Jade-Augen
Höflichkeit.
»Das ist es«, Kit nickte schläfrig und sah durch halbgeschlossene Augen zu, wie sie sich entkleidete und nackt neben ihm ins Bett kroch. »Leg dich auf die Seite, damit ich dich umfassen kann.« Er schmiegte sich an ihren Rücken, paßte seinen Körper dem ihren an, umfaßte mit der heilen Hand ihre Brust und blies ihr in den Nacken. Sie fühlte, wie er in Schlaf glitt, wie sein Körper sich entspannte, wie seine Hand schwer wurde auf ihrer Brust.
Für ein paar Stunden lag sie bei ihm, als er schlief, durch ihre Anwesenheit eingelullt, in Friede und Erneuerung. Als sie sich vorsichtig frei machte, seufzte er unwillig und hielt sie fester. Leise lachend befreite sie sich dennoch und verließ das Bett.
»Wo bist du?« Er öffnete seine Augen nicht und seine Hand tastete blind über das Bett.
»Ich zieh mich an. Soll ich denn nicht Charlie unter Bobs Anleitung reiten?«
»Oh, ja.« Er drehte sich auf die andere Seite und murmelte: »Übe dieses Mal ohne Sattel.«
Annabel warf dem Hügel im Bett einen fragenden Blick zu und flüsterte mit einem ironischen Unterton: »Sehr wohl, Ralston, Huzoor. «
Bob erschien um Punkt zwölf mit Charlie am Zügel. Seine Nervosität lockerte sich zum Teil, als Annabel ihn und das Pferd fröhlich begrüßte, wobei letzteres ihren Gruß erwiderte, indem es wieherte und schnaubte, als seine Reiterin mit Hauptmann Markhams Hilfe ordentlich im Sattel landete.
»Erlaubt Kit Ihnen, den Sattel zu behalten?« fragte Bob, als sie die Reitschule erreichten.
Annabel warf durch das Ru -Band ihres Chadri erstaunte Blicke zu ihm hinunter. »Ich bin kein Kavallerist, Bob«, plapperte sie munter. »Ich glaube kaum, daß ich so tun muß, als sei ich einer.«
»Nein … nein, ich nehme an, das müssen Sie nicht«, stimmte Bob zweifelnd zu. »Aber der Drill auf dem bloßen Pferderücken sorgt für einen Grad der Konzentration, den man mit Sattel nicht erreicht.«
Annabel senkte ihren Kopf in höflicher Anerkennung, meinte aber: »Für einen Kavalleristen vielleicht. Charlie und ich wollen uns einfach nur kennenlernen.«
Bob sah noch immer nicht überzeugt aus; doch er war viel zu schüchtern, um mit ihr zu streiten. Die Reitschule war leer, und das Knallen der Musketen, das von den Wällen zu ihnen drang, lieferte den Grund für die Abwesenheit der Kavalleristen. Reiterischer Sachkenntnis den letzten Schliff zu geben stand erst an zweiter Stelle nach der Verteidigung des Kantonnements gegen die Belästigung von außerhalb.
Annabel fand, daß sich Bobs Unterrichtsstil sehr stark von Kits unterschied. Er war so vorsichtig, nur ja nicht übereifrig zu klingen, daß es ihr schwerfiel, zwischen verbessernder Kritik und Lob zu unterscheiden. Schließlich sagte sie: »Bob, bitte können Sie das noch einmal so ausdrücken, wie Sie es einem Ihrer Kavalleristen sagen würden.«
Zunächst sah er erschrocken aus, dann mußte er jedoch lachen. »Vergeben Sie mir, ich habe mich so bemüht, nicht kritisch zu klingen.«
»Ich bin nicht so eine zarte Pflanze, die unter einem kritischen Wort abknickt«, meinte sie. »Ich begreife, daß ich etwas falsch gemacht habe. Charlies Verwirrung war spürbar.«
Danach ging es besser, und als Kit eine halbe Stunde später erfrischt und fröhlich aussehend in den Reitstall schlenderte, sah er anerkennend ein paar Minuten zu, bevor er zu Bob hinüberging und sich leise erkundigte: »Hast du gefunden, daß sie noch nicht so weit war, auf den Sattel zu verzichten? Ich hatte sie dazu bereits fähig gehalten.«
Bob sah ihn überrascht an. »Aber Annabel sagte, daß du der Meinung seist, es gäbe keinen Grund, das Reiten ohne Sattel zu üben.«
»Listige Range«, bemerkte Kit äußerst freundlich. »Ich habe ihr gesagt, sie soll es heute ohne Sattel versuchen. Wahrscheinlich gefiel ihr die Vorstellung nicht.«
»Kit!« Annabel sah ihn und kam herübergetrabt, ein freudiges Lächeln, welches die Männer nicht sehen konnten, schwang in ihrer Stimme mit. »Fühlst du dich ausgeruht?«
»Vollkommen«, bestätigte er. »Jetzt steig ab, damit ich den Sattel abnehmen kann.«
»Ach, Kit. Was für einen Unterschied kann das schon bedeuten?«
»Einen sehr großen, wie du gleich herausfinden wirst. Absitzen, bitte.«
»Warum mußt du nur so ein Perfektionist sein?« Murrend schwang sie sich vom Pferd und stand finster blickend neben ihnen, während sie den Sattel entfernten. »Vielleicht möchtest du auch noch, daß ich dabei ein Schwert und eine Lanze
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