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Jack Taylor liegt falsch

Jack Taylor liegt falsch

Titel: Jack Taylor liegt falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Bruen
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und sagte:
    »Es ist lange her, dass das jemand zu mir gesagt hat, Jack.«
    »Lässt du jetzt endlich meinen Arm los?«
    »Sag mir, was du gerade tust, Jack.«
    Ich ließ einen langen Seufzer frei, einen, auf den meine Mutter stolz gewesen wäre. Konnte spüren, wie sich etwas von der weißen Hitze auflöste. Ich wollte mich aber noch nicht von ihr trennen und sagte:
    »Ich werde diesem Scheißkerl den Kopf abreißen.«
    »Gar nicht klug, Jack.«
    »Scheiß auf klug. Du hast selbst gesagt, du würdest jeden allemachen, der dein Mädel anfasst.«
    Er nickte:
    »Aber nicht vor Zeugen. Lass mich hingehen, die Lage peilen. Du bleibst hier, rauchst ein Zigarettchen, sortierst dich.«
    Es ergab Sinn, also sagte ich:
    »Okay, bis demnächst.«
    Ich sah ihm nach, wie er zum Grün ging und in Richtung Simonsgesellschaft abbog. Sogar aus der Ferne konnte man die geballte Bedrohlichkeit seiner Körperhaltung erahnen. Ich versuchte, nicht an den Schaden zu denken, den ich anrichten wollte. Saß auf dem Mäuerchen, Lieblingssitzplatz vieler Trink-Akademien. Die Methylalkoholika, die hier die Runde machten, wurden nicht in einer schicken Flasche abgegeben oder in trendigen Pubs vorrätig gehalten. Nein, es war echter Fusel, das, was sie in Südost-London »Jack« oder »White Lady« nannten, 57 %iger Brennspiritus. Ich hatte selten davon gekostet.
    Ließ meine Gedanken zu Büchern wandern. Tommy Kennedy hatte gesagt:
    »Es wird Zeiten geben, da Bücher die einzige Zuflucht sind. Dann wirst du lesen, als wäre es dir ernst, als hinge dein Leben davon ab.«
    Mein Leben und bestimmt meine geistige Gesundheit waren durch tausend dunkle Tage hindurch zu Büchern geflohen. Beschloss, mir James Sallis und seine Chester-Himes-Biografie vorzunehmen. Ich hatte alles von David Gates wiedergelesen. Sein Jernigan wäre die Beschreibung meines Lebens, wenn ich Schulbildung gehabt hätte. Hörte:
    »Jack!«
    Klinkte mich wieder ein, sah Keegan an. Er fragte:
    »Mensch, Jack, wo warst du denn?«
    »Ich war hier.«
    »Nicht, wenn man nach deinen Augen geht. Ich sag dir eins, Büblein, du wirst vom Nasenkram runtermüssen; der brät dir das Gehirn.«
    »Ich habe an Bücher gedacht.«
    »Plädoyer beendet.«
    Ich stand auf, fragte:
    »Und? Was war?«
    »Er ist abgehauen, hat sich abgemeldet.«
    »Scheiße.«
    Verbindungen kreischten in meinem Kopf, kriegte sie nicht passend zusammen. Keegan sagte:
    »Mein Ober hat mich aus London erreicht.«
    »Wer?«
    »Mein Oberinspektor.«
    »Was hat er herausgefunden?«
    »Unser junger Mensch stammt von Geld ab, von viel Geld. War auf den teuren Internaten, die ganze Qualitätsscheiße. Er ist tatsächlich Sozialarbeiter, so viel stimmt. Aber jetzt kommt’s, er war bei mindestens zehn verschiedenen Einrichtungen. Entweder für Straßenalkoholiker oder für die Leute, die sich von den Gutmenschen ›randständig‹ nennen lassen müssen. Und überall ist er irgendwie im Stunk ausgeschieden. Keine konkreten Vorwürfe, aber definitiver Stunk. Wenn also Menschen verschwanden, wer, Scheiße auch, hätte was gemerkt? Dann tat er, was kluge Perverse tun: er emigrierte.«
    Die Verbindung passte. Ich sagte:
    »Er folgt Laura, absichtlich, wird tätlich, weiß, was sie dann macht. Dass sie mich anruft. Dass ich angerannt komme und mein Haus leer ist.«
    Keegan nickte, sagte:
    »Gehen wir hin.«
    »Er wird da gewesen und wieder weggegangen sein.«
    »Aber sehen wir doch mal, was er dir dagelassen hat.«
    Auf dem Weg sagte er:
    »Du denkst, Jack, dass ich die Iren nicht verstehe. Dass ich eine Art Plastik-Paddy bin.«
    Ich wollte protestieren, aber er pflügte weiter.
    »Nur weil ich prunkvolles Gerede liebe, heißt das nicht, dass ich blind bin. Meine Mutter war Irin, und wenn sie Kinder in England großziehen, sind sie irischer, als du je wirst ermessen können. ›Großgezogen? Ich habe dich nicht großgezogen, du wurdest bei Zimmertemperatur aufbewahrt wie Fruitfield-Marmelade‹, hat sie immer gesagt. Du magst hier gelebt haben, Burschi, aber ich wurde verdammtescheißenochmal drin mariniert. Ich wusste, was ein Hurling-Schläger ist, bevor ich laufen konnte. Wenn sie ihn benutzte, konnte ich eindeutig nicht mehr laufen. Also tu mir einen Gefallen, Kumpel, markier mir gegenüber nicht den dicken Kelten.«
    Eine Erwiderung wurde mir erspart, weil wir das Haus erreicht hatten. Die Tür war offen. Keegan machte:
    »Oha.«
    Und ging vor. Zuerst fiel der Geruch auf. Ein großer Kackhaufen in der Küche. Alles Geschirr war

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