Jade-Augen
ganz auszukosten gedachte. Sie kam ihm entgegen, war Erwiderung und Hingabe, gab ihre Selbstbestimmung ganz und gar für die Einstimmung, die ihr Liebster ihr bereitete, auf. Als er schließlich ihren Mund losließ, ging sein Atem stockend, sie lächelte verträumt und machte keinerlei Anstalten, sich aus seiner Umarmung zu lösen.
»Ich werde nicht länger als eine halbe Stunde brauchen«, versprach er. »Warte ohne Kleider auf mich.«
Sie nickte. Er nahm seine Hände von ihr, und sie glitt aus seinen Armen. »Anna«, rief er zärtlich und hielt ihr den Chadri hin, »das solltest du besser anziehen.«
Die Abkürzung ihres Namens war wie eine Vorwegnahme der Erfüllung. Ihre Augen verengten sich, doch sie sagte nichts, legte nur rasch den Schleier an, bevor sie aus dem Stall trat.
In fieberhafter Ungeduld führte Kit Charlie zu den Ställen und betete, daß er nicht von irgend jemandem aufgehalten würde und gezwungen wäre zu einem langweiligen Alltagsgespräch oder zu einer lästigen Entscheidung, während er in Gedanken bei weißer Haut, ausgebreiteten Gliedern, fließendem Kupferhaar und vor Lust glänzenden Augen war.
Das Knattern der Musketen gehörte bereits zu den gewohnten Geräuschen des Kantonnements, und er nahm es kaum mehr wahr, während er das Pferd einem Sepoy-Kavalleristen überließ und zurück in seinen Bungalow hastete.
Harley war nirgends zu sehen. Sein Instinkt für Diskretion war schon immer einer seiner größten Vorzüge gewesen. Kit betrat das Schlafzimmer.
Annabel saß im Schneidersitz auf dem Bett, ihre einzige Bekleidung war der Schwall Kupferhaare, der sich über ihren Rücken und ihre Brust ergoß.
»Salaam, Ralston, Huzoor« ,sie brachte die zusammengelegten Hände an die Stirn, und ihre Augen glitzerten erwartungsvoll im Licht des Kaminfeuers.
»Sei gegrüßt, Ayesha.« Er öffnete seinen Uniformrock. »Kannst du dich daran erinnern, was ich dir versprochen habe?«
»Daß ich nicht mehr wissen würde, ob ich mich in dieser oder in der nächsten Woche befinde«, antwortete sie und sah zu, wie er mit schnellen und sparsamen Bewegungen seine Hose abstreifte, wie er mit großen Schritten zu ihr eilte, schön anzusehen in seiner Erregung.
»Ich halte meine Versprechen immer«, flüsterte er, stützte sich mit einem Knie auf dem Bett ab und faßte nach ihrem Kinn. »Dieses Mal wirst du dich in meine Hände begeben.«
»Du bist willkommen.«
15. KAPITEL
Akbar Khan fuhr sich über den Bart. »Zehntausend Rupien für den Kopf jeden Anführers. Das ist es, was in dem Brief angeboten wird.«
Unter ihren Turbanen blieben die Mienen seiner Zuhörerschaft unbewegt, Rauch stieg von ihren Wasserpfeifen zur Decke des Beratungsraums auf, der von einem dickbäuchigen Ofen erwärmt wurde.
»Der Beauftragte des Kronbevollmächtigten, Leutnant Connolly, hat es so an Mohun Lal geschrieben«, fuhr Akbar Khan ebenso nachdenklich fort. »Er schlägt vor, daß Hadji Ali bestochen wird, um die Vorschläge in die Tat umzusetzen.« Die eisblauen Augen glitten durch den Raum und trafen auf versteinerte Gesichter. »Bei solchen, die Mörderdingen, kann man nicht darauf vertrauen, daß sie die mit ihnen geschlossenen Verträge achten«, äußerte der Sirdar bedächtig, und ein zustimmendes Rascheln schwoll an zu allseitiger Übereinstimmung.
»Wenn Macnaghten, Huzoor, erklärt, daß er ehrliche Verhandlungen führen möchte, dann muß ich seine Worte bezweifeln.« Akbar Khan erlaubte sich zu seiner Schlußfolgerung den Anflug eines Hohnlächelns auf seinem scharf geschnittenen Mund.
»Es heißt, daß Elphinstone, Huzoor, von Stunde zu Stunde schwächer wird«, murmelte einer der Sirdars. »Das ist der Grund, warum Shelton und seine Brigade von der Balla Hissar in das Kantonnement zurückbefohlen wurden.«
»Nach den Informationen aus meiner Quelle im Kantonnement trifft das zu«, sagte Akbar Khan. »Ich glaube, es wird Zeit, daß wir den Druck ein wenig verstärken. Obwohl die Briten in einer der vergangenen Nächte erfolgreich waren beim Sturm auf Mahomed Shereefs Fort, halten doch unsere Stammesbrüder alle übrigen Forts in der Ebene zwischen Seah Sung und dem Kantonnement. Ich schlage vor, wir sollten die Siedlung direkt vom Rikabashee Fort aus unter Feuer nehmen.«
»Und was ist mit dem Dorf Behmaroo?« Uktar Khan nahm einen Schluck Sorbet. »Wie lange wollen wir es noch zulassen, daß sich die Briten weiterhin dieser Vorräte bedienen.«
»Damit hat es jetzt ein Ende«, stimmte Akbar Khan
Weitere Kostenlose Bücher