Jackpot - wer traeumt, verliert
»Das werden wir wahrscheinlich auch nicht. Du hast recht, vielleicht ist das der Grund.« Elom nahm Marvin den One-Hitter ab, zog daran, reichte ihn an David weiter. »Aber warum lügst du mich an? Sabrina. Ist das überhaupt dein richtiger Name?«
Sabrina verschränkte die Arme vor der Brust. »Wenn nicht, wärst du dann sehr enttäuscht?«
»Irgendwie schon. Das hat was mit Respekt zu tun, weißt du. Es ist nicht nett, jemanden anzulügen.«
»Und so wären wir wieder beim nett !« Sie durfte sich nicht in die Enge treiben lassen, dachte Sabrina, Angriff ist die beste Verteidigung. Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Ich kann dich beruhigen, das ist mein richtiger Name. Und wenn du mir zeigst, wo ich klingeln soll, zeig ich dir, dass er lügt.«
»Natürlich lügt er«, sagte Elom. »Ihr lügt beide.« Er musterte sie ausdruckslos. »Und ich will einfach wissen, warum! Kennst du das – du hockst vorm Fernseher, zappst rum, bleibst an irgendeinem Film hängen, mittendrin, aber du kannst nicht abschalten. Du musst wissen, wie der Film ausgeht. So geht’s mir mit dir.«
Sabrina lächelte. »Wie mit einem Fernseher? Du warst schon mal charmanter, Elom.«
»Ja. Das ist wahrscheinlich mein Problem. Ich bin zu nett zu den Leuten, und die Leute denken sich, den verarschen wir jetzt ein bisschen, mit dem kann man’s ja machen.«
Okay, es wurde Zeit. Sie wusste jetzt, wo der Junge wohnte, dass er tatsächlich Chris hieß – allein das war schon mehr, als Sabrina sich heute Morgen noch erhofft hatte, nach ihrer erfolglosen Klingelaktion. Sie würde einfach später wiederkommen und warten – irgendwann musste der Junge ja mal rauskommen.
Im Prinzip hatte sie richtig Glück gehabt, dass sie Elom begegnet war. Bis jetzt jedenfalls. Sie konnte nicht einschätzen, wie gefährlich er und seine Jungs waren. Der Typ mit der Gelfrisur, David, mit dem war bestimmt nicht zu spaßen, auch wenn Elom das im Bus noch abgetan hatte: Elom, der jetzt selber nicht mehr auf Spaßvogel machte, wie vorhin noch.
Hm, was würde wohl passieren, wenn sie jetzt weglief? Vor allem, wenn sie nicht schnell genug war. Sie sagte: »Okay, du willst die Wahrheit wissen? Ein – sagen wir mal – Freund von mir hat einen Geldtransporter überfallen und auf der Flucht einen Unfall gebaut. Dabei ist ihm die Beute abhandengekommen. Chris hat sie. Deswegen will ich zu ihm.«
»Verstehe«, sagte Elom. »Du machst dich über uns lustig. Ich mein, Sabrina, irgendwann ist auch mal Schluss.«
»Und wenn ich dich nicht verarsche, Elom?«
»Das hättest du dir vielleicht vorher überlegen sollen. Ich mein, seit du hier bist, hast du da irgendwelche Leute gesehen? Abgesehen von uns eins, zwei, drei, vier Jungs. Sabrina, Sabrina. Glaubst du, du hast eine Chance, hier wegzukommen, wenn wir das nicht wollen?«
Sabrina schaute von Elom auf ihre Moonboots. Es war sowieso zum Rennen das falsche Schuhwerk. Und es war zu glatt, sie würde nicht weit kommen.
Die gute Nachricht war: Anscheinend war das keine Standardsituation. Zumindest Yannick und Marvin schienen genauso gespannt zu sein wie sie, wie es jetzt weitergehen würde. David allerdings nicht. Er klopfte den One-Hitter aus und steckte ihn weg. Ganz genüsslich. Er schien sich darauf zu freuen, was jetzt kommen würde. Was auch immer das war.
Schon der Gedanke daran, dass er ihr zu nahe kommen könnte, ekelte Sabrina. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass irgendein Mädchen ihn freiwillig an sich ranlassen würde. Wenigstens nicht nüchtern. Wahrscheinlich war genau das jetzt ihr Problem.
Sie sagte: »Schade, Elom. Und ich hab schon gedacht, wir könnten Freunde werden.«
Chris öffnete das Fenster zum Innenhof – vorsichtig, er hatte nur den einen Versuch. Dann schaute er halb hinter dem Vorhang versteckt runter, um Maß zu nehmen. Er hatte keine Ahnung, warum die Jungs auf einmal durchdrehten – David zumindest: der das Mädchen jetzt vor sich herschubste, zur Hauswand hin.
Chris zog den Kopf wieder ein. Warum auch immer, das spielte jetzt keine Rolle. Chris wollte das Mädchen zwar loswerden. Doch dass dafür ein paar Typen über sie herfielen, wollte er nicht. Jedenfalls wollte er nicht dafür verantwortlich sein.
Er stemmte den Eimer hoch, setzte ihn langsam auf dem Fensterbrett ab und warf dabei noch einen kurzen Blick nach unten. Das Mädchen stand jetzt mit dem Rücken an der Hauswand und David direkt vor ihr.
Eloms Bruder und der rotbäckige Dicke standen links und rechts von den
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