohren, und die blind machenden Ausfälle auf die Augen erwähne ich gar nicht. Meine Hauptsorge war, würde er den

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