Jacob beschließt zu lieben - Roman
der Pope erzählt.
«Ich habe gehört, dass du Pope werden willst», sagte er. «Das passt doch gar nicht mehr zur kommunistischen Zukunft unseres Landes.»
«Der Glaube aber ist sehr stark», erwiderte ich.
«Was arbeiten deine Eltern?»
«Mein Vater ist tot. Er hat sich versteckt gehalten, um nicht mit den Deutschen kämpfen zu müssen. Sie haben ihn gefunden und erschossen. Mutter hat uns als … als Schneiderin …», sagte ich nach einem leichten Zögern, «mehr schlecht als recht durchgebracht. Deshalb hat sie mich auch weggegeben.»
«So. Aber aus solchen wie dir rekrutieren sich doch die Kommunisten, mein Junge, nicht die Popen», bemerkte er amüsiert, aber immer noch misstrauisch. Ich zuckte mit den Achseln, als hätte ich ihn nicht richtig verstanden.
Ich belog ihn, da hielt ich mich an Popa Pamfilie, undwar gleichzeitig dankbar, dass Großvater und Ramina mir gezeigt hatten, wie man, ohne mit der Wimper zu zucken, eine noch so unwahrscheinliche Geschichte erzählte. Der Gendarm warf die Zigarettenkippe zu Boden und zerdrückte sie mit der Schuhspitze.
«Wo kommt dieser Akzent her?»
«Wir sind die einzige rumänische Familie in einem deutschen Dorf gewesen. Ich musste Deutsch sprechen, um die Schule zu besuchen. Dabei hasse ich die Deutschen, sie sind böse Menschen, sie haben Vater umgebracht.»
Der Gendarm zündete sich eine neue Zigarette an, führte ohne einen weiteren Kommentar, aber mit vielsagenden Blicken zwei Finger zur Mütze und ging weiter. Ich wischte mir die schwitzenden Hände an der Hose ab und entfernte mich, bemühte mich jedoch, ruhig zu wirken.
Erst jetzt bemerkte ich einige Mädchen, die an einem Zaun gelehnt hatten und mich neugierig musterten. Sie aßen Sonnenblumenkerne und spuckten die Schalen auf den Boden. Als ich mich ihnen näherte, steckten sie die Köpfe zusammen und flüsterten, doch eine von ihnen drehte sich plötzlich um und sah mir direkt in die Augen. Sie war kaum älter als sechzehn und trug ihre pechschwarzen Haare zu Zöpfen geflochten, die über ihre Brüste hingen. Sie senkte nicht einmal dann die Augen, als ich einem Karren ausweichen musste und sie dabei fast berührte.
Ich erinnerte mich an sie. Sie begleitete oft eine der alten Frauen zum Friedhof, doch sie blieb immer wie ich am Zaun stehen. Sie hatte schöne, weiche Züge, niemals hätte ich geglaubt, dass mich so eine überhaupt ansehenwürde. Ich spürte ihre Blicke im Rücken, bis ich wieder am Flussufer war. Bevor ich die Brücke betrat, schaute ich zurück, doch da war sie schon verschwunden.
Die nächsten Jahre, die ich in jenem Dorf verbrachte, befürchtete ich ständig, dass der Gendarm mit gezogener Waffe vor unserer Tür auftauchen würde. Ich wusste nicht, ob er mir geglaubt hatte oder ob er mich bloß für einen viel zu mageren Fang für seine künftige Karriere hielt. Ich schränkte die Besuche im Dorf auf das Nötigste ein und weigerte mich oft, die Schachteln am helllichten Tag durch die Dorfgasse zu tragen. Deshalb verlegten wir einen Teil unserer Aktionen auf die Abendstunden. Ich wurde aber alles in allem ein geschickter und zufriedener, wenn auch etwas stiller Lehrling meines Herrn.
Die Erinnerung an Triebswetter, an ein Leben vor dem, das ich gerade führte, verblasste allmählich in der Geschäftigkeit und Routine meiner christlichen Tätigkeit. Es rückte so weit weg, als ob es nie wirklich zu mir gehört hätte, sondern erträumt worden wäre. Einmal machte ich mich sogar auf den mehrstündigen Marsch zur Stelle, wo ich Petrus Leichnam zurückgelassen hatte, aber da war nicht die kleinste Spur mehr von ihm zu finden. Nicht einmal ein Knochen, den ich auf unserem Friedhof hätte begraben können. Nichts außer einer unwirtlichen Ebene, auf der die wenigen Bäume und der Hügelrücken am Horizont in der heißen Luft flimmerten.
Nach und nach, beim Knochenwaschen oder beim Abendbrot, erzählte mir der Pope die Geschichte des Berges, soweit sie ihm bekannt war. Ich hatte nicht nur einen Meister gefunden, sondern auch einen geschickten Erzähler. Einer mehr in meinem so kurzen Leben. Ob wahr oder erfunden, das war ihm und letztendlich auch miregal. In unserem Haus, das auf Totem stand und abgestorben roch, erfuhr ich etwas über die Burg, die Burebista, der König der Daken, oben auf dem Plateau hatte errichten lassen. Man konnte dort immer noch die Spuren jener Zeit finden, Grundrisse des Palastes und der Stallungen, der einfachen Häuser außerhalb der Festungsmauern, und
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