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Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Titel: Jack Taylor auf dem Kreuzweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Bruen
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Batterien meiner Hörhilfe etwas anhaben?
    Nein. Aber nicht, weil er’s nicht versucht hätte.
    Das Begräbnis war gut besucht.
    Ich entdeckte ein Mädchen in einem tristen schwarzen Mantel, mit schwarzer Baskenmütze, um die Haare zu verstecken, in gutem Abstand hinter den Trauernden, damit sie niemand anplauschte. Den Regen, der ihr gegen das Gesicht haute, bemerkte sie nicht.
    Ich hörte gleich sofort, dass Marias Vater einen Schlaganfall gehabt und die Mutter sich in die Katatonie zurückgezogen hatte, und wer wollte es ihnen verdenken?
    Das Mädchen musste sich geprellt vorkommen – sie bekam nicht zu sehen, wie die Williams litten. Sie waren nicht mehr im Spiel, und, noch schlimmer, kein Zeichen von Rory, dem ältesten Sohn.
    Die Beerdigung ging schnell, und danach näherte ich mich ihr, sagte leise: »Gail.«
    Ich sah, dass sie glaubte, es wäre eine Stimme in ihrem Kopf, aber sie drehte sich um, und ich wusste, dass sie einen Typ mittleren Alters sah, mit dünnem Lächeln und, okay, schlampigem Aussehen. Es hatte sie kalt erwischt, die Nennung ihres Namens hatte sie aus der Bahn geworfen.
    »Ich bin Jack Taylor, und, ja, ich weiß, wer Sie sind. Kommen Sie, ich kaufe Ihnen einen Kaffee.«
    Sie schätzte ihre Stärke ein, tat mich als ausgebrannten Penner ab, egal, was ich gesagt hatte.
    Sie sagte: »Ich kenne Sie nicht. Verpissen Sie sich.«
    Der Stahl in ihren Augen – jetzt konnte ich mir problemlos vorstellen, dass sie vielleicht die Taten begangen hatte. Ich verbreiterte mein Lächeln, ließ rasch den Blick über den Friedhof schweifen.
    »Was für eine Ausdrucksweise auf einem Gottesacker, aber hier ist der Deal. Sehen Sie sich diese Leute an, alle aus dem Claddagh, alle im Clan, und sie kennen mich. Sie … Sie sind nicht nur Engländerin – wenn ich denen sage, dass Sie ihre Verwandten umgebracht haben, reißen die Ihnen Arme und Beine aus.«
    Sie riskierte einen Blick, und, tatsächlich, einige der Männer starrten sie feindselig an, hatten keinerlei Wärme in den Augen.
    Sie versuchte: »Sie bluffen.«
    Ich streckte die Arme aus, Hände geöffnet, Handflächen nach vorn. »Probieren Sie’s aus.«
    Ich packte sie am Arm, sagte: »Ich verstehe das als Ja.«
    Ich spürte, dass sie um sich schlagen wollte, aber sie spürte die Schwingungen an dem Ort und wollte sie nicht testen.
    Sie sagte, TROTZ quer übers Gesicht geschrieben: »Den Kaffee zahle ich aber nicht.«
    Ich nickte, zeigte, dass ich vernünftig war.
    »’türlich nicht. Aber für alles andere werden Sie zahlen. Das ist kein Versprechen, das ist eine Garantie.«
    Am Rande des Claddagh gibt es ein kleines Café, einen Laden ohne Rüschen. Sie machen keinen latte oder sonstiges Designer-Koffein, sie brühen einem große Pötte mit richtig starkem Java, und wenn einem das nicht passt, dann, tja, Scheiße. Wir gingen hinein, zogen unsere durchnässten Mäntel aus, setzten uns hin, eine Frau Ende sechzig kam und fragte nicht, sondern sagte: »Zwei Kaffee.«
    Ich nickte.
    Gail fragte: »Haben Sie vielleicht Apfelkuchen?«
    Am frühen Morgen?
    Sage einer was. Na ja, Engländerin, denke ich mal.
    Sie sah mich an, und ganz kurz war sie ein junges Mädchen, fast naiv. »Ich liebe Apfelkuchen.« Die flüchtige Andeutung eines süßen Naturells, und dann saß die Maske wieder.
    Der Kaffee kam, der Apfelkuchen kam, mit Schlagsahne beladen, und die Frau sagte: »Nettes junges Mädchen wie Sie hat doch mal was Süßes verdient.«
    Ja, nett … bis sie einen jungen Mann gekreuzigt und seine Schwester verbrannt hat.
    Sie grub sich in den Kuchen, sagte zwischen zwei Mundvoll: »Ich würde Ihnen was anbieten, aber ich geb total ungern ab.«
    Das ließ ich erst mal stehen, sagte dann: »Ich bin nicht wirklich überrascht.«
    Sie hatte ihren Kuchen in null Komma nix Gott sei Dank verputzt, wischte sich den Mund mit einer überraschend sanften Bewegung ab und stürzte etwas Kaffee herunter. Sie warf einen kurzen Blick in eine Ecke des Cafés, als sähe sie dort etwas. Was es auch war, es schien ihr Mut zu machen.
    Dann sah sie mich schnell wieder an und fragte brüsk: »Und Sie, Arschgesicht, was wollen Sie?«
    Der Wechsel war rasant. Im einen Augenblick Frollein Zierlich, und einen Lidschlag später Psycho City.
    Ich untersuchte ihr Gesicht. Sie mochte einmal hübsch gewesen sein, aber das schwere Make-up, die massige Kinnpartie neutralisierten alle Attraktivität. Ihre Augen waren das interessante Merkmal. Niemand hat im Wortsinn schwarze Augen, aber sie

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