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Jacob beschließt zu lieben - Roman

Jacob beschließt zu lieben - Roman

Titel: Jacob beschließt zu lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Gedanken versunken vom Beten oder vom lauten, bunten Stadtleben verwirrt, vor Frédérics Karren.
    Frédéric zog kräftig an den Zügeln und konnte den Karren gerade noch anhalten. Der Alte fluchte im gleichen Dialekt, den Frédéric seit der Kindheit sprach. Schon wollte er weiterfahren, denn in Ulm gab es jede Menge lothringische Familien auf der Durchreise, als er die junge Frau erblickte. Was keinem anderen gefallen hätte, gefiel ihm außerordentlich, denn sie war genauso hässlich wie er.
    Er stieg ab und beruhigte den Alten, lange sprachen sie über ihre alte Heimat und über das, was sie sich von ihrerneuen erhofften. Dann über die Möglichkeiten, Plätze auf einem der Schiffe zu ergattern, wobei Frédéric zugab, dass er ohne eine Frau nicht weit kommen würde. Dabei schielte er zur Tochter der beiden hinüber. Da erinnerte Frédéric sich an seine eigentliche Aufgabe, doch er verabschiedete sich erst, als die Alten ihm versprachen, am nächsten Tag am selben Ort wieder auf ihn zu warten. Sie hatten sich nicht lange bitten lassen, in ihnen schien derselbe Gedanke aufzukeimen.
    Es ist nicht sicher, von welchem Moment an sich Eva, die kaum älter als zwanzig, aber eine kluge Frau war, für Frédéric entschieden hat. Ob schon dort auf der Gasse, als sie seine Blicke bemerkte, oder erst beim nächsten Treffen, in der Kneipe, wohin Frédéric sie alle führte. Jedenfalls wusste sie bereits, dass jemand, der in ihrer Lage war, das anzunehmen hatte, was ihm das Leben bot. Ein hässlicher Mann am Anfang einer so schwierigen Reise und eines so beschwerlichen Kolonistenlebens war ein Geschenk Gottes. Und tatsächlich kehrte sie bald wieder in den Dom zurück, um für die Erfüllung ihres Wunsches zu beten. Wenige Tage später suchten sie einen Pfarrer auf, der sie vermählte.
    Jetzt war das ganze Glück auf Frédérics Seite, denn mit dem Geld der Alten fanden sie auch bald Plätze auf einem der Schiffe, die für die Fahrt bereitgemacht wurden. Zusammen mit sechzig anderen, meist Lothringer wie sie, gingen sie an Bord. Zwei schwangere Frauen und jede Menge Kleinkinder, genauso ausgemergelt wie die Erwachsenen, kamen in die Bretterhütte, eine Kammer von sechs Fuß Höhe, die in der Mitte stand. Der Schiffer, ein Berg von einem Mann, stieß das Schiff mithilfe anderer Männer vom Ufer ab und steuerte es langsam in die Mitteder Strömung. Sie alle bekreuzigten sich, sie würden noch oft dazu Gelegenheit haben.
    * * *
    Der Mann schien sein Handwerk zu verstehen, geschickt manövrierte er das Schiff um Sandbänke und Felsen herum, die oft plötzlich und kaum sichtbar unter dem Wasser lauerten. Bei Ingolstadt tauchten sie in riesige, dichte Auwälder hinein, wo der Ried eine einzige, glitzernde Oberfläche war.
    Störche und Enten durchstreiften die Flussarme nach Insekten und Fischen, und zwischen dem Schilf und dem Hochgras tauchten Blesshühner und Schwäne auf. Dann verengte sich das Flussbett, und man fuhr bei Weltenburg an hohen, steilen und bewaldeten Ufern vorbei. Die Strömung nahm zu, aber auch das ging gut, und die Leute hielten es für möglich, dass sie alles in allem ohne große Schwierigkeiten durchkommen würden. Dass all die Schauermärchen, die sie gehört hatten, eine Erfindung der Schiffsleute waren – eigenwilliger, nörgelnder Männer –, um die Preise in die Höhe zu treiben.
    Sie fingen sogar einige Hechte und Karpfen, aber weil sie kein Feuer machen konnten, warfen sie sie ins Wasser zurück. Das Zuckerbrot, ein wenig Käse und Äpfel mussten reichen. In Regensburg legten sie unterhalb der Steinbrücke an, über die wohl schon Kaiser Barbarossa auf dem Weg nach Jerusalem gezogen war. Die Kähne lagen dicht aneinander, und in vielen Sprachen wurde gerufen, geflucht, gefeilscht und gedroht. Es wurde alles umgesetzt, was die Schiffe laden konnten, Schmalz, Weine, Ochsen, Kupfer und vieles mehr, die ganze Stadt glich einem Ameisenhaufen. Auch hier war viel Volk zusammengekommen,Hessen, Franken, Westfalen, die ebenso wie die Lothringer und die Elsässer in den Osten wollten.
    Zwei Tage lang warteten sie auf die Kommissare, die ihnen die Kolonistenpässe aushändigen sollten, damit sie in das Kaiserreich einreisen konnten. Außer Frédéric, der etwas vergammelten Käse und altes Brot kaufte, und dem Schiffer, der geradewegs in die Kneipe ging, verließ keiner das Schiff. Zu groß war das Risiko, bei der Rückkehr seinen Platz besetzt zu finden.
    Auch in Passau wurden sie einen Tag lang aufgehalten,

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