Jack West 02 - Die Macht der sechs Steine
lagen auf dem Boden, die Hände mit Klebeband gefesselt.
Wests Leute waren schon da gewesen.
Mit halsbrecherischer Geschwindigkeit jagte der gepanzerte Zug durch die Berge. Schnee trieb durch die zertrümmerten Windschutzscheiben herein.
Er raste an dem ersten Wachhaus vorbei und krachte durch die Schranke, als bestünde sie aus Zahnstochern.
Stretch fuhr und behielt dabei das Gelände um sie herum im Auge, links schneebedeckte Berge und rechts ein über dreihundert Meter tiefer Abhang.
Der Zug fuhr um einen linker Hand liegenden Felsvorsprung, und plötzlich kamen das zweite Wachhaus und dahinter eine eiserne Hängebrücke ins Blickfeld. »Huntsman! Habe Sichtkontakt mit der äußeren Brücke!«, schrie Stretch.
West hatte sich aus der zertrümmerten Windschutzscheibe gelehnt, eine Art Mörser installiert und dabei den Gefängniskomplex hinter ihnen im Auge behalten. Jetzt kletterte er wieder hinein.
»Wir haben Helikopter hinter uns. Zwei Jagdhubschrauber und einen dicken, fetten Hind.«
»Drei?« Stretch drehte sich um. »Ich dachte, Astro hat gesagt, dass sie in Xintan nur einen Hubschrauber haben, den Hind?«
»Offenbar war sein Geheimdienst zwei Hubschrauber im Rückstand«, kommentierte West trocken. »Ich hoffe nur, das ist das Einzige, was nicht stimmt. Zu spät, sich jetzt darüber zu ärgern. Das Rotornetz ist montiert und in unserer Hand. Schaff du uns nur bis zur Brücke, bevor jemand in dem Hind rauskriegt, wer wir sind, und beschließt, dass es sich lohnt, die Brücke in die Luft zu jagen, nur um uns zu stoppen. Halt mich auf dem Laufenden. Ich muss was erledigen.«
West schnappte sich ein Mikrophon vom Armaturenbrett, schaltete die Zugsprechanlage an und sagte auf Mandarin: »An alle Wachen in diesem Zug! Herhören! Wir haben die Kontrolle über dieses Fahrzeug übernommen. Alles, was wir wollen, sind die Gefangenen.«
Alle Soldaten in den fünf Waggons des Zuges sahen auf, als sie die Stimme aus dem Lautsprecher hörten.
Und zwischen ihnen saß noch einer, der den Kopf hochriss und den Atem anhielt. Der einzige, der die Stimme erkannt hatte.
Wizard. Er war blutig, voller Schrammen und Beulen. Aber als er die Stimme seines Freundes hörte, glänzten seine Augen. »Jack ...«, flüsterte er.
»Wir wollen euch nichts antun. Uns ist klar, dass viele von euch einfach nur ihre Pflicht tun, dass ihr Familien und Kinder habt. Aber wenn ihr uns in die Quere kommt, sollt ihr wissen, dass ihr sterben werdet. Wir kommen jetzt durch den Zug, ihr habt also die Wahl: Legt eure Waffen nieder, dann geschieht euch nichts. Wenn ihr aber die Waffe gegen uns erhebt, werdet ihr sterben.«
Die Sprechanlage wurde ausgeschaltet.
Vorn im Führerhaus drückte West die Tür zwischen dem Triebwagen und dem ersten Waggon auf.
Dann betrat er den Gefängniszug, in einer Hand eine MP-7 und in der anderen eine Desert Eagle.
Die drei Wachen im ersten Waggon hatten seine Warnung beherzigt.
Mit erhobenen Händen standen sie an der Wand, die Modell-56-Gewehre zu ihren Füßen. Vorsichtig ging er an ihnen vorbei, als plötzlich blitzschnell einer der Wachsoldaten eine Pistole zog und ...
Peng!
Der Soldat wurde an die Wand zurückgeschleudert. Wests mächtige Desert Eagle hatte ihn erwischt.
»Ich habe euch doch gesagt, ihr sollt die Waffen hinlegen«, ermahnte er die anderen leise. Dann nickte er in Richtung einer Zelle. »Da rein! Sofort!«
Die vier Wachen im zweiten Waggon waren schlauer. Sie hatten eine Falle gestellt. Zuerst hatten sie das Licht ausgeschaltet, sodass der Waggon jetzt im Dunkeln lag. Außerdem hatte sich einer ihrer Männer an der Decke über der Zwischentür versteckt, während die anderen so taten, als ergäben sie sich West.
West betrat den Waggon, sein Körper bewegte sich im Rhythmus des Zuges. Er sah drei Mann, die die Hände erhoben hatten und riefen: »Gnade! Gnade! Erschießen Sie uns nicht!« Damit lenkten sie seine Aufmerksamkeit von dem Mann ab, der sich im Dunkel über der Tür verborgen hatte.
Ohne dass West ihn wahrgenommen hätte, streckte der Versteckte seinen Arm aus und zielte von oben mit seiner Waffe direkt auf Wests Kopf.
Plötzlich blickte West hoch. Zu spät.
Im selben Moment erzitterte der ganze Zug, weil er von draußen durch heftige Granateinschläge erschüttert wurde.
Die Jagdhubschrauber hatten die dahinrasende Bahn erreicht und unter Beschuss genommen.
Der Wachmann über West wurde aus seinem Versteck über der Tür geschleudert und fiel nur Zentimeter neben
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