Jacks Briefe
er ihn liebte wie sein eigenes Fleisch und Blut, indem er ihm all diese Möglichkeiten gab, welche er sonst niemals gehabt hätte. Katelyn fiel ihrem Vater in die Arme.
„Ich bitte dich nur um diese eine Sache, Vater. Bitte lass mich diesen Duncan nicht heiraten müssen. Bitte! Ich liebe ihn nicht!“, sie schluchzte. William drückte seine Tochter an sich, er selbst rang mit den Tränen. Und es war, als würde ihn in diesem Augenblick seine Vergangenheit einholen. Er sah sich in einem Dilemma. Gefangen zwischen zwei Welten und er erkannte, dass die Heile davon, seit dem Tage in Glencoe nicht mehr existierte. Und ohne dass er etwas dagegen tun konnte, stellte er sich die Frage, mit welcher Berechtigung er oder auch nur irgendjemand, Katelyn vorschreiben konnte, wen sie lieben sollte. Er nahm seine Tochter an die Hand, wie er es früher getan hatte, als sie noch ein kleines Mädchen war, und sagte entschlossen: „Wir werden das regeln.“ Dann ging er mit ihr zurück zum Haus, wo die Gäste sich bereits fragten, was wohl mit der zukünftigen Braut nicht stimmte. Lady Amalia erhob sich aus ihrem Stuhl, um ihre Ansprache bezüglich der Verlobung beider Kinder zu halten, als William sie zurückhielt.
„Ich habe es mir anders überlegt“, sagte er und richtet das Wort an den Herzog und die Herzogin. „Ich hatte soeben die Möglichkeit mit meiner Tochter über die ganze Sache zu sprechen und so stellte sich heraus, dass sie nicht gewillt ist, ihren Sohn zum Gatten zu nehmen. Es tut mir leid, dass ich ihnen keine besseren Neuigkeiten überbringen kann. Jedoch steht ihr Entschluss fest und dies ist natürlich dann auch der Meine.“ Die Herzogin fiel rücklings in ihren Korbstuhl zurück, aus dem sie just aufgestanden war.
„Das ist ein Skandal!“ Der Herzog war sichtlich erbost. „Sie weist meinen Sohn ab? Und damit unsere ganze Familie!? In Anbetracht dessen werden wir ihr Gut unverzüglich verlassen und, das können sie mir glauben, ich werde höchstpersönlich dafür sorgen, dass ihre Tochter, auch nicht einen weiteren Antrag eines einigermaßen gut situierten Mannes erhält. Adele?“, rief er schroff nach seiner Frau. „Wir gehen!“ Zutiefst gekränkt verließen die Fryburys zusammen mit ihrem brüskierten Sohn, Haimsborrow. Nach und nach machten sich auch die restlichen Gäste auf den Heimweg. Für die Ladys der Gesellschaft galt es jetzt diese brisanten Neuigkeiten in ganz Schottland zu verbreiten. Und während sich Lady Amalia langsam von ihrem Schock erholte, da sie nun den Plan ihres Aufstiegs in die gehobene Gesellschaft vereitelt sah, sowie die böse Überraschung erlebt hatte, von ihrem Mann dermaßen in den Schatten gestellt zu werden, fiel sie in einen melancholischen Gemütszustand. So begann sie, bereits nach dem Aufstehen jeden Morgen, mit einem Glas Brandy, dessen Genuss sie über den ganzen Tag verteilte. Ja, man konnte tatsächlich behaupten, dass die Lady Amalia, durch die jüngsten Entwicklungen, der Trunkenheit verfallen war. Katelyn, aber gestand sich ein, dass sie ihre Mutter zum ersten Mal amüsant fand. Denn nun, als diese jegliche Hoffnung auf eine gute Partie ihrer Tochter begraben musste, empfand sie auch keine Wichtigkeit mehr darin, sich an ihre, doch so geliebte Etikette zu halten. Zumindest für den Moment, der Trunkenheit. Auch William kam seitdem besser mit seiner Frau aus und es tat ihm gut, nach langer freudloser Zeit mit ihr gemeinsam lachen zu können, auch wenn er dies dem Alkohol zuschreiben musste. Jedoch war er durchaus gewillt dies hinzunehmen.
Es war ein sonniger Herbsttag, der eine unvergleichliche Sicht auf die Highlands bot. Katelyn war so überwältigt von der Schönheit dieses einmaligen Augenblicks, dass sie die ankommende Postkutsche beinahe nicht bemerkte. Der Mann übergab Jameson, dem Butler, einen Stapel Briefe. Katelyn ahnte, dass diesmal auch einer für sie dabei sein würde. Als Jameson ihr Jacks Brief gab, nahm sie ihn aufgeregt entgegen. Sie zögerte kurz, in der Überlegung ihn gleich hier zu öffnen. Doch dann rannte sie zum Waldstück, den Brief fest umklammert in ihrer Hand. An der Ruine angekommen, verschnaufte sie, besah sich ihren Namen, den er mit schwarzer Tinte geschrieben hatte und sie versuchte sich hinein zu versetzten in den Moment, in dem er diesen, auf den Umschlag geschrieben hatte. Sie versuchte seine Gedanken wahrzunehmen, die er in dem Moment hatte, als er den Brief der Post übergab. Zärtlich glitt sie mit der Hand über den
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